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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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wäre womöglich ins Arbeitszimmer weitergekrochen, hätte Jilly nicht bäuchlings am unteren Ende der Treppe gelegen. Sie schob sich zurück, schnitt ihm den Weg ab, packte ihn am Hosenboden und lenkte ihn zu den Stufen.
    Wurden die Geschosse nicht von Möbeln aufgehalten oder sonst wie abgelenkt, drangen sie durch die offene Wohnzimmertür bis in den Flur vor. Außerdem schlugen sie in dessen Südwand, die gleichzeitig die Nordwand des Wohnzimmers darstellte. Manche der Geschosse wurden von der Barriere aus Holz und Gips aufgehalten, andere durchschlugen die Wand, ohne viel von ihrer tödlichen Gewalt zu verlieren.
    Eher vor Angst als vor Anstrengung schnaufend, lag Dylan am Boden und zog eine Grimasse, weil er den beißenden Geschmack von Kalkstaub auf der Zunge spürte. Als er den Kopf hob, sah er Dutzende von Löchern in der Wand. Manche wa ren nicht größer als eine Münze, einige jedoch so groß wie seine Faust.
    Auch aus dem Treppengeländer hatten die Kugeln größere und kleinere Splitter geschlagen, und Dylan sah, wie das Zerstörungswerk immer weiterging.
    Mehrere Geländerpfosten waren angeschlagen, zwei waren sogar total zertrümmert.
    Die Geschosse, die es durch die Wohnzimmerwand und das Geländer schafften, blieben schließlich in der Nordwand des Flurs stecken, die zur Wand der Treppe wurde. Hier verbrauchten die Projektile ihre letzte Energie und schufen im Putz ein Lochmuster, das an den Kugelfang eines Hinrichtungskommandos erinnerte.
    Selbst wenn Jilly und die Brüder O ’ Conner sich wie eine Truppe von Schlangenmenschen die Treppe hinaufwanden, konnten sie den Absatz nicht unversehrt erreichen. Vielleicht würde es einer von ihnen lebendig und heil schaffen, vielleicht sogar zwei, was allerdings schon ein unwiderlegbarer Beweis für die Existenz von Schutzengeln gewesen wäre. Ein dreifaches Wunder hingegen war so gut wie ausgeschlossen, sonst wären Wunder keine Wunder mehr gewesen, sondern Alltäglichkeiten. Kurz, bei dem Versuch, die Treppe zu erklimmen, wären Jilly, Shep oder Dylan selbst getötet oder schwer verwundet worden. Sie saßen in der Falle. Flach auf dem Boden liegend, atmeten sie röchelnd Kalkstaub ein, ohne Alternativen, ohne Hoffnung.
    Auf einmal ließ der Beschuss nach und hörte kurz darauf völlig auf.
    Nachdem die Killer die erste Phase des Angriffs in nicht mehr als zwei Minuten abgeschlossen hatten, zogen sie sich im Osten und Süden des Hauses zurück. Sie gingen in Deckung, um nichts ins Kreuzfeuer zu geraten.
    Gleichzeitig rannten mit Sicherheit andere Kunstschützen von Westen und Norden her auf das Haus zu. Phase zwei.
    Die Vordertür des Hauses befand sich unmittelbar hinter Dylan in der westlichen Wand, flankiert von Seitenfenstern aus Buntglas. Gleich neben der Treppenwand lag links von den drei Belagerten das Arbeitszimmer, und das besaß drei Fenster.
    Während der zweiten Phase würde der Flur von einem derartigen Kugelhagel durchlöchert werden, dass der bisherige Beschuss an ein Bombardement durch streitlustige Kinder erinnern würde.
    Spöttisch hatte der Tod den dreien eine Hand voll Sekunden gewährt, um sich zu retten. Er spreizte die Finger, damit die Zeit schneller verrann.
    Jilly musste blitzschnell dieselben Schlüsse gezogen haben; noch während das Echo der letzten Salve durchs Haus hallte, sprang sie nämlich gleichzeitig mit Dylan auf. Ohne auch nur ein Wort über strategische Fragen zu verlieren, bückten die beiden sich, packten Shep am Gürtel und zogen ihn gemeinsam auf die Beine.
    Mit der übermenschlichen Kraft jener Mütter, die es schafften, umgestürzte Autos von ihren eingeklemmten Babys zu hieven, zerrten sie Shep die Treppe hinauf. Mit den Füßen scharrte er polternd über die Stufen und landete gelegentlich sogar so mit ihnen darauf, dass er sein Gewicht selbst etwas trug, was seinen Helfern dann ein bisschen Erleichterung verschaffte.
    » Wo ist das ganze Eis? «, fragte Shep.
    » Oben «, sagte Jilly keuchend.
    » Wo ist das ganze Eis? «
    » Verflucht noch mal, Kleiner! «
    » Wir haben ’ s gleich geschafft «, sagte Jilly.
    » Wo ist das ganze Eis? «
    Der Treppenabsatz war dicht vor ihnen.
    Einer von Sheps Füßen verhakte sich unter einer der Stufen.
    Sie zerrten ihn darüber hinweg weiter nach oben.
    » Wo ist das ganze Eis? «
    Eine donnernde Salve ließ die Buntglasfenster zerspringen, und viele beinharte Knöchel klopften grimmig an die Haustür, als begehrte eine Horde mit Todesurteilen ausgestatteter Dämonen wild

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