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Kalteis

Kalteis

Titel: Kalteis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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gefällt ihm an ihr. Er sitzt da und schaut sie an. Ohne ein Wort sitzt er da und ohne den Blick von ihr zu wenden. Nur auf den Klang ihrer Stimme hört er. So sanft und warm. In das Gesicht sieht er ihr, in die Augen, möchte sie berühren, den warmen Körper spüren, ganz nah neben sich will er ihn spüren. Ein wenig fürchtet er, sie könnte seine Gedanken in seinen Augen lesen und doch wünscht er sich nichts mehr als das. Am späten Abend brechen sie dann auf. Schon nach zwölf muss es sein, wie Kathie mit dem Chauffeur wieder, wie am Mittwoch, über den Viktualienmarkt nach Hause geht. Den gleichen Weg wie gestern gehen sie. Nur diesmal, da legt er bereits von Anfang an den Arm um ihre Taille. Und beim Abschied küssen sie sich länger. Am nächsten Tag wollen sie sich gleich mittags treffen. Beim Kiosk an der Reichenbachbrücke. Schon von weitem sieht er sie am Zeitungskiosk stehen. Die Kathie. Den grünen Mantel, offen, darunter das blaue Kleid und der Lackgürtel. Den blauen Hut auf dem Kopf. Knapp, mehr wie eine Kappe, sitzt er. Eine leichte Brise treibt ihr die hellen Bänder immer wieder ins Gesicht. Sie steht da, alleine, wartet auf ihn.
    Er bleibt stehen, beobachtet sie aus der Ferne, ohne von ihr gesehen zu werden, zögert, ehe er zu ihr hinübergeht. Kathie, sie umarmt ihn, drückt ihn an sich und küsst ihn auf den Mund. Weiche, warme Lippen auf seinem Mund.
    »Komm, wir fahren raus zu meinem Grundstück. Ich hab ein Blockhaus in Waldperlach. Fahr mit.« Sagt er zu ihr. Kathie sieht ihn an, nickt. Er nimmt ihre Hand in die seine. Hand in Hand gehen sie hinüber zur Straßenbahnhaltestelle. Fahren hinaus zum Giesingerbahnhof und von dort  weiter mit dem Zug Richtung Neubiberg. Im Zug erzählt sie ihm, sie habe gar nicht lange auf ihn warten müssen. Nur fünf Minuten, mehr waren es nicht gewesen. Ist sie doch heute erst um elf aufgestanden. Nicht, dass sie so lange geschlafen hätte, aber aufgestanden ist sie erst so spät. Eine Gaudi sei es gewesen, beim Hans und bei der Mitzi. Geneckt hatte sie der Hans und sie ihn. Ein Busserl habe er als Pfand verlangt. Dafür, dass er ihr die Bettdecke nicht wegziehe. Die Mitzi ist dabeigestanden und hat gelacht.
    Den ganzen Nachmittag bleiben sie im Blockhaus. Der Chauffeur und Kathie. Auf der Veranda in der Sonne sitzen sie. Er legt den Arm um sie, küsst sie. Sie neckt ihn, will wissen, ob er sie denn auch für so eine halte wie die anderen. Die, die immer beim Soller mit den Herren auf die Zimmer gehen. »So eine bin ich nämlich nicht.«
    Nein, für so eine halte er sie nicht, wie sie darauf käme. Allerdings versteht er nicht, warum sie nicht bei ihren Verwandten schlafe. Den Verwandten in München, von denen sie ihm ganz zu Beginn erzählt hat. Ob es nicht doch einfacher für sie wäre, dort unterzuschlüpfen? Anstatt bei der Mitzi und dem Hans?  Sie sieht ihm nur in die Augen, bleibt die Antwort schuldig. Er streicht mit den Händen über ihr Gesicht. Küsst zärtlich ihren Mund, den Hals, den Nacken. Seine Hände gleiten über ihre Schultern hinab zu ihrer Taille.
    »Nein, so eine bin ich nicht. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin noch nie mit jemanden auf ein Zimmer beim Soller, habe noch nie mit jemanden geschlafen.« Unschuldig sei sie, sagt sie zu ihm, während sie mit ihm ins Blockhaus geht. Er glaubt ihr kein Wort. Aber es ist ihm auch egal.  Keiner von beiden hat ein Wort gesagt. Ganz ruhig sind sie, wie sie sich ausziehen drinnen im Haus. Die Joppe, er hängt sie über den Stuhl. Seine anderen Sachen zieht er aus, faltet sie sorgfältig zusammen und legt sie zu der Joppe.
    Auch sie zieht sich aus, schlüpft schnell in das Bett, das in der Ecke des Raumes steht. Sie spürt das glatte, gestärkte Leinen auf ihrer nackten Haut. Wartet bereits auf ihn, als er sich zu ihr ins Bett legt. Ganz nah legt er sich zu ihr. Sie spürt seinen Atem auf ihrer Haut. Spürt seine Hände auf ihrem Körper. Das wenige Licht, das durch das kleine Fenster des Raumes hereinfällt, lässt ihre Haut weiß leuchten. Dieses Weiß, es kommt ihm vor, als würde es den Raum erhellen. Mit der Hand streicht er über ihr Gesicht, über ihren Körper. Atmet tief ein. Schließt die Augen, konzentriert sich ganz auf das, was er fühlt, auf das, was er riecht. Auf ihren Körper, ihren Geruch.
    Still liegt sie da.
    Still, wie er über ihre Brüste, den Rücken, die Beine streicht.
    Still, wie er sie küsst. Auf den Mund, auf den Hals, auf die Brüste. Feste, weiße

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