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Kalteis

Kalteis

Titel: Kalteis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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hab der Erna noch vorgeschlagen, ins Kino zu gehen, aber an diesem Abend hatte sie keine Lust, und so sind wir in die Wartburg in der Auenstraße zum Tanzen. Die Erna hat den ganzen Abend nur mit mir getanzt, mit keinem anderen. Fast keinen Tanz haben wir ausgelassen. Mir ist es so vorgekommen, als hätte die Erna nie schöner ausgesehen als an diesem Abend. Ihr rotes Kleid hat sie angehabt mit weißen Punkten und die gelbe Seidenkordelkette mit den kleinen Perlen drin. Ich hab sie ihr zum Geburtstag geschenkt. Am 13. August, einen Tag vor Maria Himmelfahrt. An dem Tag haben wir uns auch verlobt, die Erna und ich.
    So gegen halb zwölf sind wir aus dem Lokal raus. Wir sind dann fast bis an die Ludwigsbrücke gegangen. Dort haben wir uns auf die Bank gesetzt.
    Ich hatte den Arm um sie gelegt und sie lehnte sich an mich. Wir sind dann auf der Bank eine ganze Weile sitzen geblieben. Wir hatten noch genügend Zeit, bis die Straßenbahn fahren würde.  Ausgemacht haben wir, dass sie am nächsten Tag, am Sonntag, bis um zwei Uhr zu mir in die Wohnung kommt. Wir wollten zu gemeinsamen Freunden nach Pasing fahren, denn in Pasing ist zurzeit Volksfest.
    »Willst nicht lieber hierbleiben oder soll ich dich nicht lieber bis nach Hause begleiten?«, habe ich die Erna noch gefragt, aber sie hat mich nur ausgelacht, meinte, ich sei ein Angsthase und sie würde den Weg selbst mit verbundenen Augen gehen können.
    »Es ist doch alles hell erleuchtet und so weit ist es doch gar nicht bis zu mir nach Hause. Du weißt doch, wie schnell ich geh, da brauch ich keine fünfzehn Minuten.«
    »Ja, das schon, aber um diese Zeit ist niemand mehr unterwegs.«
    »Da siehst du’s, dann brauch ich erst recht keine Angst zu haben. Und du müsstest dann den ganzen Weg zu Fuß nach Hause und dann müsste ich um dich Angst haben.«
    Gelacht hat sie, wie sie das gesagt hat. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, ob sie mich an - oder ausgelacht hat. Deshalb habe ich sie einfach geküsst.
    Wir sind dann von der Bank aufgestanden und zur Straßenbahnhaltestelle hinübergegangen. Dort haben wir den Walter Schnabl getroffen, einen alten Schulfreund von mir. Mit seiner Freundin ist der auch an der Haltestelle gestanden. Die Freundin heißt, glaube ich, Hilde, da bin ich mir aber nicht sicher. Ich habe sie nur dieses eine Mal gesehen. Ich war froh und beruhigt, dass die beiden zumindest ein Stück mit der Erna unterwegs waren. Der Walter wollte sein Mädchen nach Hause begleiten und er hat noch gesagt, sie würden bis zum Marienplatz bei der Erna in der Straßenbahn bleiben. Am Marienplatz müssten sie dann umsteigen in die Linie 6. Ich hab die Erna noch einmal gefragt, ob ich sie nicht doch nach Hause begleiten soll, aber sie hat nur den Kopf geschüttelt und gelacht. Dann ist die Straßenbahn auch schon gekommen, und ich hab noch gesehen, wie sie alle drei eingestiegen sind. Die Erna hat sich einen Platz am Fenster gesucht und rausgewunken. Ich habe zurückgewunken und bin noch stehen geblieben, bis die Bahn losgefahren ist. Erst wie die Straßenbahn ums Eck ist, hab ich mich umgedreht und bin zu Fuß nach Hause gelaufen.
    *
     
    Haben Sie es auch schon gehört? Das mit dem Fräulein Schmidlechner? Die Rede ist, dass sie abgängig ist. Die Erna.  Vermisst ist sie. Nicht heimgekommen in der Nacht vom Samstag auf Sonntag. Ganz verzweifelt sind sie schon, ihre Eltern. Gesucht habens schon überall. In der Stadt war's drinnen. Hat sich mit ihrem Verlobten getroffen und dann am Abend ist sie nicht nach Hause gekommen.
    Passiert muss ihr was sein, der Erna. Weil sie doch nicht heimgekommen ist. Das sei doch sonst nicht ihre Art. Wo sie doch immer so eine gewissenhafte Person ist. In der Buchhaltung bei BMW arbeitet sie. Genau wie ihr Vater und die Brüder, die arbeiten auch alle im Werk. Und der Bräutigam, der arbeitet auch dort. Hab ich gehört.
    Die Eltern haben am Anfang gedacht, dass sie in der Stadt bei ihrem Verlobten geblieben ist. Bei dem soll sie schon des Öfteren übernachtet haben. Drinnen in der Stadt.  Deshalb haben sie sich auch nichts dabei gedacht, wie sie nicht heimgekommen ist. Samstagnacht. Als sie aber am Montag nicht ins Büro gekommen ist und weder der Vater noch der Verlobte etwas über ihren Verbleib wussten, da sind sie zur Polizei gegangen. Eine Vermisstenanzeige haben sie erstattet und seitdem suchens die Erna. Sogar mit Hunden wollen sie sie suchen, geht die Polizei doch mittlerweile von einem Verbrechen aus. Ein Herr

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