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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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satisfaktionsfähig ist.
    Zum Glück legt Tobi schnell die Füße auf den Emmanuelle-l-bis-4-Sitz, bevor weitere Irritationen durch Falschbesetzungen entstehen. Ich bringe mich in begueme Kipp-Position und eröffne endlich die zweite Hälfte des Tages mit einem großen Schluck.
    »Warum kommen jetzt auf einmal Blitze aus dem Toaster, wenn ich den Hebel runterdrücke?«
    »Keine Ahnung. Sag mal Hendrik Bescheid, wenn er nachher kommt.«
    Ein Glück, dass wir uns schon seit jeher bei der Biersorte einig sind. Becks, Jever und Co. haben hier ebenso Hausverbot wie Kindl und die anderen Alt-Berliner Traditionsbrühen. Seit die Zapfanlage hier steht, ist noch nie etwas anderes als Augustiner ausgeschenkt worden.
    Dass unsere Küche dauernd als Kneipe missbraucht wird, geht mir zwar oft genug auf den Senkel, aber im Moment genieße ich es. Die Stimmen beginnen sich zu einem angenehmen Hintergrund-Teppich zu verbinden, ich höre den intensiven Fachgesprächen über unsere Wohnsituation und das bevorstehende Nord-Derby zu, und selbst das GROOOOOOOOOOOOOH!!! des Presslufthammers klingt in dieser Atmosphäre irgendwie friedlich.
    »Tja, ne, der Wohlgemuth.«
    »Der macht jetzt Nägel mit Köpfen.«
    »Tobi, mach den Toaster aus. Da schmurgelt was.«
    »Solltet ihr mal mit Francesco klären, ob man da nicht was machen kann gegen Wohlgemuth. Also juristisch und so.«
    »Ja, sollten wir mal machen.«
    »Mein Gott, schaut mal, was mit meinem Toast passiert ist!«
    »Der macht jetzt keine Gefangenen mehr, der Wohlgemuth.«
    »Der wills jetzt wirklich wissen, ne.«
    »Van der Vaart trifft nicht mehr.«
    »Grasgrün als Akzentfarbe wäre auch gegangen. Aber auf jeden Fall harte Kontraste. Das ist das A und O.«
    »Tobi, zieh den Stecker raus, bevor du in den Toaster langst!«
    Amelie ist von der Tür zurückgekommen. Sie steuert auf mich zu. Ich muss wirklich mal mit Tobi über sie reden, denke ich, während ich versuche, meinen in die Höhe geschossenen Puls mit einem weiteren kräftigen Schluck Bier unter Kontrolle zu bringen.
    »Hallo, Krach.«
    Nein, sie will nicht über das nächste Neue-Freundin-für-Tobi-Projekt sprechen. Es geht um mich. Das sehe ich an ihrem Gesicht. Ich muss irgendwie den Eindruck erweckt haben, dass ich Fürsorge brauche. Oder ist das tatsächlich ein Zeichen von…? He, ich muss was sagen.
    »Hallo, A… Am…«
    KRACHBUMM!!!
    Mein Herz? Die Küchen-Kneipe schweigt auf einmal, und Amelie hat sich erschrocken umgedreht. Nein, es muss doch von außen gekommen sein. Dennoch, ich würde jetzt ungern den Gesprächsfaden verlieren. Ich lächle sie an.
    »Hallo, Am…«
    »Krach! Komm schnell. Du musst dir dein Zimmer angucken.«
    Manno. Ja, ich komm schon… und ja, es ist ein verheerender Anblick, wie hier der Baustaub aus meiner Tür guillt, und ja, wenn man durch ihn hindurchspäht, kann man schemenhaft die Trümmer der halben Wand auf meiner Matratze verteilt liegen sehen und dass die Staubwolke gerade die andere Wand erreicht und sich gnädig in dicken Schichten auf meinem Bücherregal, meinem Schreibtisch und meiner Kleiderstange niederlässt, und ja, man könnte schon auf die Idee kommen, ein wenig die Fassung zu verlieren. Aber ich habe zum Glück schon Erfahrung mit solchen Situationen und weiß genau, was zu tun ist.
    »HNNJAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAARGHHH!!!«
    »Chef, da wohnt noch Leut!«
    Na also. Der Presslufthammer ist wieder aus. Nur der osteuropäische Akzent war diesmal ein anderer. Egal. Wo ist Amelie?
    Gonzo zieht an meinem Ärmel.
    »Das lassen wir uns nicht gefallen! Komm, Krach, wir gehen rüber! Tobi, komm auch mit!«
    Ich weiß nicht, zu was das führen soll, aber das unruhige Flackern in Gonzos Augen gefällt mir gar nicht. Tobi und ich trotten mit unbehaglichem Gefühl im Magen hinter ihm her, während sich hinter uns das Küchen-Kneipenleben wieder normalisiert, als wäre nichts gewesen.
    Eigentlich hätten wir auch durch das Loch in meiner Wand steigen können, aber aus alter Gewohnheit nehmen wir, wie immer, die Wohnungstür. Das ist leider nicht so gut, denn auf dem Treppenabsatz rennt Gonzo in Herrn Wohlgemuth. Gefährliche Situation. Francesco hat uns immer wieder eingebläut, dass egal, was auch passiert, keiner von uns Herrn Wohlgemuth verhauen soll. Vermieter Verhauen ist nämlich ein 1A-Kündigungsgrund. Unsere bisherigen Gespräche mit Herrn Wohlgemuth gestalteten sich deswegen meistens so: Zwei von uns hielten Gonzo fest, während die anderen beiden das Reden übernommen

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