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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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gefunden, sich aber immerhin eine Reihe von Orten überlegt, wo er einige finden konnte.
    Vorsichtig schwang er sich aus dem Bett, um Marybeth nicht zu stören.
    »Ich bin wach«, sagte sie. »Mach dir keine Umstände.«
    Auf dem Wecker neben seinem Kissen war es 3:48.
    Sie drehte sich auf die Seite und schaltete die Nachttischlampe ein.
    »Joe, wenn die Informationen, die ich beschafft habe, so einfach zu finden sind, warum hat die Arbeitsgruppe sie nicht längst ermittelt?«
    »Weil wir uns nicht mit dem Hintergrund der Opfer beschäftigt, sondern nach Aliens und Vögeln gesucht und eigentlich fast nichts getan haben, außer zu hoffen, das Ganze würde sich von selbst erledigen, denke ich.«
    »Das ist …« Sie zögerte, doch dann blitzten ihre Augen auf. »Das ist unentschuldbar.«
    Joe nickte.
    »Frierst du nicht in deiner Unterwäsche?«
    »Ich kann nicht schlafen und wollte eine To-do-Liste für morgen früh anlegen.«
    Sie sah auf den Wecker. »Es ist praktisch schon Morgen. Warum kommst du nicht ins Bett?«
    »Dafür bin ich zu unruhig. Wenn ich die Augen schließe, springen mich eine Million Gedanken an, und ich kann nicht einen abwehren.«

    »Ich könnte dich ein bisschen ablenken«, lächelte sie.
    Er zögerte, aber nicht lange.

    Erschöpft rollte er sich auf den Rücken.
    »Tut mir leid. Ich konnte mich nicht konzentrieren.«
    »Du warst gut«, schnurrte sie.

Achtundzwanzigstes Kapitel
    Das Büro des Urkundsbeamten befand sich im gleichen Bau wie Gericht und Gefängnis sowie die Räume des Sheriffs und des Bezirksstaatsanwalts. Ein Mann namens Stovepipe saß an Empfang und Metalldetektor und winkte Joe um Viertel vor acht mit einem Nicken durch.
    »Sie sind früh dran heute«, sagte er und senkte den neuen Saddlestring Roundup. Joe las die Schlagzeile: HERSIG: »KEINE FORTSCHRITTE BEI DEN VERSTÜMMELTEN LEICHEN.«
    »Noch immer kaputt?«, fragte er mit Blick auf den Detektor.
    Stovepipe nickte. »Aber sagen Sie das niemandem.«
    »Niemals. Ist Ike schon da?«
    »Die machen erst um acht auf, aber ich glaube, ich hab ihn schon kommen sehen.«

    Ike Easters von Glaswänden umgebenes Büro lag hinter dem Tresen, an dem sich die Bürger von Twelve Sleep morgens anstellten, um mit drei matronenhaften Schalterbeamtinnen zu verhandeln, die auf hohen Hockern saßen und »Nächster!« riefen. Meist ging es um das Eigentum an Autos oder Grundstücken. Hier bekam man auch die Heiratserlaubnis. Deshalb gehörten die Frauen, die für Ike Easter arbeiteten, zu den besser informierten Klatschtanten des Landkreises und wurden beim Friseur hofiert.
    Als Joe die Tür öffnete, fuhren alle drei Matronen auf ihrem Hocker herum und sahen ihn böse an. Eine der frostigsten Begrüßungen, die ich erlebt habe, dachte er. Eine Sachbearbeiterin
hielt ihm abwehrend die Hand entgegen. »Sir, wir öffnen erst in einer Viertelstunde. Bitte setzen Sie sich in den Flur und …«
    »Ich möchte Ike sprechen«, sagte Joe rundheraus, kümmerte sich nicht weiter um sie und ging durch die Schwingtüren neben dem Tresen.
    »Sir …«
    Die Schalterbeamtin war aufgebracht.
    »Ist gut, Millie«, rief Ike aus seinem Büro, als er Joe kommen sah.
    »Ich hatte Ihre Bluthunde ganz vergessen.«Joe blieb vor Ikes Büro stehen und tippte mit Blick auf Millie an seinen Hut. Sie schnaufte melodramatisch. »Haben Sie kurz Zeit? Es ist wichtig.«
    Ike forderte ihn mit einer Handbewegung zum Eintreten auf, und Joe schloss die Tür hinter sich.
    »Das mit den Bluthunden überhöre ich«, sagte Ike nicht unfreundlich, »aber die drei werden es nicht vergessen. Wenn Sie nächstes Mal einen Wagen anmelden, rechnen Sie mit Verzögerungen.«
    Joe setzte sich ihm gegenüber. »Leider wird es etwas dauern, bis wir ein neues Auto bekommen.«
    »Meine Sachbearbeiterinnen sind alle beim Landkreis beschäftigt«, meinte Ike. »Die arbeiten acht Stunden am Tag und keine Minute länger. Sie machen eine Stunde Mittag und bekommen zwei fünfzehnminütige Pausen. Würden Sie eine von ihnen in tiefer Nacht wecken, könnte sie haargenau sagen, wie lange sie bis zur Rente noch ackern muss, wie viele Krankentage sie in diesem Haushaltsjahr noch guthat und wie hoch ihre Pension ausfallen wird, und zwar bis auf den letzten Cent. Diese Frauen halten mich in einem Dauerzustand totaler Furcht.«

    Ike hatte ein glattes, schokoladenbraunes Gesicht und trug eine Brille mit mächtigem Gestell. Er hatte einen silbernen Schnauzbart, und auch sein zurückweichendes Haupthaar

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