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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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Manteltasche und rief die Nachricht auf. Henrik stieg aufs Gas, ehe er sich besann und durchatmete. »Also«, sagte er. »Was ist denn so schrecklich?«
    Sie musste es ihm sagen. Sie würde es ihm sagen. Ganz bestimmt. Doch jetzt gerade, in diesem Moment, war es nicht der richtige Zeitpunkt. Henrik war aufgebracht, er war unruhig. Er hatte weiß Gott seine eigenen Probleme, und an vielen davon war sie schuld. Sie würde es ihm sagen. Später. Bombendrohung am Flughafen Köln/Bonn. Evakuierungsmaßnahmen. Großeinsatz. Bitte unverzüglich zum Meeting im Innenministerium. B. Bauer.
    »Ein Terroranschlag auf den Flughafen Köln/Bonn«, sagte Natascha.
    »Echt? Ich habe gerade noch die Nachrichten gehört, da haben sie nichts gesagt.«
    »Ist ganz neu. Kannst du mich bitte ins Innenministerium fahren?«
    Henrik seufzte. »Klar. Alt-Moabit?«
    »Mhm.«
    »Wäre ja auch erstaunlich gewesen, wenn wir einfach mal hätten nach Hause fahren können.« Henrik bog an der nächsten Straße ab, schlängelte sich mit seinem bemerkenswerten Orientierungssinn durch einige abgelegene Straßen, um dann auf einer schnurgeraden Einfallstraße Richtung Mitte unterwegs zu sein. Der Regen ließ etwas nach. Die Heizung wärmte angenehm. »Und weshalb wolltest du mich so dringend treffen?«, fragte Henrik, als Natascha schon geglaubt hatte, er habe den Grund für diesen Ausflug schon vergessen.
    »Ach, lass uns ein andermal darüber sprechen«, entgegnete Natascha und hoffe, dass er das Zittern in ihrer Stimme nicht bemerken würde. »Es ist irgendwie alles so belanglos und klein, wenn man sieht, was anderswo passiert. Komm, mach das Radio an. Vielleicht bringen sie ja jetzt etwas.«
    Henrik drückte auf den Knopf. Deutschlandfunk. Tatsächlich brachten sie gerade einen Livebericht aus Köln: »Dem Vernehmen nach richtet sich die Bombendrohung gegen die deutsche Israel-Politik. Der Anruf stammte angeblich von einer palästinensischen Untergrundorganisation, die auch für die Anschläge in Amsterdam und Genua verantwortlich zeichnet. Sprengstoffspezialisten untersuchen zurzeit vor allem zwei Maschinen, die nach Tel Aviv fliegen sollten beziehungsweise eine israelische Handelsdelegation nach Helsinki bringen sollten …«
    »Schrecklich«, sagte Henrik.
    »Ja, schrecklich. Die Welt ist ein Pulverfass.« Und unser ganzes Leben ist ein Tanz auf diesem Pulverfass, dachte Natascha, während draußen eine fremde Stadt an ihr vorbeizog.
    *
    Als Henrik Eusterbeck sehr viel später zu Hause an seinem Computer saß, verfluchte er sich selbst. Vor ihm lag das Foto, das er in dem Mietshaus in Charlottenburg gefunden hatte. Eine schwarze Frau, ihr Kind – und Michelle. Er sah die Wohnung vor sich. Schlicht, sauber, bieder. Dennoch war Natascha überzeugt, dass die Frau eine Prosituierte war. Vielleicht war das ja so, vielleicht lebten die Damen im Privaten ein stinknormales Leben mit Wäsche über der Badewanne, Einkaufen um die Ecke und Löchern in den Socken. Eigentlich wollte er es gar nicht so genau wissen, eigentlich war ihm die ganze Sache mit der fremden Frau suspekt. Eigentlich hätte er sie lieber vergessen. Wäre da nicht das Foto gewesen, dieses Bild, das eine direkte Verbindung zwischen dem Leben der schwarzen Frau und ihm zog. Eine Verbindung namens Michelle. Mit dem unguten Gefühl, genau zu wissen, was kommen würde, googelte er »Le Club« in Berlin. Er fand mehrere Etablissements unter dieser Bezeichnung – und sie waren alle von derselben Sorte. Es fiel ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Sein Gehirn schien zu glühen. Verdammt! Wie man es drehte und wendete, es gab so gut wie keinen anderen denkbaren Grund für eine Frau, in einen solchen Laden zu gehen, als ausgerechnet den einen, dass sie dort arbeitete. Schon gar nicht für eine Frau wie Michelle. Jetzt, wo er mit der Nase daraufgestoßen wurde, schien es ihm plötzlich ganz offensichtlich. Natürlich, allein die Art, wie sie Sex hatten. Das hatte er nie vorher bei einer Frau erlebt. Es professionell zu nennen wäre eine so treffende Beschreibung gewesen, dass es ihm mit einem Mal bizarr vorkam, dass er nie daran gedacht hatte, sie könnte ein Profi sein.
    Er holte sich ein Glas Gin, stürzte es hinunter und holte sich noch eines. Dann setzte er sich wieder vor den Rechner und klickte sich durch die Bildergalerie des »Le Club«. Die Bar. Die Separées. Der Pool. Ein paar Mädchen. Allerdings keine Michelle. Vielleicht gehörte sie ja nicht zur festen Truppe. Vielleicht

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