Kalte Wut
strich ihr welliges blondes Haar glatt und überprüfte mit Hilfe eines kleinen Taschenspiegels ihren Lippenstift. Als sie sah, daß sie kamen, klappte sie den Spiegel schnell zu und ließ ihn in ihrer Umhängetasche verschwinden.
»Ich könnte die ganze Nacht aufbleiben«, erklärte sie Newman.
Oh Gott, dachte Paula. Da werde ich mich ganz schön anstrengen müssen, wenn ich herausfinden will, was da vor sich geht. Sie registrierte schnell, wie Lisa gekleidet war. Sie trug ein enganliegendes schwarzes Kleid, knöchellang, aber mit hohen Schlitzen an beiden Seiten, die ihre wohlgeformten Beine sehen ließen. Das Kleid hatte einen hohen Stehkragen, aber auch einen tiefen V-Ausschnitt, der glatte, weiße Haut entblößte. Das wird Newman zu schätzen wissen, dachte sie, als sie die Stufen zur Bar hinaufging.
»Wieder ein Zufall, der mir ziemlich merkwürdig vorkommt«, flüsterte sie Tweed zu.
»Champagner«, bestellte Tweed, als ein Kellner an dem Tisch erschien, an dem sie sich niedergelassen hatten. »Ich möchte, daß es Champagner regnet, bis der Tag anbricht.«
»Das wird die Nacht aller Nächte werden«, schwärmte Lisa.
»Ich freue mich ja so, daß Sie wieder da sind.«
Ihre Augen wanderten zwischen Newman und Tweed hin und her, dann sah sie, als wäre es ihr nachträglich eingefallen, auch Paula an. Der Champagner in einem Eiskübel wurde schnell gebracht. Geschickt öffnete der Kellner die Flasche und schenkte ihnen ein.
Als sie zu trinken begannen, griff Lisa zu dem alten Trick. Sie schob den Arm mit der Hand, die das Glas hielt, unter den von Newman. Er spielte mit, und jeder trank aus dem Glas des anderen. Über den Rand des Glases hinweg warf Lisa mit halbgeschlossenen Augen Tweed einen verführerischen Blick zu.
Hinter welchem Mann bist du eigentlich her? dachte Paula.
Oder willst du sie beide in die Tasche stecken?
Eine schlankfingrige Frauenhand legte sich auf Newmans Schulter. Jill Seiborne bückte sich und hauchte einen Kuß auf seine Wange. Lisa lächelte eine Spur zu herzlich.
»Wie ist es?« fragte Jill. »Sind drei Frauen zu viel für zwei Männer?«
»Je mehr, desto besser«, erwiderte Newman, anscheinend bester Laune. Er schlang seinen freien Arm um Jills schlanke Taille und zog sie sanft auf einen freien Stuhl zwischen sich und Tweed, dann machte er Lisa und Jill miteinander bekannt. Die beiden Frauen bedachten sich gegenseitig mit ihrem schönsten Lächeln. »Kellner, bitte noch ein Glas«, rief Newman. »Wir haben vor, München rot anzumalen«, sagte er zu Jill.
»Da ist Ihnen jemand zuvorgekommen«, bemerkte sie. »Ich war vorhin draußen, um ein bißchen eiskalte Luft zu schnappen, und da habe ich in der Ferne ein rotes Leuchten gesehen. Keine Ahnung, was das war.«
»Wir haben gesehen, wie Feuerwehrwagen irgendwohin unterwegs waren.«
Er sprach die Wahrheit. Die Feuerwehr war eingetroffen, als Kuhlmann sie von dem zerstörten Lagerhaus wegfuhr.
Paula studierte diskret Jills Aufmachung. Sie trug ein dunkelblaues Kleid, hochgeschlossen und ohne V-Ausschnitt. Um ihre Taille lag ein breiter, gleichfalls dunkelblauer Gürtel mit einer goldenen Schnalle, der sie größer erscheinen ließ. Paula fand, daß sie prachtvoll aussah.
Jill hob das Glas, das Newman für sie gefüllt hatte, und lächelte geheimnisvoll.
»Auf ein langes und erfülltes Leben.«
»Darauf trinke ich«, sagte Lisa. Dann setzte sie ihr Glas ab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Tweed. »So, und wohin waren Sie alle verschwunden?«
»Nach Salzburg. Waren Sie schon einmal dort?« erkundigte er sich, wobei er sie genau beobachtete.
»Die Stadt meiner Träume, mit keiner anderen zu vergleichen.
Aber man sollte möglichst außerhalb der Saison dorthin fahren.«
»Ganz meine Meinung. Wir hatten eine herrliche Zeit. Haben alle Sehenswürdigkeiten besichtigt und ein paar interessante Leute getroffen. Sie sagten vorhin, Sie hätten unheimlich viel zu tun gehabt. Hat es sich gelohnt?«
»Es war ein Geheimauftrag.« Lisa legte einen Finger auf ihre vollen Lippen. »Top secret. Aber Ihnen werde ich es sagen. Ich habe die finanzielle Situation des legendären und nie zum Vorschein kommenden Mr. Walvis überprüft.«
»Walvis? Wer ist das?« fragte Jill.
»Angeblich der reichste Mann der Welt.«
»Angeblich?« Tweed griff das Wort auf. »Ist er es denn nicht?«
»Ich habe das Thema zur Sprache gebracht, also kann ich ebensogut weiterreden. Ein Kunde der New Yorker Firma, für die ich arbeite, wollte, daß ich
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