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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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auch sein vorheriges Zögern erklärte: » Wohin? «
    Draußen hatten die Killer offenbar die Geduld verloren, weiterhin möglichst verstohlen vorzugehen. Nun nahmen sie Zuflucht zu den dramatischeren Methoden, die für sie typisch waren. Eine Schulter oder ein Stiefelabsatz krachte gegen die Tür, die daraufhin erzitterte, während der Stuhl wie eine Katze kreischte, der man auf den Schwanz getreten war.
    » Wohin? « Jilly gab die Frage an Dylan weiter. » Wohin? «
    Beim zweiten Ansturm dröhnte die Tür wie ein Paukenschlag. Irgendein Teil des Stuhls zerbrach, aber noch hielt die Barrikade.
    Während des Transits von der Damentoilette ins Zimmer waren Dylan zahlreiche ungewollte Ziele in den Sinn gekom men, die verhängnisvoll gewesen wären, doch nun fiel ihm kein einziger Ort auf der Welt ein, an dem sie wirklich Zuflucht finden konnten.
    Erneut krachte ein entschlossener Körper an widerstrebendes Holz, und dieser Körper ächzte nicht vor Schmerz oder Wut, sondern so, als würde ihm der Aufprall perverse Freude bereiten.
    Diesem Laut folgte sofort ein weiteres Krachen, diesmal das spröde Klirren von zerberstendem Glas. Vor einem der Fenster bewegte sich der geschlossene Vorhang. Offenbar war er hinterrücks von Splittern getroffen worden.
    » Nach Hause «, sagte Dylan zu Shepherd. » Bring uns nach Hause, Shep. Bring uns ganz schnell nach Hause! «
    » Nach Hause «, wiederholte Shep, aber er wusste scheinbar nicht recht, auf welchen Ort sich die beiden Worte bezogen.
    Der unsichtbare Bursche, der das Fenster eingeschlagen hatte, harkte mit irgendeinem Gegenstand die im Rahmen steckenden Splitter fort, um sich den Weg zu bahnen.
    » In unser Haus in Kalifornien «, sagte Dylan. » Kalifornien – zirka vierhunderttausend Quadratkilometer … «
    Shep hob die rechte Hand, als wollte er dem Staate Kalifornien die Treue schwören.
    » … mindestens dreißig Millionen Einwohner … «
    Das menschliche Gegenstück eines Bullen, das die Tür berannte, ging zu einem neuen Angriff über. Krachend bog sich der Stuhl.
    Shep runzelte die Stirn, als wäre er sich immer noch nicht sicher, aber er kniff mit Daumen und Zeigefinger der gehobenen Hand in die Luft.
    » … Staatsbaum «, fuhr Dylan fort, erinnerte sich jedoch nicht mehr an den Namen.
    » Redwood! «, half Jilly aus.
    Die Vorhänge bauschten sich, offenbar weil einer der Killer von draußen hereinkletterte.
    » Staatsblume: der Goldmohn «, fuhr Dylan fort.
    Die Beharrlichkeit trug Früchte. Beim fünften Ansturm brach der Stuhl in sich zusammen, und die Tür flog zitternd auf.
    Der erste Mann, der über die Schwelle trat und mit dem Fuß die Stuhlreste wegstieß, trug blassgelbe Hosen und ein gelb-rosa gemustertes Polohemd. Die Miene, die er zur Schau stellte, war mörderisch. Er hielt einen Revolver in der Hand, den er mitten im Vorwärtsstürmen hob, ganz offenbar, um abzudrücken.
    » Eureka «, sagte Shep und zog am Nichts.
    Dylan dankte dem lieben Gott, dass er keinen Schuss hörte, als das Motelzimmer sich von ihm wegfaltete, aber er hörte, wie der betrogene Schütze seinen Namen brüllte: » O ’ Conner! «
    Diesmal hatte er auf dem kaleidoskopischen Transit etwas ganz Neues zu befürchten – dass der Gorilla in Golfkluft ihnen zu nah gekommen war, bevor sie aus dem Zimmer geflüchtet waren, und dass Shep einen gut bewaffneten Killer mit nach Kalifornien gefaltet hatte.
     

32
    Unzählige Schattensplitter, aber auch einzelne Frag mente aus fahlem Licht durchdrangen das zurückweichende Motelzimmer. Einen Sekundenbruchteil, bevor Dylan den neuen Raum erkannte, der um ihn herum Gestalt annahm, nahm er den Geruch eines Pekannusskuchens mit Zimt und Rosinen wahr, wie ihn seine Mutter immer gebacken hatte. Der köstliche Duft war unverkennbar.
    Shep, Jilly und Dylan waren unversehrt gelandet, und der Killer im Polohemd hatte glücklicherweise doch keine Fahrkarte gelöst. Nicht einmal das Echo seines Rufs O ’ Conner! war ihnen aus Arizona gefolgt.
    Trotz des vertrauten Dufts und der erfreulichen Abwesenheit des menschlichen Rammbocks spürte Dylan jedoch keine Erleichterung. Irgendetwas stimmte nicht. Der Grund seines Unbehagens war ihm noch nicht klar, aber das Gefühl war zu stark, um es als bloße Nervosität abzutun.
    Das Dunkel der Küche ihres Hauses in Kalifornien wurde nur durch ein weiches, karamellfarbenes Licht gemildert, das durch die offene Tür zum Esszimmer fiel. Einen noch schwächeren Schein warf die beleuchtete Uhr im Bauch des

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