Kalte Spuren (German Edition)
Charlottesville abholte. Er musste die Cops und Hubschrauber in Bereitschaft gehalten haben, damit sie so schnell reagieren konnten.
»Richardson!« Da war er auch schon. Diesmal beging er nicht den Fehler, Eileen bei ihrem richtigen Namen zu nennen. Er kam über die Gleise gelaufen. Eine Hand massierte noch immer seine Kehle, die andere hielt eine Pistole. Eileen wurde bewusst, dass ihr die Flucht geglückt wäre, wenn sie Callahan sofort getötet hätte. Ein Fehler, den sie nicht noch einmal begehen würde – sofern sie eine Chance dazu bekam.
»Sie haben sich tiefer in die Scheiße geritten, als Ihnen lieb sein kann«, sagte Callahan und zielte mit der Waffe auf Eileen. »Geben Sie mir einen Grund, nur einen, warum ich Sie jetzt nicht auf der Stelle erschießen sollte. Jeder der hier umstehenden Cops würde es verstehen. Statt zwei gehen jetzt insgesamt fünf Bundesagenten auf Ihr Konto.«
So ist das also. Eileen sah ihn an, lieferte ihm aber keinen Grund, sie zu erschießen. Wenn der Verbund der Generäle sie tot sehen wollte, hätte Callahan sie bereits ausgeschaltet. Nein, sie wollten sie lebend – zumindest jetzt wieder. Möglicherweise hatten sie herausbekommen, dass Eileen Shift-P injiziert hatte, und spekulierten nun darauf, sie für ihre Sache gewinnen zu können.
Callahan starrte sie an, als rechnete er damit, dass sie doch noch eine falsche Bewegung machte, die ihn dazu veranlassen könnte, sie zu töten. Doch dann nickte er einem der Beamten zu. Der Polizist hielt eine etwas klobige Pistole in den Händen, die futuristisch anmutete.
Eileen hielt die Luft an. Sie wusste, was jetzt kam. Schon schossen aus dem Taser zwei Kontaktprojektile und trafen auf Eileens Körper auf. Nur eine Sekunde darauf jagten Stromstöße mit einer Spannung von 50 000 Volt durch ihren Leib. Der Schmerz explodierte in ihrem Gehirn und sie war dankbar, dass ihm schnell eine tiefe, schwarze Nacht folgte.
20:43 Uhr
Die große, blonde Frau hängte auf und schürzte die Lippen. Sie wirkte nicht gerade begeistert. Ihre Kollegin gesellte sich zu ihr. Sie war etwas kleiner, besaß eine Model-Figur, von der Gwendolyn Stylez nur träumen konnte, und passte hervorragend in den Latexcatsuit, den sie ebenso trug wie Inga. Sie hörte auf den Namen Amandine und war entweder Französin oder Kanadierin. So genau hatte Gwen das noch nicht herausgefunden, da in ihrem Englisch ein unbestimmbarer Akzent mitschwang, der mit etwas Fantasie nach Montreal klang, aber genauso gut auch europäischen Ursprungs hätte sein können.
Amandine trug ihre hellbraune Löwenmähne offen und bis zum Gesäß. Die Haare waren von feinen, blonden Strähnen durchsetzt. Sie besaß ein schmales, hübsches Gesicht und dunkle, etwas zu eng beieinanderstehende Augen.
»Probleme?«, fragte sie.
Inga schnalzte mit der Zunge und ließ das Mobiltelefon sinken. »Schätze, wir machen ohne Hannigan weiter.«
»Sie kommt nicht?«
Inga wandte sich zu ihrer Partnerin um. »Sie schafft es nicht.«
Gwen merkte, wie ihr die Worte der anderen Frau die Kehle zuschnürten. Sie saß mit Handschellen an einen Stuhl gekettet und befand sich in irgendeinem fensterlosen Raum, vermutlich im Kellergeschoss eines Gebäudes. Zwar hatte man ihr nicht die Augen verbunden oder sie bei der Entführung betäubt, doch im hinteren Bereich des Vans hatte sie keinerlei Gelegenheit gehabt hinauszublicken, um zu sehen, wohin sie fuhren. Die Fahrt war jedoch relativ kurz gewesen, daher vermutete Gwen, dass sie sich noch innerhalb der Stadtgrenzen von Charlottesville befanden.
Sich gegen die beiden Frauen zur Wehr zu setzen, war zwecklos gewesen. Sie waren ausgebildete Killer, die sich sowohl auf den bewaffneten wie waffenlosen Kampf verstanden. Völlig durchtrainiert und vermutlich sogar Eileen Hannigan ebenbürtig. Aber sie waren keine Hazarder, denn ihre Vornamen tauchten nicht auf der berüchtigten Liste auf.
»Dann sollten wir sofort nach Richmond aufbrechen, um unseren Flug zu kriegen«, sagte Amandine.
Inga presste die Lippen aufeinander und sah zu Gwen hinüber. »Und was ist mit ihr?«
Auch Amandines Kopf drehte sich zu ihr herum. In ihren Augen blitzte es mordlüstern auf. »Sie wäre uns nur ein Klotz am Bein.«
»Sie hat vielleicht wertvolle Informationen über die Generäle.«
»Sie wird uns nur Schwierigkeiten machen.«
Inga trat vor, stellte sich direkt vor Gwen und musterte sie von oben herab. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust. Im Gegensatz zu Amandine trug
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