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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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zornige Seite. Die grünen Augen blitzten vor Wut, das Gesicht war verhärtet, und während sie beim Sprechen hin und her schritt, lag in jeder ihrer Bewegungen und in jedem Innehalten die drohende Kraft einer Löwin.
    Ohne einen guten Grund war sie nie wütend gewesen, und derart wütend hatte Dylan sie überhaupt nie gesehen.
    Der Mann, der ihren Gerechtigkeitssinn so zum Lodern brachte, stand an einem der Fenster und hatte ihr den Rücken zugekehrt, ihr und allen, die sich im Raum versammelt hatten, aus dieser und aus jener Zeit.
    Blair sah weder ihr gespenstisches Publikum noch den zehnjährigen Shep, der sie von der Tür des Esszimmers aus beobachtete. » Ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie nicht existieren «, sagte sie, » und selbst wenn sie das täten, wären Sie der Letzte, dem ich sie geben würde! «
    » Und wenn sie existierten, wem würden Sie sie dann geben? «, fragte der Mann am Fenster und wandte sich zu ihr um.
    Er war 1992 schlanker gewesen als im Jahre 2002 und hatte noch mehr Haare gehabt, aber trotzdem war sofort erkennbar, um wen es sich handelte – um Lincoln Proctor alias Frankenstein.
     

34
    Jilly hatte es einmal als » böses, träumerisches Lächeln « beschrieben, und genauso empfand Dylan es jetzt auch. Als er die blassblauen Augen dieses Mannes zum ersten Mal gesehen hatte, waren sie ihm wie die glanzlosen Lichter einer an und für sich gutmütigen Seele vorgekommen, doch nun sah er Fenster aus Eis, hinter denen ein frostiges Reich lag.
    Seine Mutter hatte Proctor also gekannt. Und er war vor zehn Jahren in ihrem Haus gewesen.
    Von dieser Entdeckung war Dylan so erschüttert, dass er einen Augenblick lang vergaß, welch furchtbaren Ausgang diese Auseinandersetzung nehmen musste. Halb gelähmt stand er da und lauschte gebannt.
    » Verdammt, die Disketten gibt es nicht! «, sagte seine Mutter gerade. » Jack hat nie irgendwas davon erzählt. Es ist völlig sinnlos, darüber zu streiten. «
    Jack war Dylans Vater, der inzwischen seit fünfzehn, in jener Februarnacht also bereits seit fünf Jahren tot war.
    » Er hat sie erst an seinem Todestag in Empfang genommen «, sagte Proctor. » Wahrscheinlich haben Sie gar nichts davon mitbekommen. «
    » Wenn sie je existiert haben sollten, was ich bezweifle «, sagte Blair, » dann hat Jack sie vor seinem Tod vernichtet. «
    » Aber wenn sie doch existieren würden «, bedrängte Proctor sie, » würden Sie sie dann den glücklosen Investoren geben, die Geld verloren haben … «
    » Beschönigen Sie die Sache nicht. Sie haben sie um ihr Geld betrogen. Das waren Leute, die Jack vertraut haben und Ihnen auch – aber Sie haben sie geprellt. Sie haben Firmen für Projekte gegründet, die Sie überhaupt nicht verfolgen wollten, nur um das ganze Geld in Ihre dämliche Roboterforschung zu schleusen! «
    » Es geht um Nanobots, und dämlich ist das keineswegs. Nun ja, ich bin nicht stolz darauf, Leute hinters Licht zu führen, ich schäme mich sogar dafür, aber die Forschung über Nanomaschinen verlangt nun einmal wesentlich mehr Geld, als irgendjemand darin investieren will. Deshalb musste ich zusätzliche Geldquellen finden. Es gab … «
    » Wenn ich diese Disketten gehabt hätte, von denen Sie reden, hätte ich sie längst der Polizei übergeben «, sagte Dylans Mutter trotzig. » Daraus können Sie übrigens ersehen, dass Jack sie auch nie hatte. Hätte er diese als Beweismittel in Händen gehabt, dann hätte er sich nie umgebracht. Er hätte Hoffnung geschöpft und sich an die Behörden gewandt, um für die Investoren zu kämpfen. «
    Proctor nickte und lächelte. » Nicht die Sorte Mann, von der man erwartet hätte, dass er ein Schachtel Pillen schluckt und Auspuffgase schnüffelt, wie? «
    Von Gefühlen überwältigt, die schmerzlicher waren als Wut, verlor Blair O ’ Conners gerechte Empörung an Schwung.
    » Er war deprimiert, und zwar nicht nur wegen der eigenen Verluste. Er hatte das Gefühl, Menschen, die ihm vertraut haben, im Stich gelassen zu haben. Freunde, Verwandte. Deshalb war er so dermaßen niedergeschlagen, und … « Verspätet bemerkte sie die unheilvolle Andeutung, die in Proctors Frage mitgeschwungen hatte. Ihre Augen weiteten sich. » Was haben Sie da gesagt? «
    Aus seiner Lederjacke zog Proctor eine Pistole.
    Jilly fasste Dylan am Arm. » Was hat das zu bedeuten? «
    » Und wir dachten, ein Eindringling hätte sie getötet, ein Fremder «, sagte Dylan tonlos. » Irgendein Psychopath, der zufällig an unserem Haus

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