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Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Titel: Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fuhljahn
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dünn wäre wie eine Magersüchtige, würde ich mich immer noch zu dick fühlen.
    So viele Therapieerfolge. Doch es ist noch nicht vorbei. Nach wie vor frage ich mich: Wenn man nicht für seine Leistungen geliebt wird, ja, wofür denn dann? Mir wird geholfen, ich werde gemocht – warum nur? Wenn ich in den Spiegel sehe, denke ich jedes Mal: Was für ein entsetzliches, fettes, hässliches Schwein! Furchtbar! Will mich jemand treffen, schaffe ich es fast nie, Nein zu sagen. Ich fürchte mich vor dem Einschlafen. Regelmäßig das Kopfkissen nass zu weinen, bleibt entsetzlich. Auch Panikattacken zu bekommen – selbst die hundertste fühlt sich an wie sterben. Nach wie vor sehe ich die Welt als einen grauenvollen, archaischen Ort, das Dasein als eine Qual, die Nachrichten lösen weiterhin Todesangst in mir aus. An manchen Tagen, wenn auch selten, löffle ich zwei Familienpackungen Eis direkt nacheinander weg. Wenn ich nur an meine Zahnbürste denke, wird mir übel. Beim Zähneputzen würge ich – wie in den vergangenen fünfzehn Jahren auch. Warum? Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir sicher, dass ich die Antwort nicht vom Zahnarzt erfahren werde.
    Erst langsam gehe ich das Wagnis ein, mit Dr. Weston über meine verkorkste Sexualität zu sprechen. Außerdem reden wir über den nahenden Abschied von der Therapie, denn die Krankenkassen zahlen nicht so viele ambulante Sitzungen, wie man sie unter Umständen braucht, sondern nur eine festgelegte Anzahl. Der Gedanke an das Ende der Therapie fühlt sich jedes Mal an wie der Tod, ein grausamer Stich mitten ins Herz, der mir die Luft zum Atmen nimmt. Aber ich vertraue darauf, dass wir die Trennung hinkriegen, auch wenn ich nur eine blasse Ahnung habe, wie das vonstattengehen soll. Beim Reiten heißt es: »Wirf dein Herz voran und spring.« Das tue ich.

12 Es gibt nicht nur Freud und mich – verschiedene Therapieverfahren
    S pezialisiert auf psychische Erkrankungen sind Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie (sie heißen auch Fachärzte für Psychotherapeutische Medizin) sowie Fachärzte für Nervenheilkunde (Nervenärzte). Fachärzte für Neurologie sind für Krankheiten wie Multiple Sklerose, Migräne oder Schlaganfälle zuständig. Wer eine Psychotherapie machen möchte, kann zu einem dieser Mediziner gehen oder zu einem Psychologen, der die Weiterbildung zum »Psychologischen Psychotherapeuten« absolviert hat. Grundsätzlich werden die Kosten von drei psychotherapeutischen Verfahren von den Krankenkassen bezahlt: die Verhaltenstherapie ( VT ), die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ( TP ) und die Psychoanalyse ( PA ). Alle drei sind wissenschaftlich umfangreich untersucht, ihre Wirkung ist gut belegt. Über 75 Prozent der Patienten profitieren nachweislich von einer psychotherapeutischen Behandlung. 30 Die »großen Drei« haben zahlreiche Unter- und Mischformen zu anderen Wissenschaften wie Soziologie oder Pädagogik. Das zugrunde liegende Verständnis von Krankheit und die Vorstellung davon, was hilft, unterscheiden sich in wesentlichen Punkten, auch innerhalb der Verfahren. Psychoanalyse kann bedeuten, dass man auf der Couch liegt und der Therapeut sagt kaum mehr als »Hm« – oder dass man sich gegenübersitzt und lebhaft unterhält. Wenn man sich nicht auskennt, denkt man, Psychotherapie gleicht einem einzelnen Buch. Wenn man das jedoch zur Hand nimmt, stellt man fest, dass es die Tür zu einer Bibliothek mit Tausenden von Büchern ist. Gut verständlich zeigt das dieser bekannte, oft variierte Witz:
    Ein Passant fragt: »Wo geht’s denn hier zum Bahnhof?«
    Es antworten ihm ein
Pädagoge: »Natürlich weiß ich, wo der Bahnhof ist. Aber ich denke, dass es besser für dich ist, wenn du es selbst herausfindest.«
Bioenergetiker: »Ihr Körper kennt die Antwort schon. Machen Sie mal Sch… sch… sch…«
Gesprächspsychotherapeut: »Sie wissen nicht, wo der Bahnhof ist, und das macht Sie nicht nur traurig, sondern auch ein Stück weit wütend.«
Sozialpädagoge: »Ich weiß es auch nicht, aber ich finde es total gut, dass wir beide offen darüber reden können.«
Psychoanalytiker: »Sie meinen diese dunkle Höhle, wo immer etwas Langes rein- und wieder rausfährt?«
Verhaltenstherapeut: »Heben

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