Kalt kommt der Tod (German Edition)
belauschte er das Gespräch, legte eine CD von Bryan Ferry ein, Olympia , wischte die Spüle und öffnete zwei Flaschen Carlsberg für die Engländer, die mit Caipirinhas durch waren.
»Zwei Wochen nach dem ersten Kontakt sprach sie Greg an«, Frida deutete mit einem Kopfnicken zu ihm hin. »Ich weiß nicht, von wem sie erfahren hat, dass er unser Kontaktmann ist. Sie wollte von ihm alles über uns wissen. Mir hat gefallen, dass sie nicht lockerließ, das zeigte echtes Interesse, also verabredete ich mich mit ihr, hier in der Bar. Sie kam nicht allein.«
»Wer war bei ihr?«, fragte Vollmer.
»Dreimal darfst du raten«, sagte Kokina.
»Eine andere Frau«, sagte Frida.
»Carolin?«, fragte Vollmer.
»Eine andere Frau, sagte ich. Sylvia stellte sie als ihre Freundin vor.«
»Hatte sie einen Namen?«, hakte Vollmer nach.
»Anfangs hörte sie nur zu, während Sylvia und ich miteinander sprachen. Sie war sehr hübsch und hatte etwas sehr Formelles und gleichzeitig Schüchternes an sich. Ich hatte sie vorher ein, zwei Mal im Supermarkt gesehen. Wer sie war, wusste ich da allerdings noch nicht.«
Kokina verlor langsam die Geduld.
»Und?«
»Zuerst das Geld«, sagte Frida. »Ich habe die erste Hälfte geliefert, jetzt seid ihr dran.«
Vollmer zählte tausendfünfhundert Euro ab, rollte sie zusammen und drückte sie Frida unauffällig in die Hand.
»Sie sagte, ihr Name sei Rita«, sagte Frida.
Vollmer atmete auf.
»Aber das war gelogen«, fuhr Frida fort. »Nachdem wir uns an jenem Abend getrennt hatten, stellte ich ein paar Nachforschungen an. Longyearbyen ist ein Dorf. Es dauerte nicht lange, da bin ich ihr draufgekommen. Rita war ein hohes Tier an der UNIS, Professorin für irgendwas, ich hab vergessen, wofür.«
Obwohl Kokina die Antwort zu kennen glaubte, fragte er: »Und wie hieß sie tatsächlich?«
»Carolin Riesenberg. Genau das war ihr Name. Und hier endet meine Geschichte. Warum interessiert ihr euch überhaupt dafür?«
»Der da«, sagte Kokina, »ist Carolins Ehemann.«
Frida musterte Vollmer.
»Ach, du Scheiße.«
»Genau«, sagte Vollmer. »Hat sie … ich meine, war sie … also, hat sie richtig mitgemacht?«
Frida zögerte, sah ihn an, wie er sich an seinem Glas festhielt und ins Leere starrte.
»Soweit ich weiß, hat sie einigen Herrschaften ordentlich den Kopf verdreht, aber mit wem sie sich einließ, hat ganz allein sie entschieden. Sie war sehr wählerisch.«
»Was glaubst du«, wollte Kokina wissen, »kann es sein, dass ihre Kunden sich untereinander kannten und …«
»… eifersüchtig aufeinander waren?«, beendete sie seinen Satz. »Oh ja. Von drei Freiern«, bei diesem Wort zuckte Vollmer zusammen, »weiß ich es ganz sicher, weil sie auch zu mir kommen. Sie haben mir unabhängig voneinander erzählt, dass Carolin eigentlich ihre Favoritin sei, jedoch nur selten Zeit für sie habe, oder auch keine Lust. Wie gesagt, sie allein bestimmte die Regeln, wer, wann und wo.«
»Was, wenn ich dich nach den Namen dieser drei Herren fragen würde?«
»Keine Chance«, winkte Frida ab, nahm ihre Umhängetasche und stand auf. »Die Namen unserer Kunden bleiben unser Geheimnis. Ihre Namen sind unser einziges Kapital.«
62
Packer lag auf dem Bett und spürte dem Kribbeln in seinen Fingern und Zehen nach. Ein paar Minuten zuvor hatte ihm eine Schwester ein Tablett mit heißem Tee und zwei Käsebroten auf den Nachttisch gestellt.
Vom Flur fiel ein schwacher Lichtschein ins Zimmer, als leise die Tür geöffnet wurde.
»Darf ich reinkommen? Die Schwester sagt, du bist wach.«
Kokina zog die Tür hinter sich zu.
»Schöne Scheiße, was?«, sagte er.
»Hätte schlimmer kommen können«, antwortete Packer.
»Da bin ich mir nicht so sicher. Wer hat sich mit euch angelegt? Uns hat man nur die Kurzfassung erzählt, keine Details. Was ist passiert?«
»Kalt erwischt«, entgegnete Packer müde.
»Deinen Humor haben sie jedenfalls nicht erwischt.«
»Die sind auf uns zu, perfekt organisiert. Einer drückt ab und ballert den Motor von meinem Skidoo zu Klump. Der zweite Schuss geht daneben, nimmt aber ein Stück von der Kufenaufhängung mit. Dieses scheiß Geballere dröhnt mir immer noch in den Ohren.«
Packer erzählte ihm die ganze Geschichte, während Kokina im Zimmer auf und ab ging.
Dann war Kokina dran.
Er berichtete von ihren Besuchen bei Theodor Fakson, dem stellvertretenden Museumsdirektor, und bei Hakon Brendboe, der die Bergbaugesellschaft leitete, um sie nach den Bungee-Girls
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