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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ihr Erinnerungen aufgezwungen hatte, die nicht zu einer Jubiläumsfeier passten.
    Er wusste jedoch, weshalb er so hart zugeschlagen hatte. Er musste sich legitimieren, bevor er ihr Ben Tanner vorstellte; er musste dafür sorgen, dass Lynette und der Alte sofort Kontakt zueinander fanden. Nur dann war Dylans Aufgabe beendet, und er konnte sich auf schnellstem Wege davonmachen.
    Tanner hatte sich bisher zurückgehalten, war jedoch nah genug gewesen, um hören zu können, dass der Traum, seine Tochter wiederzusehen, in diesem Leben keine Erfüllung finden konnte. Stattdessen hatte ihn ganz unvermutet ein anderes Wunder überrascht. Er hatte seinen Stetson abgenommen und drehte ihn nervös in den Händen, während er näher kam.
    Als Dylan sah, dass die Beine des alten Mannes gefährlich zitterten, zog er einen der beiden leeren Stühle am Tisch hervor. Tanner legte den Hut beiseite und setzte sich.
    » Lynette «, sagte Dylan dann, » während Ihre Mutter gehofft hat, eines Tages ihre richtigen Eltern zu finden, haben die auch nach ihr gesucht. Das hier ist Ihr Großvater – der Vater Ihrer Mutter, Ben Tanner. «
    Verwundert starrten der alte Mann und die junge Frau sich mit den gleichen azurblauen Augen an.
    Lynette war sprachlos vor Erstaunen, Ben Tanner dagegen legte ein Foto auf den Tisch, das er offenbar schon beim Warten aus seiner Brieftasche gezogen hatte. Er schob es seiner Enkeltochter zu. » Das ist meine Emily, deine Großmutter, als sie fast so jung war wie du. Es bricht mir das Herz, dass sie nicht mehr erfahren kann, wie ähnlich du ihr siehst. «
    » Tom «, sagte Dylan zu Lynettes Mann, » da ist ja fast kein Wein mehr in der Flasche. Zum Feiern brauchen wir aber noch eine, und die würde ich gern zahlen, wenn es Ihnen recht ist. «
    Völlig verwirrt, was da geschah, nickte Tom. » Ja, klar «, sagte er und lächelte unsicher. » Sehr nett von Ihnen. «
    » Bin gleich zurück «, sagte Dylan, allerdings ohne die Absicht zu hegen, dieses Versprechen auch einzuhalten.
    Er ging zum Eingang, wo die Kassiererin gerade einen scheidenden Gast abfertigte, einen rotgesichtigen Mann, dessen Schlagseite darauf hinwies, dass er hier mehr flüssige als feste Nahrung zu sich genommen hatte.
    » Zu essen gibt es jetzt nichts mehr, das weiß ich schon «, sagte Dylan, » aber kann ich den beiden da drüben noch eine Flasche Wein spendieren? «
    » Gern. Die Küche ist zwar schon geschlossen, aber die Bar hat noch zwei Stunden auf. «
    Die Kassiererin wusste, was das Paar bestellt hatte, einen preiswerten Merlot. Dylan addierte ein angemessenes Trinkgeld und bezahlte in bar.
    Als er zu dem Ecktisch zurückspähte, unterhielten Tom, Lynette und Ben sich angeregt. Gut. Die würden ihn nicht gehen sehen.
    Dylan stieß mit der Schulter die Tür auf, trat hinaus und sah, dass Jilly seiner Bitte nachgekommen war. Sein Wagen stand an der vereinbarten Stelle am Straßenrand.
    Während er schräg darauf zuging, traf er auf den rotgesichtigen Mann, der das Restaurant vor ihm verlassen hatte. Offenbar hatte der Bursche Schwierigkeiten, sich daran zu erinnern, wo er seinen Wagen geparkt hatte. Vielleicht wusste er nicht einmal mehr, mit welchem Wagen er gekommen war. Dann richtete er den Blick auf eine silberne Corvette und peilte sie mit hochgezogenen Schultern und gesenktem Kopf wie ein Stier an, der den roten Umhang des Matadors im Visier hatte. Allerdings griff er weder so schnell noch so zielstrebig wie ein Stier an, sondern taumelte von links nach rechts und von rechts nach links wie ein kreuzendes Segelschiff. Dabei grölte er eine verwaschene und unzusammenhängende Version vo n » Yesterday «, dem alten Beatles-Hit.
    Nachdem der Betrunkene länger in den Taschen seines Jacketts gefummelt hatte, fand er schließlich seine Autoschlüssel, ließ beim Herausziehen jedoch ein Bündel Geldscheine fallen. Ohne auf den Schatz auf dem Asphalt zu achten, schwankte er weiter.
    » He, Sie haben da was verloren «, rief Dylan. » He, Freund, das werden Sie irgendwann vermissen! «
    Von der melancholischen Stimmung von » Yesterday « angesteckt, sang der Mann gefühlsduselig von dem vielen Trouble, den er offenbar selbst hatte. Auf Dylan reagierte er in keiner Weise, sondern ging im Zickzack einfach weiter auf die Corvette zu. Den glücklich wiedergefundenen Schlüsselbund hielt er auf Armeslänge vor sich her wie eine Wünschelrute, ohne deren Hilfe er die letzten drei Meter bis zu seinem Wagen unmöglich geschafft hätte.
    Als

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