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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Gürtel.
    In Crockers Kochschinkenvisage lauerten hinterlistige Schweinsäuglein auf eine Gelegenheit.
    » Geben Sie mir Ihr Handy «, befahl Dylan.
    Weil Crocker nicht sofort reagierte, trat Dylan ihm auf die gebrochene Hand und presste die geschwollenen Finger mit der Sohle auf den Asphalt.
    Fluchend zog Crocker mit seiner anderen, noch unverletzten Hand das Telefon vom Gürtel. Als er es Dylan hinstreckte, waren seine Augen feucht vor Schmerz, wirkten aber noch genauso hinterlistig wie zuvor.
    » Lassen Sie ’ s über das Pflaster schlittern «, sagte Dylan. » Da drüben hin. «
    Als Crocker diesmal gleich gehorchte, nahm Dylan den Fuß von dessen verletzter Hand, um ihm noch mehr Schaden zu ersparen.
    Kreiselnd blieb das Handy dicht neben dem Geldbündel liegen. Dylan ging hin und hob es auf, ohne das Geld anzurühren.
    » Rauben Sie mich denn nicht aus? «, stammelte Crocker. Die Worte waren so breiig wie seine zerschlagenen Lippen und wurden von ausgespuckten Zähnen oder Splittern von Fensterglas begleitet.
    » Das Einzige, was ich Ihnen raube, sind eine Menge Ferngespräche. Ihr Geld können Sie gern behalten, aber die nächste Telefonrechnung wird gesalzen. «
    Crocker, den der Schmerz offenbar ausgenüchtert hatte, riss fassungslos die Augen auf. » Wer sind Sie? «
    » Heute Abend stellt mir jeder dieselbe Frage. Ich glaube, ich muss mir allmählich ’ nen klangvollen Namen ausdenken. «
    Jilly stand am Straßenrand neben dem Ford und schien die Szene zu beobachten. Hätte sie gesehen, dass Dylan eins übergebraten bekam, dann wäre sie ihm vielleicht mit einer Dose Insektenvertilgungsmittel oder Sprühkäse zu Hilfe geeilt.
    Während er auf seinen Wagen zueilte, warf Dylan einen Blick zurück, aber Lucas Crocker versuchte erst gar nicht, wieder auf die Beine zu kommen. Vielleicht war er auch ohnmächtig geworden, oder er betrachtete die Fledermäuse, die sich gierig an den Motten im Laternenlicht mästeten. Dieses Schauspiel musste ihm gefallen, er fand es womöglich sogar anregend.
    Als Dylan den Expedition erreichte, saß Jilly bereits auf dem Beifahrersitz. Er stieg ein und zog die Tür zu.
    Jillys psychische Spur auf dem Lenkrad fühlte sich so angenehm an wie warmes, mit heilendem Salz versetztes Wasser, in das man die von der Arbeit wunden Hände tauchen konnte. Dann nahm er ihre Beklommenheit wie ein unter Spannung stehendes Stromkabel wahr, das in sein warmes Handbad gefallen war. Mit einem Willensakt blendete er alle Vibrationen, ob angenehm oder unangenehm, einfach aus.
    » Verdammt, was sollte das eigentlich werden? «, wollte Jilly wissen.
    Dylan reichte ihr das Handy. » Ruf die Polizei an. «
    » Ich dachte, die wollen wir nicht. «
    » Jetzt schon. «
    Auf der Straße hinter ihnen tauchten Scheinwerfer auf. Ein langsam fahrender Geländewagen. Vielleicht derselbe, de r s chon zuvor weit unterhalb des Tempolimits vorbeigeschaukelt war, vielleicht auch nicht. Dylan beobachtete ihn beim Vorbeifahren. Offenbar hatte der Fahrer kein Interesse an ihnen. Ein echter Profi wusste sein Interesse allerdings auch zu verbergen.
    Auf dem Rücksitz las Shepherd wieder in Große Erwartungen. Er sah erstaunlich ruhig aus.
    Das Restaurant stand unmittelbar am Highway 70, der Straße, auf die Dylan wollte. Er fuhr nach Nordwesten.
    Jilly hatte eine Nummer gewählt und lauschte. » Offenbar ist der Ort hier zu klein für einen zentralen Notruf. « Sie tippte die Nummer der Auskunft ein, ließ sich die Polizei geben und reichte Dylan das Handy zurück.
    Kurz und knapp berichtete er der Polizistin, die sich meldete, von Lucas Crocker, der halb betrunken und ganz vermöbelt auf dem Restaurantparkplatz auf einen Krankenwagen warte.
    » Ihr Name, bitte? «, sagte die Stimme im Telefon.
    » Ist nicht von Belang. «
    » Ich bin verpflichtet, Sie nach Ihrem Namen zu fragen … «
    » Was Sie hiermit getan haben. «
    » Sir, wenn Sie Zeuge eines Überfalls waren … «
    » Ich habe den Überfall begangen «, sagte Dylan.
    Hier im schläfrigen Herzen der Wüste nahm der polizeiliche Alltag offenbar nur selten eine überraschende Wendung. So erschöpfte sich die Reaktion von Dylans verblüffter Gesprächspartnerin darauf, seinen Satz als Frage zu wiederholen.
    » Sie haben den Überfall begangen? «
    » Ja, Ma ’ am. Also, wenn Sie den Krankenwagen losschicken, schicken Sie lieber auch einen Streifenwagen. «
    » Werden Sie dort warten? «
    » Nein, Ma ’ am. Aber noch heute Nacht werden Sie Crocker verhaften.

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