Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Spuren (German Edition)

Kalte Spuren (German Edition)

Titel: Kalte Spuren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kay
Vom Netzwerk:
schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln, das er mit einem Schnauben quittierte.
        
     

logfile 3:   

La Lumière

St. John’s, Halbinsel Avalon
Neufundland, Kanada
15. November, 12:33 Uhr Ortszeit
     
    Am Pier des Containerterminals des St. John’s Harbour lag ein großes Frachtschiff, das mithilfe von zwei großen, stationären Kränen ent- und wieder beladen wurde. Eileen Hannigan stellte den Kragen des Mantels hoch und schob die Hände tiefer in die Taschen, als sie das Treiben am Hafen verfolgte.
         Mehrere andere Frachtschiffe lagen an den Anlegestellen des Kais entlang des Harbour Drives. Auf der anderen Seite der Hafenbucht herrschte zu dieser Stunde ebenfalls ein reges Treiben. Lkws fuhren über die Southside Road und lieferten Güter und Waren an, die gleich in den entsprechenden Schuppen kommissioniert wurden.
    Auf einem Schild nahe dem Pier las Eileen die Hinweise für Touristen. Demnach hatte St. John’s als Hauptstadt der Provinz Neufundland und Labrador knapp über 100 000 Einwohner und befand sich am nordöstlichen Zipfel der Halbinsel Avalon, wurde jedoch dem Südosten Neufundlands zugerechnet, da die Halbinsel als Anhang ihrer großen Mutter im südlichen Bereich lag. St. John’s galt ursprünglich als die älteste britische Kolonie. Ihre Gründung lag etwa im Jahr 1583 und wurde für die britische Krone von Sir Humphrey Gilbert beansprucht. Die meisten Einwohner waren heute Nachkommen der ursprünglichen Einwanderer aus Waterford in Irland. Dementsprechend klang auch der Akzent, der hier gesprochen wurde, wie Eileen bei den Begegnungen mit Einheimischen feststellen durfte.
    Die Agentin sah auf die Uhr und entschied, dass es Zeit war weiterzugehen, wenn sie ihre Verabredung einhalten wollte. Nachdem sie die geheime Basis des Generals in Lynchburg verlassen hatte, war sie mit einem Inlandsflug nach Washington geflogen. Von dort hatte sie ein Flieger der Air Canada nach Halifax gebracht. Eileen nutzte den Aufenthalt in der Provinzhauptstadt Neuschottlands, um sich komplett neu einzukleiden. Im Hinblick auf ihr Ziel im hohen Norden, kaufte sie mit der Ghost Card vornehmlich warme Sachen. Zuvor hatte sie bereits die Nummer Ingas gewählt und der Frau von G-Dawn mitgeteilt, dass sie den Straßensperren entkommen konnte und untergetaucht war. Inga nannte ihr einen Treffpunkt in St. John’s.
    Von Halifax aus war Eileen mit dem Bus nach North Sydney gefahren und hatte dort eine Fährenüberfahrt nach Argentia auf Neufundland gebucht. Danach ging es mit einem gebraucht gekauften Ford Fusion etwa sechzig Kilometer über die Bundesstraße 100 und die Canadian One über Mount Pearl nach St. John’s.
    Eileen passierte nun zu Fuß einen blauen Schüttgutfrachter und wich einem Gabelstapler aus, der dabei war, einige Kisten mit Vorräten an Bord zu heben, und ignorierte die wütenden Rufe des Fahrers. Sie blieb auf dem Harbour Drive und gelangte zu einer riesigen Fläche, die auf den ersten Blick wie ein Hubschrauberlandeplatz aussah. Tatsächlich war die Kaimauer an dieser Stelle abgeflacht und verlief als Schräge direkt in das Hafenbecken. An diesem Pier legten Luftkissenfähren oder RoRo-Schiffe an. Inga hatte diesen Kai als Treffpunkt genannt. Eileen blickte erneut auf die Uhr. Noch drei Minuten.
    In der Ferne, über den Lärm des Hafens und des Verkehrs der Stadt in ihrem Rücken hinweg, hörte Eileen ein unterschwelliges Brummen. Sie blickte nach Nordosten zur Mündung des natürlichen Hafenbeckens. Fast rechnete sie damit, ein Luftkissenboot um die Landzunge schießen zu sehen, doch stattdessen zog ein Punkt am Himmel ihre Aufmerksamkeit auf sich. Das Brummen rührte von einem Helikopter her. Einem ziemlich großen.
    Der Sikorsky S-61 Sea King war grün gestrichen und trug keine sichtbaren Hoheitsabzeichen, als er über die Hügelkette der Ostzunge des Hafens hereinschwebte. Er flog über die Southside Road und überquerte das knapp dreihundert Meter breite Hafenbecken.
    Eileen legte den Kopf in den Nacken, als der Rumpf des Hubschraubers wie eine gewaltige Hummel mit hämmernden Rotoren über sie hinwegglitt. An der Bauchseite waren keinerlei Rufzeichen aufgemalt. Der Sea King glänzte einfach grün im Licht der Novembersonne. Er drehte eine Runde über dem Anlegeplatz und senkte sich dann in Ufernähe. Noch bevor die Räder auf der Betonpiste aufsetzten, wurde die große Seitentür aufgeschoben. Zwei Gestalten in eng anliegenden schwarzen Lacksuits sprangen heraus. Die eine

Weitere Kostenlose Bücher