Kalte Wut
was wir als nächstes vorhaben. Ich frage mich warum? Es ist immer die gleiche Geschichte. Die Leute reden zu viel, und wenn man sie läßt, dann verraten sie sich. Ich finde ihren Besuch aufschlußreich.«
»Und es hat keinen Sinn, Sie zu fragen, was Sie denken«, bemerkte Paula, »also werde ich es nicht tun. Hat außer mir sonst noch jemand das Gefühl, daß der Druck ständig steigt? Ich jedenfalls bin ziemlich nervös – mir ist, als ob diese ganze Angelegenheit immer näher an uns heranrückte.«
»Philip«, sagte Tweed plötzlich, »welchen Eindruck hatten Sie von Jill Seiborne?«
»Daß sie eine sehr intelligente Frau ist, die genau weiß, was sie tut, und die irgendeinen Plan verfolgt.«
»Interessant. Paula, ich möchte, daß Sie noch ein paar Minuten hierbleiben. Die anderen kehren in ihre Zimmer zurück und gehen zu Bett, ob sie schlafen können oder nicht. Das ist ein Befehl …«
Er wartete, bis die drei Männer gegangen waren, dann wendete er sich an Paula.
»Ich möchte, daß Sie etwas für mich tun – und danach gehen Sie gleichfalls zu Bett. Rufen Sie beim Flughafen an und lassen Sie Plätze in der Vormittagsmaschine nach London reservieren – nicht nur für heute, sondern auch für morgen.«
»Wird sofort gemacht …«
Tweed stand auf und begann, mit dem Glas in der Hand langsam im Zimmer herumzuwandern. Als Paula die Reservierung erledigt hatte, dankte er ihr und forderte sie abermals auf, zu Bett zu gehen. An der Tür drehte sie sich noch einmal um.
»Wie wäre es, wenn Sie auch ein bißchen schlafen würden?
Und weshalb haben Sie einen neuen Anzug angezogen, wenn Sie ins Bett wollen?«
»Sie wissen, daß ich mich in neuen Anzügen nie so recht wohlfühle. Dachte, ich könnte mich ein bißchen daran gewöhnen, bevor ich mich ausruhe. Schlafen Sie gut. Ich weiß, was sich tut …«
Allein in seinem Zimmer starrte Tweed die Wand an. Paulas Bemerkung über den wachsenden Druck war sehr scharfsinnig gewesen. Alle außer Marier hatten einen angespannten Eindruck gemacht.
Er hatte nicht die Absicht, zu Bett zu gehen. Er würde bis zum frühen Morgen aufbleiben, überprüfen, ob die Überlegungen über die nächsten Schritte seines Gegners, die er im Bad angestellt hatte, richtig waren. In Gedanken wiederholte er den Ablauf der Ereignisse.
»Zuerst schickt Walvis eine Nachricht, nicht verschlüsselt, also weiß er, daß Kuhlmanns Leute sie auffangen und an mich weiterleiten. Er setzt sich mit seinem bei Lindau wartenden Wasserflugzeug in Verbindung. Dessen Pilot reicht einen Flugplan für Chichester Harbour ein. Dann eine Pause. Danach eine zweite Nachricht, abermals unverschlüsselt, und der Pilot reicht einen neuen Flugplan ein. Ziel diesmal: Aldeburgh, East Anglia. Er weiß bestimmt, daß wir hier in diesem Hotel sind und all das selbst mitten in der Nacht erfahren. Walvis …«
Tweed schnippte plötzlich mit den Fingern.
»Ich hab’s!«
Er eilte ans Telefon, rief die Polizeizentrale an, fragte nach Kuhlmann, der rasch an den Apparat kam.
»Schlafen Sie denn nie?« knurrte der Deutsche.
»Dasselbe könnte ich Sie fragen. Bitte, hören Sie zu. Haben Sie da, wo Sie sind, Entschlüsselungs-Experten?«
»Ja, aber sie sind zu Hause im Bett …«
»Rufen Sie sie sofort an. Lassen Sie sie dorthin kommen, wo Sie sind. Sind es gute Leute?«
»Die besten. Sie verfügen über die erforderliche Computer–Ausrüstung. Sie können einen Code sehr schnell knacken.
Weshalb?«
»Weil bald eine weitere Nachricht aus Berg kommen wird. Und die wird verschlüsselt sein.«
»Ich werde mich unbeliebt machen, aber ich kann dafür sorgen, daß sie in einer halben Stunde hier sind. Ich lasse sie mit Streifenwagen abholen. Bis später.«
Tweed legte den Hörer auf, ging durchs Zimmer und goß sich ein weiteres Glas Mineralwasser ein. Dann zurück zum Telefon.
Er wählte die Park Crescent-Nummer und hoffte zu Gott, daß Monica Howard erreichen konnte. Sie meldete sich, und er sagte ihr, was er wollte.
»Howard ist hier. Er macht sich fürchterliche Sorgen um Sie.
Er wird gleich am Apparat sein.«
»Tweed, ich habe die ganze Nacht gewartet …«
»Howard, dies ist sehr dringend. Gott sei Dank, daß Sie gewartet haben. Ich erinnere mich, daß Sie jemanden in Aldeburgh gut kennen. Paula ist ihm einmal begegnet, als wir es mit General de Forge zu tun hatten. Wie hieß er doch gleich? Ich hab’s: Brigadier Burgoyne. Haben Sie noch Kontakt mit ihm?«
»Ich habe erst gestern im Club ein Glas mit
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