Kalte Wut
mit dem Rücken zur Wand niederlassen können. Sie werden es nicht riskieren, an einem derart öffentlichen Ort etwas zu unternehmen.
Ach ja, und gehen Sie nicht zur Toilette, während ich telefoniere.«
Das Lokal füllte sich. Während Kent die Drinks bestellte, fragte Tweed den Barmann nach dem Telefon und wurde an einen Apparat in einer Nische in der Ecke verwiesen. Er stellte sich so hin, daß er das Lokal überblicken konnte, und rief am Park Crescent an. Monica spürte die Dringlichkeit in seiner Stimme und sagte, Marier wäre anwesend.
»Dies ist eine Rettungsmission. Sagen Sie Marier, er soll das alte Taxi nehmen, das wir gekauft haben. Aber vorher geben Sie ihn mir bitte …«
Rettungsmission.
Das Wort elektrisierte Monica. Binnen Sekunden war Marier am Apparat, nachdem Monica ihm rasch erklärt hatte, was Tweed wollte. Er hörte zu, während Tweed seine Befehle erteilte.
»Sie müssen einen Freund und mich so schnell wie möglich abholen. Wir stehen vor dem Green Dragon, einem Lokal nahe der U-Bahn …«
»Kenne ich. Bin schon unterwegs …«
Tweed legte den Hörer auf und sah, wie die beiden schwergebauten Verfolger das Lokal betraten. Sehr weiße Gesichter, harte, vorstehende Wangenknochen. Vermutlich Slawen. Er gesellte sich zu Kent an seinem Ecktisch, auf dem zwei Gläser Bier standen.
»Hilfe ist unterwegs«, sagte Tweed. »Unsere Freunde sind gerade eingetroffen.«
»Ich glaube, es war nicht sonderlich klug, mit Ihnen zu reden.
Ich komme mir vor, als wäre ich schon wieder in Moskau.«
»Keith, hören Sie auf, mit den Fingern auf dem Tisch zu trommeln. Entspannen Sie sich …«
»Entspannen! Mein Gott. Na schön, Sie haben mich da hereingebracht, also werden Sie mich vermutlich auch wieder herausholen.«
Tweed hatte unter dem Tisch auf die Uhr geschaut. Bei Mariers Fahrweise würde das Taxi vermutlich in etwa zehn Minuten eintreffen. Die beiden Slawen schienen nicht recht zu wissen, was sie tun sollten. Schließlich traten sie an die Bar und bestellten zwei Wodka mit Limone.
»Zeit zu gehen«, sagte Tweed plötzlich. »Wir bleiben draußen stehen und unterhalten uns, als sagten wir einander Gute Nacht.«
»Solange es kein Lebewohl ist«, bemerkte Kent mit einem Anflug seines früheren zynischen Humors.
Tweed bezog eine Position näher beim U-Bahneingang und drehte sich zu Kent um, während er über nichts Spezielles redete.
Er stand so, daß er den Eingang des Lokals überblicken konnte.
Die beiden Slawen kamen heraus, und er starrte sie direkt an.
Diese visuelle Konfrontation schien sie zu verwirren, und wieder hatte es den Anschein, als wüßten sie nicht, was sie als nächstes tun sollten. Sie sprachen miteinander.
Ein Streifenwagen der Polizei kam langsam die Straße entlang, und das vergrößerte ihre Unentschlossenheit. Tweed deutete mit einem Kopfnicken auf ihn.
»Ein bißchen Glück, dieser Wagen dort.«
»Wir werden eine Menge Glück brauchen, um hier herauszukommen. Es sind kaum noch Leute unterwegs – bald werden wir mit diesen Herrschaften dort allein sein …«
Er hatte seine Bemerkung kaum beendet, als ein Taxi mit Marier am Steuer um die Kurve brauste. Um den Anschein zu wahren, hob Tweed die Hand. Das Taxi bremste mit quietschenden Reifen. Tweed öffnete die hintere Tür, und die beiden Männer sprangen hinein.
Marier, der jetzt eine schäbige blaue Jacke und ein offenes Hemd trug, hatte den Wagen schon wieder in Bewegung gesetzt, als Keith die Tür zuschlug. Tweed stellte fest, daß auf Mariers Schoß eine zusammengefaltete Zeitung lag.
»Was ist unter der Zeitung?« fragte er.
»Eine Walther Automatik. Voll geladen. Zurück zum Park Crescent?«
»So schnell wie möglich«, erwiderte Tweed. »Und passen Sie auf die beiden Ganoven dort am Rande des Bürgersteigs auf.«
»Ich habe sie schon gesehen, als ich um die Ecke bog.
Aufgeht’s …«
Einer der Slawen war auf die Straße getreten, um Marier zum Anhalten zu zwingen. Marier gab Gas und hielt direkt auf ihn zu.
Der Mann sprang zurück und stürzte schwer auf die Straße.
Mariers Taxi verschwand um eine Ecke.
»Es gibt Leute, die mehr Glück haben als wir«, rief er Tweed zu. »Während wir durch die Stadt rasen und versuchen, am Leben zu bleiben, macht Newman seiner neuesten Flamme den Hof …«
In der Bar von Brown’s Hotel rückte Newman auf der Suche nach der verirrten Wimper näher an Lisa heran. Ihr blondes Haar berührte seine Wange, und der kurze Kontakt erregte ihn. Er erhaschte einen
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