Kalte Wut
zu können.
»Hier wird nicht gehandelt. Die Preise meiner Ware sind genau kalkuliert. Ich brauche einen gewissen Profit als Gefahrenzulage – schließlich gehe ich ziemliche Risiken ein. Wenn Sie Mr. Marier das nächstemal sehen, werden Sie feststellen, daß ich die Wahrheit sage.«
Philip holte einen dicken Briefumschlag aus einer Innentasche und zählte vierzig 500–DM–Scheine ab. Er war fasziniert von der Tatsache, daß Hellmann Gummihandschuhe trug. Auf diese Weise vermied er, daß seine Fingerabdrücke auf die Waffen kamen, die er verkaufte.
Hellmann verstaute die Waffen und die Munition, in Tücher eingeschlagen, in einem großen Rucksack. Dann sah er Philip an.
»Heutzutage sind viele Leute mit Rucksäcken unterwegs, es ist also die beste Methode, solche Dinge zu transportieren. Und ich finde, Sie sollten noch eine weitere Vorsichtsmaßnahme ergreifen. Wenn wir wieder oben sind, gehen Sie hinaus und fahren Ihren BMW in die Garage an der Rückseite des Hauses.
Hier sind die Schlüssel für einen grauen Audi, der in derselben Garage steht. Sie werden nach dem BMW Ausschau halten.«
»Das Problem ist nur, daß er jemand anderem gehört.«
»Ich bin noch nicht fertig. Ich werde den BMW heute am späten Nachmittag nach München bringen – wenn Sie mir die Schlüssel geben. Bis dahin dürften sie die Suche nach Ihnen aufgegeben haben. Wohin soll ich ihn bringen?«
»Zum Seiteneingang des Hauptbahnhofs. Wann werden Sie kommen?«
»Ich kann um genau fünf Uhr dort sein. Ich werde zeitig losfahren, damit ich nicht in den Feierabendverkehr gerate. Das kostet Sie natürlich nichts extra. Gehört alles zum Service, wie Mr. Marier zu sagen pflegt …«
Nachdem sie den Wagentausch besprochen und arrangiert hatten, handelten sie schnell. Als Philip Hellmanns Audi aus der Garage geholt hatte und wieder an der Haustür erschien, forderte ihn der Deutsche auf, noch einmal ins Haus zu kommen.
»Wieder die Treppe hinauf«, sagte er, nachdem er die Haustür abgeschlossen hatte. »Eine Gruppe von Walvis’ Leuten strolcht am Seeufer entlang. Sie sollten sie sich ansehen.«
Philip wollte so schnell wie möglich verschwinden, hatte aber das Gefühl, daß er auf die Wünsche seines so kooperativen Gastgebers eingehen mußte. Er ließ den Rucksack in der Diele, und als er am oberen Ende der kleinen Treppe neben Hellmann trat, hatte dieser bereits den Feldstecher vor den Augen.
»Ja, da unten sind ein paar schlimme Typen«, bemerkte der Deutsche. »Und der Schlimmste von allen ist Lucien, meiner Meinung nach ein Psychopath.«
Lucien …
Philip erstarrte innerlich. In Gedanken hörte er wieder die Worte, die er vernommen hatte, als er sich in der Zentrale der International & Cosmopolitan in einem Schrank versteckt hatte.
Obwohl Ihnen das bei Jean Cardon nicht gelungen ist, Lucien …
Philip hatte Mühe, mit normaler Stimme zu sprechen. Er holte tief Luft, dann versuchte er, sich seine Erregung nicht anmerken zu lassen.
»Könnte ich einen Blick auf diesen Lucien werfen –für den Fall, daß er mir einmal begegnet? Wie sieht er aus?«
»Das ist der kleine, breitschultrige Mann, der immer so gebückt geht, daß es aussieht, als hätte er einen Buckel. Fettiges schwarzes Haar und einen ebensolchen Schnurrbart, der zu beiden Seiten seines Mundes herunterhängt. Es gibt Gerüchte, denen zufolge nicht einmal Walvis Lucien in seiner Nähe haben will. Er hat einen schwarzen Anorak an …«
Philip mußte seine gesamte Willenskraft aufbieten, um seine Gefühle zu verbergen, als er den Feldstecher von Hellmann entgegennahm und ihn auf eine Gruppe von drei Männern richtete, die langsam am Ufer entlangwanderten und sich ständig umschauten. Luciens Gesicht war in dem starken Glas deutlich zu erkennen.
Seine Hände umklammerten den Feldstecher wie ein Schraubstock. Er starrte den Mann an, der seine Frau gefoltert und ermordet hatte. Es war ein bösartiges Gesicht, dem jedes Mitleid abging. Philip sah, wie Lucien stehenblieb, sich eine Zigarette zwischen die schmalen Lippen steckte, sie anzündete und dann zusah, wie das Streichholz herunterbrannte, bis die Flamme fast seine Finger berührte; dann ließ er es an der Außenseite der Hose von einem seiner Begleiter herunterfallen. Dieser Mann, wesentlich größer als Lucien, sprang zurück und ballte die Faust, als wollte er ihm einen Schlag versetzen.
Lucien grinste. Seine rechte Hand bewegte sich so schnell, daß Philip nur ein verschwommenes Bild erhielt. Die Hand hielt
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