Kalt kommt der Tod (German Edition)
Kopf in die Hand gestützt.
Ihre direkte Art verblüffte ihn immer wieder. Er saß eine Weile schweigend da und dachte nach.
»Nur das, was ich im Kino gesehen habe«, sagte er schließlich.
»Das würde auch ein Marsmensch verstehen mit seinem Marsmenschenherzen und nach seinem Taschentuch greifen. Du weißt, was ich hören will.«
»So?«
»Du hast sie geliebt, Phong«, sagte Jenna, »gib es zu, was ist schon dabei?«
Mit dem Instinkt eines Tieres spürte sie seinen Verletzungen nach. Er gab keine Antwort. Sinnlos, auch nur einen Atemzug für etwas zu verschwenden, das auf der Hand lag.
»Besser gesagt, du liebst sie noch immer.«
»Kann man jemanden lieben, zu dem man siebzehn Jahre keinen Kontakt gehabt hat? Sag’s mir.«
»Möchtest du, dass sie zu dir zurückkommt?«
»Ich weiß nicht, was ich dann tun würde.«
War wirklich er das, der da redete? Er konnte kaum glauben, dass er mit einer beinahe fremden Frau über seine Gefühle sprach.
»Eine Liebe ohne Verfallsdatum«, sagte Jenna, »ich bin begeistert. Ist mir noch nie passiert. Ich glaube, Carolin auch nicht. Hast du es vermasselt?«
»Irgendwie schon.«
»Dachte ich mir.«
»Kluges Mädchen.«
»Wie denkst du heute darüber?
»Vorbei ist vorbei.«
»Du hattest viel Zeit zum Nachdenken.«
»Zu viel Zeit.«
»Also liege ich falsch?«
»Ich weiß nicht, ob du falschliegst.«
»Und wie fühlst du dich jetzt?«
»Nicht weit genug weg, um das mit dir zu besprechen.«
»Stehen wir auf!«, sagte sie, schlug die Decke zurück und sprang, nur mit weißem Höschen bekleidet, aus dem Bett. Ihre nackten Brüste gefielen Packer, sie hatten ihm schon gefallen, als sie noch nicht so aufreizend durch die Nacht wippten, sondern unter ihrem Pullover verborgen waren, aber jetzt gefielen sie ihm besser.
Sie sagte: »Ebenso gut können wir sofort aufbrechen. Ich schlaf sowieso nicht wieder ein.«
Er stellte fest, dass er nur dann bei der Sache bleiben und sich mit ihr unterhalten konnte, wenn er Jenna auf die Trekkingschuhe starrte, die sie nun anzog. Wenn er auf ihr jetzt aus den Jeans ragendes Höschen schaute, driftete er davon.
Ihre Unbefangenheit verleitete ihn, sich ebenso freizügig anzuziehen. Jenna sah ihm dabei zu.
»Hey«, sagte sie grinsend, »du bist ja auch untenrum dunkel. Ach genau, du bist ja Vietnamese.«
Eine halbe Stunde später aßen sie in der Lobby aufgebackene Croissants. Packer trank einen dreifachen Espresso ohne Zucker dazu, Jenna einen Becher schwarzen Tee.
»Was ich dich noch fragen wollte«, sagte Packer, »hat’s dir eigentlich was ausgemacht, den Trapper um die Fichte zu führen? So, wie du ihn ausgetrickst hast, hättest du ihm auch gleich in die Eier treten können.«
»Ich hab ihm gesagt, seine Leber bräuchte mal ’ne Pause.« Sie schenkte ihm ein cooles Lächeln.
Das vorzeitige Frühstück hatte ihnen der Nachtportier serviert, nachdem Packer ihn mit einem großzügigen Trinkgeld von der Notwendigkeit dieser Dienstleistung überzeugt hatte.
Als er ihre Ausrüstung bemerkte, wollte er wissen, was sie vorhatten, fragte, ob sie eine Genehmigung hätten. Wenn sie die Stadt verlassen wollten, erklärte er, bräuchten sie eine Genehmigung des Sysselmanns. Eine Genehmigung sei zwingend erforderlich, zu viel sei schon passiert, wenn Urlauber auf eigene Faust eine Tour unternommen haben, ohne dass jemand wusste, wo man sie suchen sollte, falls sie nicht zurückkehrten.
Was Packer ihm sagte, war, dass sie keine Zeit hatten, sich das Papier zu besorgen. Aber sie würden, versprochen, nicht weit fahren, nur eine Runde drehen, weil sie nicht mehr schlafen konnten, in zwei Stunden wären sie wieder da. Um die Glaubwürdigkeit seiner Worte zu beflügeln, legte er dem Portier noch einen Schein auf den Tresen, gerade groß genug, um ihn zu beschwichtigen, jedoch nicht so groß, dass es Zweifel weckte.
»Wollen wir wetten, dass ich es rauskriege?«, fragte Jenna und biss von ihrem Croissant ab.
»Du weißt doch schon alles«, erwiderte Packer und fragte sich, warum Frauen ständig reden mussten, selbst morgens um Viertel nach vier. »Was willst du denn noch wissen?«
»Wie es dazu kam, mit Carolin und dir, will ich wissen. Das scheint mir die bessere Geschichte zu sein, sonst würdest du mir nicht immer ausweichen.«
»Frag Vollmer oder Carolin. Rede mit O. C. oder mit seiner Frau, Aveline. Sie können dir ihre Version der Geschichte erzählen. Allerdings werden ihre Geschichten anders klingen als meine, es ist
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