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Kalteis

Kalteis

Titel: Kalteis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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das ist nur ein Bekannter. Der verkehrt hier beim Soller.«
    »Dann könntest du dich ja an meinen Tisch setzen. Was meinst?«
    »Nein, setz du dich zu uns rüber.«
    »Aber ob das den Leuten recht ist, die bei dir am Tisch sitzen?«
    »Dem Hans ist das schon recht. Ich hätte mich schon an deinen Tisch gesetzt, aber der Hans meint, ich soll warten. Wenn ich dir gefalle, dann wirst du dich schon zu uns an den Tisch setzen. Sonst wird das nichts.« Dabei spielt sie mit ihrem Zopf, der ihr über die Schulter hängt. Lässt ihn immer wieder durch ihre Finger gleiten. Die Augen dabei immer auf ihn gerichtet. Lächelt ihn an.
    »Ich geh jetzt rein. Wart du noch ein bisschen und komm dann nach.«
    Er macht, was sie von ihm verlangt. Bleibt stehen, hier mitten auf dem Gehweg vor der Gaststätte. Wartet, zählt bis 60, wie es Kinder tun, wenn sie Verstecken spielen, und geht erst danach wieder an seinen Platz zurück. Sein Bier trinkt er noch aus und sieht, während er trinkt, hinüber zu dem Mädchen.
    Er greift in seine Tasche, holt das Geld für seine Zeche hervor, zählt es ab und legt es neben das Glas. Erst dann geht er hinüber zum Nachbartisch.
    Ob es gestattet wäre? Hölzern, fremd erscheint ihm seine Stimme. Und der Schwarze meint: »Ja freilich, nimm ruhig Platz, wennst kein Schneider bist. Bist ja so alleine an deinem Tisch gesessen. Unterhalten kannst dich mit uns auch.«
    Räumt sogar seinen Platz neben dem Mädchen, damit der Chauffeur sich neben sie setzen kann. Und dann reden sie den ganzen Abend miteinander.  Dass sie aus Wolnzach komme, erzählt sie ihm. Der Vater würde mit Hopfen handeln, die Mutter mit Gemischt waren. Hier in München suche sie nach einer Steile. In Wolnzach, da war es ihr zu eng. In einem Hotel habe sie dort zuletzt gearbeitet. Hier in München würde sie das auch gerne wieder tun. Wohnen sollte sie eigentlich bei einer Verwandten. So war es ausgemacht, aber die hatte keinen Platz und so sei sie halt bei der Mitzi und dem Hans untergeschlupft. Die wohnen am Mariahilfplatz.
    Er schaut sie immerzu an, während sie ihm das erzählt. In ihre großen, dunklen Augen sieht er und auf ihre kräftigen Lippen. Schöne Zähne hat sie. Die Stimme sanft und weich.  Sie erzählt und erzählt. Von zu Hause aus Wolnzach, von dem Vater, der sie nicht mehr bei sich zu Hause habe dulden wollen und dass sie sich deshalb eine Stelle suchen sollte. Erst viel später fragt er sie, wie sie heißt. Die Katharina ist sie. Die Katharina Hertl. Aber er kann auch Kathie zu ihr sagen, wie es alle machen würden.
    Spät wird es an diesem Abend, gegen zwölf brechen sie auf. Ob er sie denn bis nach Hause zum Mariahilfplatz begleiten dürfte, fragt der Chauffeur die Kathie. »Ja, ich habe nichts dagegen.« Die Nacht draußen ist sternenklar. Den Herbst kann man bereits riechen, schmecken in der kalten Luft. Sie gehen über den Viktualienmarkt, vorbei an den geschlossenen Ständen. Die Mitzi und der Hans immer vor ihnen her.
    Zuerst geht der Chauffeur nur neben der Kathie, in der Reichenbachstraße nimmt sie ihn dann schon beim Arm, ist ihr doch ein wenig kalt, und über die Reichenbachbrücke gehen sie eng umschlungen. Bei den Herbergen in der Ohlmüllerstraße dreht sich der Hans zu den beiden um. Über die Schulter ruft er ihnen zu: »So, jetzt wird’s Zeit, verabschiedet euch.«
    Kathie bleibt stehen. Ganz nah geht sie zu dem Chauffeur hin. Ins Ohr flüstert sie ihm, ob er denn morgen wie der zum Soller kommen würde? Ihren Atem spürt er auf seiner Haut, den warmen Atem. »Um neun«, hört er sie sagen. Und wie er nickt, da küsst die Kathie den Chauffeur zum Abschied. Ihre Lippen spürt er auf den seinen. Weich, warm und voll sind sie.

Erna
    Ich arbeite bei den BMW-Werken in München. Als Einfahrer. Mein Name ist Georg Spielberger. Ich bin der Verlobte der Erna.
    Die Erna und ich, wir haben uns im Februar auf dem Ball im Salvatorkeller kennengelernt. Es war am 3. Februar 1934, Faschingssamstag.
    Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass sie mir nicht gleich gefallen hat. Schon wie ich sie zum ersten Mal sah. Mit meinem Freund, dem Arthur Vogel, und ein paar anderen war ich da. Alle hatten wir uns als Kaminkehrer verkleidet. »Damit uns die Mädeln busseln, wegen dem Glück und so.« Es war dem Arthur seine Idee, der hat immer solche Einfälle. Die Erna, sie ist mit ihrer Freundin da gewesen.
    An unseren Tisch ist sie gekommen, weil sie den Arthur doch gekannt hat. Durch ihren Bruder hat sie ihn

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