Kalt wie ein Brilliant
besser
dazu als er, eine Imitation des Diadems anzufertigen? Bei dem Aktbild in seinem
Zimmer mußte es sich um Louise Lamont handeln. Nicht umsonst hatten die beiden
zusammen den Malunterricht besucht. Louise hatte Byers zu dem großen Coup
überredet und sich selbst sozusagen als Belohnung ausgesetzt. Später mußte der
arme Willie erfahren haben, wie sie zu Marty stand, und es war ihm aufgegangen,
daß man ihn nach Strich und Faden belogen hatte. Er rächte sich, indem er
Louise tötete und das echte Diadem für sich behielt.
Das tiefe Schweigen, das meinen
letzten Worten folgte, spannte mich auf die Folter. Ich versuchte, in Estells Gesicht zu lesen, aber es blieb so ausdruckslos wie
eine frischgetünchte Wand. Plötzlich lief ein nervöses Zucken über sein
Gesicht.
»Wissen Sie, wo dieser Byers
wohnt?«
»Natürlich!« Ich griff nach der
Liste in meiner Brieftasche und las ihm die Adresse vor.
»Meinst du wirklich, daß an der
Geschichte mit Byers was dran ist, Boß?« fragte Pete mißtrauisch. »Vielleicht
will Boyd uns nur verschaukeln!«
»Durchaus möglich, daß er die
Wahrheit sagt«, erklärte Marty. »Wir werden es ja gleich sehen...«
»Klar, Boß, ganz wie du
denkst...«, stimmte Pete hastig zu. »Aber was machen wir inzwischen mit ihm und
der Puppe? Wenn die nach der Polizei schreien, sitzen wir schön in der Tinte.«
»Wir lassen sie hier«,
entschied Marty. »Wenn Boyd uns die Wahrheit gesagt hat und wir den Schmuck bei
Willie Byers entdecken, lassen wir uns ohnehin hier nicht mehr blicken. Wenn er
uns aber an der Nase herumgeführt hat, wollen wir uns noch ein gemütliches
Gespräch mit unserem Freund gönnen. Wir werden also dafür sorgen müssen, daß
die beiden uns nicht inzwischen entwischen.«
»Urlaub auf Ehrenwort, was?«
höhnte ich.
»Sehr witzig«, zischte er. »Ich
habe große Lust, auf jeden Fall noch mal herzukommen und dich von Pete
durchwalken zu lassen. Mal sehen, wie du dich dabei benimmst.«
Die kalten, blauen Augen
wirkten womöglich noch lebloser als zuvor. »Pete«, fügte er langsam hinzu,
»sieh zu, ob du etwas findest, womit wir sie fesseln können.«
Der Riese polterte geräuschvoll
durch die Wohnung, öffnete alle Schränke und durchwühlte Pattys Schlafzimmer.
Fünf Minuten später kam er triumphierend mit einem Bündel Kofferriemen zurück.
»Na, Zeit wurde es ja!« sagte
Marty unfreundlich. »Nimm die Puppe mit ins Bad und binde sie an die Dusche.«
Pete grinste Patty schief zu.
»Auf, Baby!«
Sie stand langsam auf und
versuchte, die zerfetzte Bluse um die Schultern zu ziehen. Pete packte sie am
Arm, riß sie beinahe um und zerrte sie ins Bad. »Keine Umstände, Baby«, bellte
er. »Die Landschaft kenn’ ich jetzt!«
Eine Minute verging in
drückendem Schweigen. Dann kehrte er befriedigt grinsend zurück. »Die ist gut
aufgehoben, Boß«, sagte er. »Nicht mal ’nen kleinen Finger kann sie rühren!«
»Gut!« Marty nickte. »Jetzt
nimm dir Boyd vor. Und beeil dich ein bißchen, ja?«
»Gemacht, Boß!« murmelte Pete
unterwürfig.
Sein Handwerk verstand er. Er
verschränkte meine Hände hinter dem Rücken und fesselte sie. Weitere Fesseln
band er um Fußgelenke und Knie. Die Lederriemen schnitten scharf ins Fleisch,
und ich hatte keine Chance, auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen, bis
jemand die Fesseln löste.
»Wohin mit ihm, Boß?«
erkundigte sich Pete.
»Ins Bad zu der Puppe!« fauchte Estell . »Wohin denn sonst? Da können sie sich
gegenseitig Gesellschaft leisten. Für den Fall, daß sie anfangen Lärm zu
schlagen, werden wir das Radio anstellen, wenn wir gehen.«
Pete hob mich hoch, warf mich
wie eine Teppichrolle über seine Schulter und trug mich ins Badezimmer. Patty
war mit den Handgelenken an den Wasserhahn der Dusche gefesselt. Sie stand eng
an die gekachelte Wand gepreßt. Pete stellte mich an den Rand der Badewanne und
lachte laut auf. »Immer sauber bleiben, Kumpel!« Er gab mir mit der flachen
Hand einen Stoß, und ich stürzte kopfüber in die Wanne. Mein Kopf und die
Badewanne dröhnten gleichermaßen. Ich wand mich in ohnmächtiger Wut hin und her,
während sein mißtönendes Gelächter in der Ferne
verhallte. Die Tür fiel hinter den beiden ins Schloß. Ein paar Sekunden später
fegten laute Jazz-Rhythmen durch die Wohnung.
»Danny.« Pattys Stimme klang
leise und verloren. Ich drehte unter großen Anstrengungen den Hals so, daß ich
ihr ins Gesicht sehen konnte.
»Ja?«
»Es tut mir so schrecklich
leid, daß ich Sie
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