Kalt
von einem Gegenstand zum anderen gesprungen, und sie hatte es nicht zugelassen, dass ihr Gefühl die Kompassnadel ihrer Intuition lenkte. Sie musste sich entspannen, musste dieser seltsamen Gabe vertrauen und sich von ihr zeigen lassen, was sie wirklich zu fürchten hatte.
» Wo ist das ganze Eis? «
» Vergiss dein Eis. Wir brauchen kein Eis, Kleiner. Wir müssen weg von hier, verstanden? «
» Nichts als Eis. «
Unweigerlich wurde Jillys Aufmerksamkeit auf die Fenster gelenkt und auf den breiten Hinterhof, der jenseits davon lag. Der grüne Rasen, die Garage, die goldene Wiese hinter der Garage.
» Nichts als Eis. «
» Er ist total auf diese Sache mit dem Eis fixiert «, sagte Dylan.
» Dann bring ihn davon ab. «
» Nichts als Eis «, wiederholte Shepherd. » Wo ist das ganze Eis? «
» Du kennst Shep doch inzwischen. Man kann ihn nicht davon abbringen, bis er es will. So etwas saust ihm im Kopf herum wie ein Querschläger, und jetzt ist es offenbar noch schlimmer als gewöhnlich. «
» Schatz «, sagte Jilly, den Blick weiterhin ganz auf die Fenster gerichtet, » wir müssen jetzt hier weg. Wenn wir uns weggefaltet haben, können wir dir gern Eis besorgen. «
» Wo ist das ganze Eis? «
Dylan legte die Hand unter das gesenkte Kinn seines Bruders und hob dessen Kopf an. » Shep, das ist jetzt lebenswichtig. Du weißt doch, was ich damit sagen will, oder? Bestimmt weißt du es, Kleiner. Es ist lebenswichtig, dass wir uns hier wegfalten. «
» Wo ist das ganze Eis? «
Jilly sah, dass Shepherd sich weigerte, in Kontakt mit seinem Bruder zu treten. Hinter seinen geschlossenen Lidern zuckten die Augen unablässig hin und her.
Als Jilly ihre Aufmerksamkeit wieder dem Hinterhof zuwandte, hockte an der Nordwestecke der Garage auf einmal ein Mann. Er hatte ein Knie gebeugt und verbarg sich im Schat ten. Fast hätte sie ihn nicht gesehen, aber sie war sich sicher, dass er gerade eben noch nicht da gewesen war.
Ein zweiter Mann verließ geduckt den Schutz der Wiese und rannte zur Südwestecke der Garage.
» Sie sind da «, teilte sie Dylan mit.
Keiner der beiden Männer trug pastellfarbene Wüstenurlaubsmode, aber sie waren von derselben Sorte wie die falschen Golfer in Arizona. Sie waren groß, wirkten zielstrebig und zogen bestimmt nicht von Tür zu Tür, um die Erlösung durch Jesus zu predigen.
» Wo ist das ganze Eis? «
Was Jilly an den beiden am meisten Angst machte, waren die Kopfhörer, die sie trugen. Sie waren mit Mikrofonen an kurzen, gebogenen Armen ausgestattet. Dieser hohe Grad an Koordinationstechnik wies darauf hin, dass der angreifende Trupp aus mehr als zwei Männern bestehen musste und dass es sich nicht um gewöhnliche Gangster handelte, die ihren Opfern je nach Auftrag das Knie oder den Schädel zertrümmerten, sondern um eine gut organisierte Streitmacht.
» Wo ist das ganze Eis? «
Der zweite Mann hatte die offene Strecke zwischen Wiese und Garage inzwischen hinter sich gebracht und duckte sich nun hinter einen Busch an der Garagenwand.
Dass die beiden gut bewaffnet waren, hätte Jilly nicht anders erwartet, weshalb ihr die Waffen auch nicht so viel Angst machten wie die Kopfhörer. Es waren große Waffen, die irgendwie futuristisch aussahen. Wahrscheinlich nannte man so etwas Sturmgewehre. Jilly hatte nicht viel Ahnung von Feuerwaffen, weil ihr auf der Bühne ein solches Wissen selbst vor einem besonders aufsässigen Publikum kaum von Nutzen war, aber sie konnte sich vorstellen, dass diese Waffen eine phantastische Menge Schüsse abfeuern konnten, bevor man nachladen musste.
» Wo ist das ganze Eis? «
Sie und Dylan mussten Zeit gewinnen, bis sie Shepherd davon überzeugen konnten, dass er nur dann an Kuchen und Eis kam, wenn er sie alle drei an einen Ort faltete, wo es beides gab.
» Weg von den Fenstern «, sagte Jilly forsch, während sie von denen zum Hinterhof zurückwich. » Fenster sind … Fenster sind der Tod. «
» Aber in allen Zimmern sind doch Fenster «, sagte Dylan beklommen. » Viele Fenster. «
» Was ist mit dem Keller? «
» Den gibt es nicht. Wir sind hier in Kalifornien. Das Haus steht lediglich auf einer Betonplatte. «
» Wo ist das ganze Eis? «, fragte Shep.
» Sie wissen, dass wir hier sind «, sagte Jilly.
» Aber wie soll das möglich sein? «, sagte Dylan zweifelnd.
» Wir sind doch nicht vor aller Augen von draußen hereingekommen. «
» Vielleicht haben sie hier irgendwann mal ein paar Wanzen angebracht «, sagte Jilly. » Oder sie
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