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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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bedeckte. »Nur eine Vermutung.«
    Dr. Salm leerte sein Glas in einem Zug. »Eine Vermutung hilft uns nicht weiter.«
    »Ja, aber seien wir doch mal ehrlich.« Gesing warf einen Blick in die Runde. »Wenn er unschuldig ist, gibt es für Amiel Gökcan doch überhaupt keinen Grund unterzutauchen.«
    »Ja, aber seien wir doch mal ehrlich«, wiederholte der Dezernatsleiter und fuhr einige Sekunden mit der Zunge zwischen den Zähnen umher. »Es wird keinen Richter geben, der Ihnen diese tolle Argumentation abkauft.«
    »Äh?«, machte Gesing.
    »Werner!« Sera schlug grimmig die Arme übereinander. »Was Herr Dr. Salm damit sagen möchte, ist, dass wir uns zwar alle darüber einig sind, dass Amiel Gökcan versucht hat, seine Ehefrau Adile zu ermorden, er aber straffrei bleiben wird, wenn wir keine eindeutigen Beweise gegen ihn in der Hand haben. Und das wäre ganz bestimmt nicht«, sie räusperte sich, zögerte, konnte dann aber nicht widerstehen, »im Sinne des Innensenators.«
    »Genau!« Der Dezernatsleiter hob die Hände, als wollte er applaudieren.
    Sera stach auf den Quarkkuchen ein. Genau! Es war nicht nur die stickige Hitze, die ihr zunehmend aufs Gemüt schlug.
    »Aber es gibt einen Zeugen.« Blundermann rieb sich das unrasierte Kinn. »Ein gewisser Sui Chun Zaoming, ein Nachbar. Allerdings … ist er sich nicht ganz sicher.«
    »Wie soll uns dann dieser Zeuge helfen?«, wetterte Dr. Salm.
    »Herr Zaoming hat einen schwarzen BMW gesehen, mit dem der Täter geflüchtet ist, und genau so ein Modell ist auf Amiel Gökcan zugelassen.«
    »Ist das Ihr Ernst?« Der Dezernatsleiter verschluckte sich und würgte. Dann lief er rot an. »Jeder dritte Türke in Berlin, der etwas auf sich hält, fährt einen schwarzen BMW.« Er hustete einige Male lautstark. »Und ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie mir damit durch die Blume sagen möchten, dass der Zeuge das Nummernschild nicht erkannt hat?«
    Blundermann zog es vor zu schweigen.
    »Das ist also alles?«, polterte der Chef. »Ein Zeuge, der weder Täter noch Fluchtfahrzeug eindeutig identifizieren kann, aber einen schwarzen BMW gesehen hat? Und weil Gökcan einen schwarzen BMW fährt, ist er der Täter? Damit lacht uns doch jeder Richter aus. Frau Dr. Bodde, haben wenigstens Sie irgendetwas, das uns weiterhilft?«
    Die LKA-Beamtin entledigte sich ihres Jacketts, unter dem sie nur ein T-Shirt trug. Sie hatte dichtes, schwarzes Haar, das ihr zu beiden Seiten auf die Schultern fiel. In ihrer Jeans und den Sportschuhen hätte man sie nicht für die Leiterin einer kriminaltechnischen Abteilung gehalten.
    »Nicht viel«, gestand sie und entnahm ihrer Tasche einige Fotos, die sie auffächerte und vor ihrem Gesicht schwenkte. »Das wenige, was wir vorfanden, das Messer, das Blut, beides ermöglicht uns, den Tathergang so nachzuvollziehen, wie er von Ihrem Zeugen geschildert wurde.« Sie breitete die Bilder nun vor sich auf dem Tisch aus und drehte sie, damit jeder der Umsitzenden einen Blick darauf werfen konnte. »Was aber direkt verwertbare Spuren betrifft, zum Beispiel Fingerabdrücke am Messer, Schuhspuren auf dem Bürgersteig – tut mir leid. Das schlechte Wetter, der Regen, die Pfütze, in der das Messer gelandet ist, hat nahezu alles zerstört.«
    »Na toll«, prustete der Chef verärgert.
    »Ich sagte: nahezu . Denn am Messer haben wir eine DNA-Spur sicherstellen können. Die Auswertung läuft. Das Ergebnis dürfte innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden …« Dr. Bodde hielt mitten im Satz inne, weil es klopfte.
    Ein leicht ergrauter Schädel erschien zwischen Tür und Angel.
    »Paul!«, rief Rita erfreut.
    »Kalkbrenner!«, donnerte Dr. Salm. »Wieder genesen?«
    »Darüber möchte ich mit Ihnen reden.«
    Der Chef verzog das Gesicht. »Dann müssen Sie warten. Sie sehen ja, dass wir beschäftigt sind.«
    Kalkbrenner, selbst Kriminalhauptkommissar, allerdings zurzeit außer Dienst, schloss die Tür, um sie gleich darauf wieder zu öffnen. »Habt ihr das von der Entführung gehört?«
    »Kalkbrenner, bitte.« Dr. Salm brauste auf. »Können wir das nicht später …«
    »Es läuft in den Nachrichten rauf und runter. Offenbar ist sogar ein Film im Internet aufgetaucht.«
    »Was denn für ein Film?« Schlimmes befürchtend sank der Dezernatsleiter auf seinem Stuhl zurück. »Und wer zum Geier ist entführt worden?«

28
    Robert fand sich in einer Ansammlung hässlicher Ikea-Kollektionen wieder, die durchdrungen waren von Zigarettenqualm und Bierdunst. Auf

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