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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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lächelnden Keramikschweins, das an der Wand rechts vom Spülbecken hing. In diesem Schein aber stand auf der Arbeitsplatte unter der Uhr ein Blech mit dem frisch gebackenen Nusskuchen, um auf einem Gitter abzukühlen.
    Vonetta Beesley, die ja einmal pro Woche auf ihrer Harley angefahren kam, um sich um den Haushalt zu kümmern, probierte manchmal die besten Rezepte von Dylans und Sheps verstorbener Mutter aus, um ihnen eine Freude zu machen. Da die beiden von ihrer Tour zu diversen Kunstfestivals jedoc h e rst Ende Oktober zurückkommen sollten, musste sie den Kuchen für sich selbst gebacken haben.
    Nach der vorübergehenden Orientierungslosigkeit, die sich nach jedem Falten einstellte, merkte Dylan endlich, wieso ihm etwas falsch vorkam. Sie waren an einem Samstagnachmittag kurz vor ein Uhr im Osten von Arizona gestartet. In Kalifornien, das in einer anderen Zeitzone lag, hätte es eine Stünde früher sein müssen. Kurz vor eins in Holbrook hieß kurz vor zwölf an der Pazifikküste, aber vor den Küchenfenstern herrschte pechschwarze Nacht.
    Finsternis zur Mittagszeit?
    » Wo sind wir? «, flüsterte Jilly.
    » Zu Hause «, sagte Dylan.
    Er warf einen kurzen Blick auf die leuchtenden Zeiger seiner Armbanduhr, die er schon vor Tagen beim Kunstfestival in Tucson auf die dortige Zeit eingestellt hatte. Es war vier Minuten vor eins, was er in etwa erwartet hatte und was sicher auch stimmte.
    Hier im Land des Goldmohns und des Redwoodbaumes hätte es vier Minuten vor zwölf Uhr mittags sein sollen, nicht vier Minuten vor Mitternacht.
    » Wieso ist es dunkel? «, fragte Jilly.
    Die beleuchtete Uhr im Schweinebauch zeigte auf neun Uhr sechsundzwanzig.
    Während der bisherigen Reisen per Falten war beim Transit entweder gar keine Zeit verstrichen oder höchstens wenige Sekunden. Auch diesmal hatte Dylan nicht den Eindruck gehabt, dass viel Zeit vergangen war.
    Falls sie tatsächlich um halb zehn Uhr abends angekommen waren, hätte Vonetta schon seit mehreren Stunden fort sein sollen. Sie arbeitete von neun bis fünf. Den Kuchen hätte sie jedoch bestimmt mitgenommen.
    Außerdem hätte sie sicherlich nicht vergessen, das Licht im Esszimmer auszuschalten. Vonetta Beesley war bisher imme r s o zuverlässig gewesen wie die Atomuhr in Greenwich, nach der alle Länder der Welt ihre Zeitmesser stellten.
    Das Haus lag da wie ein Grab, gehüllt in ein Leichentuch aus Schweigen und drapiert mit Totenstille.
    Dass etwas falsch war, lag nicht nur an der Dunkelheit, die durch die Fenster schaute, sondern auch am Haus selbst und an etwas im Innern des Hauses. Dylan hörte zwar nicht den schaurigen Atem eines umherschleichenden Dämons, aber er spürte, das hier nichts richtig war.
    Offenbar hatte Jilly dasselbe komische Gefühl, so erschrocken, wie sie aussah. Sie stand noch genau an der Stelle, an der sie entfaltet worden war, als hätte sie Angst, sich zu bewegen, und auch ihre Körpersprache war so deutlich, dass man ihre Anspannung selbst im Dunkeln leicht erkennen konnte.
    Das aus dem Esszimmer kommende Licht war auch nicht so, wie es hätte sein sollen. Der Kronleuchter über dem Tisch, den Dylan von seinem Standort aus allerdings nicht im Blick hatte, konnte mit einem Dimmer abgeblendet werden, aber das derzeit herrschende Licht war viel zu karamellfarben und zu trübe, um von einer Lampe aus Messing und Kristall zu stammen. Außerdem befand sich seine Quelle nicht in der richtigen Höhe; die Decke im Esszimmer lag im Schatten, und das Licht schien von einem Punkt herabzuströmen, der kaum höher als die Tischplatte war.
    » Shep, Kleiner, was ist eigentlich hier los? «, flüsterte Dylan.
    Da man ihm Kuchen versprochen hatte, hätte man erwarten können, dass Shep sich unverzüglich dem Leckerbissen unter der Uhr zuwandte. Seinem Wesen nach war er in allen Dingen sehr zielstrebig, nicht zuletzt dann, wenn es um Kuchen ging. Stattdessen tat er aber einen Schritt auf die Esszimmertür zu, zögerte kurz und sagte dann: » Shep ist tapfer «, obwohl er dabei verängstigter klang, als Dylan ihn je erlebt hatte.
    Dylan wollte möglichst nicht weiter ins Haus vordringen, bis er die Lage besser einschätzen konnte. Außerdem brauch te er eine gute Waffe. Die Messerschublade bot einen ganzen Schatz an gefährlichen Stichwaffen, aber von Messern hatte er vorläufig genug. Er sehnte sich nach einem Baseballschläger.
    » Shep ist tapfer «, sagte Shep mit noch stärker zitternder Stimme und mit weniger Selbstvertrauen als vorher. Den

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