Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
kommen?«
    »Gewiss doch«, wiederholte ich, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, was ihn dazu veranlassen sollte.
    »Unser Leonardo war sehr von Euch eingenommen«, sagte er. »Ich muss gestehen, ich habe beobachtet, wie er im Hof eine S kizz e von Euch angefertigt hat. Ich werde ihn damit beauftragen, ein Porträt von Euch zu malen, wenn er seine Pflichten in Mailand eine Zeit lang ruhen lassen kann. Wärt Ihr damit einverstanden?«
    Ich war sprachlos. Mein erster Gedanke galt meinem Vater: Eine solche Ehre würde sein Ansehen in hohem Maß steigern und wäre seinen Geschäften ebenfalls sehr zuträglich; ich bezweifelte allerdings, dass sie seine fanatische Hingabe an die Lehren Savonarolas überwöge. Damit würde seine Beziehung zu den Medici in einer Weise gefestigt, die bestimmt das Missfallen seiner neuen Verbündeten erregen würde.
    Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt, derartige Zweifel laut zu äußern. Als ich meine Stimme wiedergefunden hatte, sagte ich: »Damit wäre ich mehr als einverstanden, maestro. Bei dem Gedanken läuft es mir kalt über den Rücken.«
    »Gut«, erwiderte er und nickte einmal kurz und entschlossen. »Abgemacht.«
    Wir schwiegen, bis sich die Tür wieder öffnete und Lorenzos Sohn eintrat.
    »Giuliano«, sagte er. Sein Tonfall verriet Verärgerung. »Ich habe nach deinem Bruder geschickt. Wo ist Piero?«
    »Indisponiert«, antwortete Giuliano rasch. Sein Gesicht war leicht gerötet, als wäre er nach der Aufforderung zu kommen gleich losgerannt; bei meinem Anblick hellte sich seine Miene etwas auf. »Geht es Euch nicht gut, Vater?« Er schaute sich im Zimmer um, und sein Blick fiel auf den unberührten Heiltrank. »Ihr habt Euch in der Einnahme der Medizin verspätet. Ich will sie Euch bringen.«
    Lorenzo ließ meine Hand los und tat die Worte seines Sohnes mit einer wegwerfenden Geste ab. »Mein Jüngster«, vertraute er mir mit unmissverständlicher Zuneigung an, »leistet meinen Wünschen ebenso rasch Folge, wie mein Ältester sie überhört.«
    Giuliano lächelte, und ich fühlte mich unwillkürlich an die Terrakottabüste im Hof erinnert.
    »Ich bedaure, dass ich Euch nicht wieder zu Eurem Vater zurückbegleiten kann«, fuhr Lorenzo fort, »doch Giu-liano ist ein verantwortungsbewusster junger Mann. Ich garantiere Euch, dass er Euch sicher zu ihm geleiten wird.« Noch einmal ergriff er meine Hand und drückte sie für einen so gebrechlichen Mann erstaunlich fest. »Gott sei mit Euch, meine Liebe.«
    »Und mit Euch, mein Herr. Vielen Dank, dass Ihr so freundlich wart, mich einzuladen. Und was den Auftrag für ein Porträt betrifft . « Zögernd lösten wir unsere Hände. Eine eigenartige Traurigkeit überkam mich, als ich mich bei dem jungen Giuliano unterhakte und seinen Vater allein ließ, einen fragilen, hässlichen Mann, der von so viel Wohlstand und Schönheit aus Jahrhunderten umgeben war.
25
    Im Korridor kamen Giuliano und ich an weiteren Skulpturen, Porträts und hüfthohen Porzellanvasen vorbei, erleuchtet von Kerzen in elegant geschmiedeten Kandelabern aus Bronze, Silber und Gold. Wir gingen in verlegenem Schweigen nebeneinander her; meine Hand ruhte steif auf seinem Unterarm, während er starr geradeaus blickte und sich mit einer natürlichen Würde bewegte, die einem zehn Jahre älteren Mann wohl angestanden hätte. Wie sein Vater war er in dunkle Farben gekleidet mit einer schlichten Tunika aus dem besten Tuch meines Vaters.
    »Verzeiht, Madonna Lisa, dass Euer Besuch durch die Krankheit meines Vaters vorzeitig beendet wurde.«
    »Bitte, entschuldigt Euch nicht«, antwortete ich. »Es tut mir leid, dass es Ser Lorenzo noch nicht bessergeht.«
    Giulianos überschattete Miene wurde im flackernden Licht feierlich. »Vater bagatellisiert es gegenüber Besuchern, aber er war in den letzten Monaten so krank, dass wir alle dachten, er würde sterben. Er ist noch sehr schwach; die Ärzte haben ihm geraten, keine Gäste einzuladen, doch er war fest entschlossen, seine Freunde wiederzusehen. Ganz besonders Leonardo. Und - er hat es mir nicht gesagt, aber ich vermute, dass er Euch zum Zweck einer zukünftigen Eheschließung kennenlernen wollte.«
    »Ja«, sagte ich. Die Erwähnung des Künstlers aus Vinci
    - der sich besondere Mühe gegeben hatte, zu dieser Versammlung zu kommen - ließ Hoffnung in mir aufkeimen. »Das mit Eurem Vater ist schrecklich. Was hat er denn?«
    »Es ist das Herz.« Giuliano zuckte verärgert mit den
    Schultern. »Zumindest sagen die Ärzte das,

Weitere Kostenlose Bücher