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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Dylan das Geldbündel aufhob, spürte er, wie eine kalte, schlüpfrige Schlange sich in seiner Hand krümmte, er roch eine ranzige Gier und hörte das Summen wütender Wespen. Sofort war ihm klar, dass der betrunkene Narr, der auf die Corvette zuschwankte – Lucas hieß er, Lucas Croaker oder Crocker – verachtenswerter als ein Trinker war und übler als ein bloßer Narr.

21
    Selbst so besoffen, wie er dahertaumelte, konnte dieser Lucas Crocker einem Angst machen. Trotzdem warf Dylan das mit widerwärtiger Energie gesättigte Geldbündel weg und stürzte sich ohne Vorwarnung von hinten auf ihn.
    In seinem geräumigen Jackett und seiner schlabberigen Hose sah Crocker schlaff und träge aus, war aber in Wirklichkeit so kräftig gebaut wie ein Whiskeyfass. Nicht anders roch er auch. Als Dylan ihn rücksichtslos ansprang, krachte der Mann so hart an die Corvette, dass der Wagen ins Schaukeln kam, und sabberte ein letztes Beatles-Wort an die Scheibe, während er mit dem Gesicht das Fenster der Fahrertür einschlug.
    Die meisten Leute wären umgekippt und liegen geblieben, Crocker jedoch brüllte zornig auf und wehrte sich mit einer solchen Urgewalt, als hätte ihn der Zusammenprall mit seinem Sportwagen förmlich erfrischt. Seine Arme zuckten vor und zurück, er rammte Dylan die Ellbogen in den Leib, schüttelte sich, bockte und ließ die muskulösen Schultern wie ein Stier kreisen, der beim Rodeo ein Fliegengewicht abwarf.
    Dylan war zwar alles andere als ein Fliegengewicht, aber abgeworfen wurde er trotzdem. Er taumelte zurück, wäre dabei fast gestürzt, blieb jedoch auf den Beinen und wünschte sich den Baseballschläger zurück.
    Mit gebrochener Nase und einem verzerrten Grinsen auf der blutigen Visage drehte Crocker sich mit teuflischem Entzücken nach seinem Gegner um. Offenbar freute er sich schon darauf, die Zähne ausgeschlagen zu bekommen und noch mehr zu leiden, weil das genau die Unterhaltung war, die ihm am liebsten war. Er ging zum Angriff über.
    Die beiden Vorteile, die Dylan für sich verbuchen konnte, seine Größe und seine Nüchternheit, hätten womöglich nicht ausgereicht, aber kombiniert mit roher Wut blieben sie doch nicht ohne Wirkung. Als Crocker mit betrunkener Begeisterung auf ihn zustürmte, lockte er ihn mit einer angetäuschten Geste an, wich – fast zu spät – zur Seite aus und trat ihm dann ans Knie.
    Crocker fiel der Länge nach zu Boden, schlug mit der Stirn auf dem Pflaster auf und fand es offenkundig weniger nachgiebig als ein Autofenster. Sein Kampfgeist schien allerdings nicht so zerbrechlich wie seine Visage zu sein. Sofort erhob er sich auf Hände und Knie.
    Der Mut, den Dylan schöpfte, kam von dem ungestümen Zorn, den er zum ersten Mal beim Anblick des verprügelten und ans Bett gefesselten Jungen verspürt hatte. Die Welt war voller Opfer, und es gab viel zu wenige, die sie verteidigten. Die scheußlichen Bilder, die bei der Berührung des Geldbündels in Dylan aufgetaucht waren, zuckten ihm noch immer wie zerstörerische radioaktive Partikel durchs Hirn. Sie zeigten ihm, wie verworfen und grausam Lucas Crocker war, und der gerechte Zorn, der Dylan überschwemmte, riss alle Ängste um das eigene Wohlergehen mit sich.
    Für einen Maler idyllischer Naturszenen, für einen Künstler mit friedvollem Herzen war er zu einem bemerkenswert bösartigen Tritt fähig, den er jetzt auch mit der Präzision eines Mafiakillers ausführte. Er ließ einen zweiten folgen. Obwohl ihn seine Brutalität anwiderte, gab er sich ihr ohne jede Hemmung hin.
    Als Crackers zerbrochene Rippen die Stichfestigkeit seiner Lunge auf die Probe stellten, als seine zertrümmerten Finger zu schlaffen Würsten wurden und als seine rasch anschwellenden Lippen sein wütendes Grinsen ins dämliche Lächeln einer Stoffpuppe verwandelten, hatte er sich vorläufig wohl genügend ausgetobt. Er gab es auf, sich aufrichten zu wollen, fie l a uf die Seite, drehte sich auf den Rücken und blieb keuchend und stöhnend liegen.
    Schwer atmend, aber unversehrt sah Dylan sich um. Er war mit Crocker allein auf dem Parkplatz. Auch auf der Straße war während der Auseinandersetzung kein Auto vorbeigekommen, da war er sich ziemlich sicher. Kein Mensch hatte etwas gesehen.
    Viel länger würde ihm das Glück nicht hold sein.
    Auf dem Asphalt glänzte, nicht weit von der Corvette entfernt, der Schlüsselbund. Dylan konfiszierte ihn.
    Als er zu seinem blutüberströmten, japsenden Gegner zurückging, sah er ein Handy an dessen

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