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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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Argumente aus. Immer und immer wieder. Es ist unvorstellbar. Sie sagen immer wieder dasselbe. Wenn sie freundlich sein wollen, dann ringen sie sich mal zu einer anderen Formulierung durch. Aber in der Sache sagen sie nie, nie, niemals etwas anderes. Und am Schluss gewinnt, wer länger durchhält.«
    »Klingt echt spannend.«
    »Spannend für die Blase. Noch eine Minute länger, und sie hätten mich von den Wänden kratzen müssen. Irre. Ich weiß gar nicht, wie die Alte das aushält. Falls ich mich mal für ihre Nachfolge bewerbe, werd ich mir zuerst eine Elefantenblase implantieren lassen.«
    »Dann kennst du ja jetzt das Geheimnis, wie sie’s zur Kanzlerin gebracht hat.«
    »Ja, wahrscheinlich. Ich muss mal mit meinem Chirurgen reden.«
    »Und jetzt? Bist du im Hotel?«
    »Ja. Ich sitze auf der Toilette. Entschuldige. Aber ich hab’s einfach nicht mehr ausgehalten.«
    »Mich anzurufen?«
    »Das auch. Meine Füße bringen mich um. Die Pumps waren mörderisch. Irgendwo zwischen den Blasen müssen meine Zehen sein. Und wenn mein Bauch wieder kleiner ist, kann ich sie vielleicht sogar sehen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie gut das tut, nur mal auf dem stillen Örtchen zu sitzen. Die sollten hier ein Schild anbringen: Wellness-Oase. Jetzt lege ich mich dann gleich noch für ein paar Minuten in die Badewanne, damit ich meine Rückenschmerzen wieder in den Griff bekomme, und dann geht’s ins Bett.«
    »Na, dann erhol dich, Natti. Und schlaf gut.«
    »Du auch, Schatz.« Sie schickte ihm ein Küsschen durchs Telefon. »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.« Dann hatte er aufgelegt. Und sie erschrak, weil sie bemerkte, dass sie ihn überhaupt nicht nach seinem Tag gefragt hatte. Spontan verspürte sie den Impuls, gleich noch einmal anzurufen. Doch dann verwarf sie den Gedanken. Besser wäre es, beim nächsten Mal dran zu denken.
    Sie nahm ein Bad, genoss das warme Wasser, wickelte sich in den flauschigen Hotelbademantel, wand sich ein Handtuch um das feuchte Haar und legte sich aufs Bett. Zuerst blieb sie an einem Nachrichtensender hängen. Französisch. Obwohl sie wenig verstand, war sie gefesselt, bis sie sich losriss, weil sie kein Nachrichtenjunkie sein wollte wie so viele in diesem Gewerbe. Zappte weiter. Blieb an einem widerlichen Erwachsenenfilm hängen. Auch Französisch. Und anderes. Stellte fest, dass sie auch das nicht brauchte. Machte den Fernseher aus. Und dachte an David Berg, dessen Zimmer neben ihrem lag.
    *
    Sie hastete durch die Nacht. Am Fluss entlang über die Museumsinsel. Schnee und Eis peitschten ihr ins Gesicht. Von fern hörte sie noch das Lachen des Mannes, der auf der Treppe der Alten Nationalgalerie stand. Der Lustgarten war menschenleer, zu ihrer Linken ragte der Dom auf, schwarz und riesig. Sie stolperte darauf zu, keuchte, rang nach Luft. Aus dem Nichts tauchte eine Gestalt auf, die in einen weiten Mantel gehüllt war und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte. »Prinzessin«, hallte eine Stimme, die so unbestimmt war, dass Natascha nicht wusste, ob es ein Mann war oder eine Frau. Sie schrie auf und lief noch schneller. Versuchte, noch schneller zu laufen. Doch unter ihren Füßen war Eis, und sie bewegte sich auf der Stelle. Du wirst stürzen, fuhr es ihr durch den Kopf. Niemand kann auf Eis mit bloßen Füßen laufen, ohne zu fallen. Mit bloßen Füßen … Jetzt erst bemerkte sie, dass sie barfuß war. Obwohl ihr das nichts ausmachte, ja es war, als spürte sie ihre Füße nicht mehr. »Das sind die Konferenzen«, zischte Steiner. Sie wandte sich um, doch er war schon wieder weg. Der Dom! Endlich hatte sie ihn erreicht, warf sich gegen die Pforte – doch die Tür war zugesperrt. »Ein neues Schloss«, sagte Jäger, der an der Tür stand und auf seinem Handy tippte. »Zu Ihrer Sicherheit, Prinzessin.«
    Schweißgebadet erwachte Natascha aus dem Schlaf und lauschte. In ihren Ohren pulsierte das Blut, hinter ihren Schläfen pochte es schmerzhaft. Langsam ließ sie sich wieder auf das klamme Kissen sinken und schloss die Augen. Ein Albtraum. Nichts weiter. Sie versuchte sich zu beruhigen. Dann, plötzlich, fuhr sie auf, stürzte zur Toilette und erbrach sich. Sie nahm aus der Minibar einen Whisky, um den Geschmack in ihrem Mund zu neutralisieren. Und die Erinnerung an die Schreckensvisionen.
    *
    Für die Rückreise von Paris war Natascha Eusterbeck auf eine gewöhnliche Air-France-Maschine gebucht, Business Class. Die Kanzlerin würde noch weiterfliegen nach London und anschließend über

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