Kalle Wirsch und die Wilde Utze
dieser Sprache gaben sie den
Wilden Utzen zu verstehen, daß sie alles tun wollten, was die Utze verlangten.
»Recht so«, näselte der Feuersalamander. »Haltet
jetzt absolute Ruhe, bis wir das Vulkangebiet durchquert haben.«
Dann machte er mit den Wilden Utzen zum
zweitenmal den Abstieg zum Krater.
Sie gelangten ohne Widerstand bis auf den
feurigflüssigen Grund des Vulkans. Die zänkischen Vulkaniden waren durch die
Drohung der Utze so verstört, daß in ihren Töpfen nur schwache Blasen aufwallten.
Die Wilden Utze aber nahmen keine Notiz mehr von ihnen.
Am Ende des Vulkangebiets zeigte der
Feuersalamander in einen Erdgang, der geradewegs zum Rubinberg führte. Da
hinein zwängten sich die drei Utze.
Bald aber wurde der Gang immer schmaler und schmaler,
bis er so eng war, daß sie darin steckenblieben.
»Und jetzt?« raunzte Butz. »Wie kommen wir
weiter?«
»Wozu haben wir unsere Feuerfäuste?« fragte
Dutz.
»Wir brennen uns einen breiteren Durchgang«,
sagte Gutz.
»Brennen ist gut«, johlte Butz.
Sie ballten alle drei ihre Fäuste und ließen
Feuer herauslodern, so heiß, daß das Gestein schmolz. Mit vorgestreckten,
feuerprasselnden Fäusten gingen die Utze voran und brannten sich ihren Weg
durch die Erde.
Der Salamander aber, der auch die schmälsten Gänge
benutzen konnte, lief schneller als die Wilden Utze. Er war schon eine Weile
vor ihnen am Eingang zum Rubinberg.
Der Rubinberg war kein freistehender Berg, wie
die Gebirge an der Erdoberfläche. Er war vielmehr ein riesiger Felsenkern, der
nach außen allseitig mit dem Gestein verwachsen war, nach innen aber Hallen,
Gewölbe und Gänge aus Rubinstein bildete.
Es gab zwei Eingänge, den hinteren Eingang, der
näher an Kalle Wirschs Burg lag, und den vorderen, auf den die Wilden Utze
jetzt zustrebten. Vor beiden Toren stand ein Wächter. Nachdem der Salamander
beim vorderen Eingang angekommen war, duckte er sich in eine Felsspalte und
beobachtete den Wächter aus seinem Versteck heraus. Grau und unbeweglich, wie
aus Stein gemeißelt, stand er am Tor. Er stützte sich auf sein mächtiges
Schwert und ließ den Blick rundum wandern.
Der Salamander wollte noch nicht von ihm
entdeckt werden, er wollte lieber auf die Wilden Utze warten. Aber noch bevor
er das Prasseln ihrer Feuerfäuste hörte, vernahm er Stimmen, die aus dem
Rubinberg kamen. Das Felsentor wurde von innen aufgestoßen, und Kalle Wirsch
erschien mit Tutulla. Die beiden waren auf dem direkten Weg aus der Burg zum
Rubinberg geeilt. Der Wächter am hinteren Tor hatte sie eingelassen, sie hatten
die große Rubinhalle durchquert, und nun standen sie vor dem Wächter am
vorderen Tor. Denn auf diesen Wächter kam es Kalle Wirsch an. Bei ihm mußte er das
Losungswort ändern; hier würden die Wilden Utze Einlaß begehren.
Der Feuersalamander in seinem Versteck hatte
beobachtet, wie das Felsentor auf- und wieder zugegangen war. Er hatte für
einen Augenblick das rote Funkeln aus dem Inneren der Rubinhöhle gesehen, und
jetzt bemerkte er mit Schrecken, wer da herausgekommen war.
»Uiii, du gespaltener Molchschwanz!« entfuhr es
ihm. »Das ist ja Kalle Wirsch mit dieser widerlichen Fledermaus.«
Er kroch ein Stück tiefer in die Felsspalte,
aber er konnte trotzdem alles mit anhören. Weder Kalle Wirsch noch Tutulla
ahnten, daß sie belauscht wurden.
»Ich bin schon so gespannt auf das neue
Losungswort, daß ich’s kaum mehr aushalte«, erklärte Tutulla.
»Du sollst es jetzt erfahren«, sagte Kalle
Wirsch. »Und du wirst zugeben, daß ich es gut ausgeklügelt habe. Es gibt
nämlich ein Wort, das alle Feuerwesen hassen, denn es hat eine fürchterliche
Macht über sie. Kein Feuermann bringt es über die Lippen. Selbst wenn es jemand
an die Utze verrät, nützt es ihnen nichts.«
»Sag doch endlich, wie es heißt!«
»Es ist das Wort für das Gegen-Element zum
Feuer, es ist das Wort: Wasser.«
Tutulla quiekte vor Begeisterung. »Wasser! Das
ist genial, Kalle Wirsch, einfach genial. — Wasser! Wenn das ein Feuermann
ausspricht, dann löscht er sich selbst aus.«
Kalle Wirsch trat vor den Wächter und rief ihn
an.
Langsam kam Leben in die versteinerte Gestalt.
Mit dumpf grollender Stimme fragte er: »Wer bist du?«
»Ich bin’s, Kalle Wirsch, König der
Unterirdischen. Erkennst du mich nicht?«
Der Wächter betrachtete ihn lange, dann sagte
er: »Ich erkenne dich.«
»Höre, Wächter!« Kalle Wirsch sprach laut und
eindringlich. »Die Wilden Utze sind auf dem Weg hierher.
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