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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sich an ihren Begleiter. » Was soll das, Tom? «
    Der angesprochene Tom zuckte die Achseln. » Da will uns jemand einen Streich spielen, aber ich hab mir den nicht ausgedacht, ganz ehrlich. «
    Die Frau sah Dylan prüfend in die Augen. » Dead Man ’ s Trail ist eine Nebenstraße durch die Wüste zwischen hier und San Simon. Da gibt ’ s bloß Sand und plattgewalzte Klapperschlangen. Dort haben Tom und ich uns zum ersten Mal gesehen. «
    » Lynette hat gerade den Reifen gewechselt, als ich vorbeigekommen bin «, sagte Tom. » Ich hab ihr geholfen, die Muttern festzuziehen. Bevor ich wusste, was los ist, hat sie mich irgendwie verhext, und schon hab ich ihr einen Heiratsantrag gemacht. «
    » Verhext hab ich dich schon «, sagte Lynette mit liebevollem Grinsen, » aber der Zauberspruch ist gründlich danebengegangen. Eigentlich solltest du dich in eine Kröte verwandeln und schleunigst davonhüpfen. Stattdessen sitzt du jetzt hier vor mir. Ich muss eben noch fleißig üben. «
    Auf dem Tisch sah Dylan zwei kleine, noch unausgepackte Geschenke und eine Flasche Wein. Offenbar war es ein besonderer Tag. Lynettes einfaches Kleid sah nicht gerade teuer aus, aber die Sorgfalt, mit der sie sich zurechtgemacht hatte, ließ darauf schließen, dass es ihr bestes war. Auch der alternde Pontiac auf dem Parkplatz wies darauf hin, dass ein so schicker Abend ein seltenes Vergnügen für die beiden war.
    » Hochzeitstag? «, fragte Dylan, wobei er sich eher auf seine Kombinationsgabe als auf Hellseherei verließ.
    » Als ob Sie ’ s nicht schon wüssten «, sagte Lynette. » Unser dritter. Also, wer hat Sie geschickt, und was kommt jetzt noch auf uns zu? «
    Ihr Lächeln gefror, als Dylan kurz den Stiel ihres Weinglases berührte, um sich wieder mit ihrem psychischen Abdruck vertraut zu machen.
    Und abermals spürte er die ganz spezielle Energie, die sich auf der Beifahrertür des Pontiacs befunden hatte, und wieder stellte sich, begleitet vom Rumpeln zusammenstoßender Eisenbahnwaggons, eine Verbindung ein. » Ich glaube, Ihre Mutter hat Ihnen erzählt, dass sie ein Adoptivkind war, hat Ihnen alles erzählt, was sie wusste. «
    Bei der Erwähnung ihrer Mutter schmolz das Lächeln von Lynette dahin. » Ja «, sagte sie.
    » Aber das war nicht mehr als das, was ihre Adoptiveltern wussten – dass sie von irgendwoher in Wyoming stammte. «
    » Wyoming. Das stimmt. «
    » Sie hat versucht, ihre echten Eltern zu finden «, fuhr Dylan fort, » aber sie hatte weder genug Geld noch Zeit, um dranzubleiben. «
    » Sie kannten meine Mutter? «
    Stellte man in einer Schale Wasser eine dicke Zuckerlösung her und hängte über Nacht eine Schnur hinein, so sah man am Morgen, dass sich an dieser Schnur Zuckerkristalle gebildet hatten. Offenbar hatte Dylan in einen Teich aus psychischer Energie eine lange mentale Schnur gehängt, an der die Fakten von Lynettes Leben viel schneller kristallisierten als Zucker, der sich von Wasser schied.
    » Vor zwei Jahren ist sie gestorben, im August «, sagte Dylan.
    » Am Ende war der Krebs stärker als sie «, bestätigte Tom.
    » Mit achtundvierzig ist man eigentlich zu jung zum Sterben «, sagte Lynette.
    Obwohl es ihm widerstrebte, weiter ungebeten ins Herz der jungen Frau vorzudringen, konnte Dylan sich nicht bezähmen. Er spürte ihren scharfen Schmerz über den Verlust ihrer geliebten Mutter, und er las ihre Geheimnisse, die sich eines nach dem anderen an seiner mentalen Schnur kristallisierten.
    » In der Nacht, in der Ihre Mutter gestorben ist, hat sie zwei Dinge zu Ihnen gesagt. Das erste war: › Lynnie, irgendwann solltest du nach deinen Wurzeln suchen. Bring zu Ende, was ic h a ngefangen habe. Wir können uns besser vorstellen, wohin wir gehen sollen, wenn wir wissen, woher wir gekommen sind. ‹«
    Sichtlich verblüfft, dass Dylan offenbar die genauen Worte ihrer Mutter kannte, wollte Lynette aufstehen, setzte sich jedoch gleich wieder und griff nach ihrem Weinglas. Dann schien ihr einzufallen, dass Dylan ja zuvor den Stiel berührt hatte, und ließ es stehen. » Wer … wer sind Sie? «
    » Damals im Krankenhaus, in der Nacht, in der sie starb, hat sie als Letztes zu ihnen gesagt: › Lynnie, hoffentlich nimmt man ’ s mir da, wo ich jetzt hingehe, nicht übel, aber so sehr ich Gott liebe, dich liebe ich mehr. ‹«
    Mit diesen Worten schwang Dylan einen emotionalen Vorschlaghammer. Als er Lynettes Tränen sah, war er über sich selbst entsetzt, dass er ihre fröhliche Stimmung zerstört und

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