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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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ein paar erotische Lederkostüme und Gummikleidung.
    »Sieht so aus, als wäre das rote Zimmer das Hauptquartier gewesen«, sagte Hirsch, als sie zum drittenmal hinaustraten auf die Galerie.
    »Vermutlich«, antwortete Haydon. Er hörte, daß die Leute vom Labor noch im roten Zimmer herumhantierten, und als er hinüberschaute über die Balustrade, sah er Vanstraten auf einem Diwan mit Blumenmuster sitzen und Notizen machen. Den grünen Chirurgenkittel hatte er inzwischen ausgezogen. Haydon ging die Treppe hinunter und ließ sich in einem Sessel gegenüber dem Coroner nieder. Er wartete und schaute zu, wie rosa und grüne Blasen in den Plastikröhren der Musikbox hochstiegen.
    Nach ein paar Minuten klappte Vanstraten sein Notizbuch zu und steckte den Kugelschreiber in die äußere Brusttasche seines Anzugs.
    »Der rigor mortis beginnt jetzt allmählich am Hals und an den oberen Extremitäten«, sagte er. »Dort setzt er üblicherweise zuerst ein. Die Glieder sind noch beweglich. Ich würde schätzen, sie ist seit sechs oder sieben Stunden tot. Wenn ich die Temperatur hier drinnen richtig schätze, beträgt sie ungefähr zweiundzwanzig Grad – das jedenfalls zeigt der Thermostat am Treppenabsatz –, und ihre Körpertemperatur sollte demnach dreißig bis zweiunddreißig Grad betragen. Beträgt sie aber nicht. Sie ist fast normal, knapp siebenunddreißig, was darauf hindeutet, daß sie hohes Fieber hatte, als sie starb.
    Die Stellung des Körpers zeigt, daß sie sich im Todeskampf gewunden hat. Nicht so, als ob sie mit jemand kämpfte; man erkennt keinerlei blaue Flecken oder Blutergüsse, die sonst unvermeidlich gewesen wären. Es ist, als ob sie sich bei hohem Fieber im Delirium hin- und hergeworfen hätte. Ich glaube nicht, daß sie in den letzten vierundzwanzig Stunden Geschlechtsverkehr hatte. Genauer werde ich das allerdings erst später sagen können. Ist Ihnen der Speichelfluß aufgefallen?«
    »Ja.«
    »Ich habe keinerlei Parfüm an ihr bemerkt. Das könnte darauf hinweisen – ich weiß, damit pfusche ich Ihnen ins Handwerk –, aber es könnte darauf hinweisen, daß sie schon mehrere Tage lang krank war und sich keine Mühe mehr machte, Parfüm zu benützen. Wenn es sich um einen plötzlichen, überraschenden Tod gehandelt hätte, dann würde man vermutlich Parfüm an ihr wahrgenommen haben.«
    Haydon nickte. »Und was glauben Sie?«
    »Meine Mutmaßungen erfolgen nach der Autopsie. Wollen Sie bei dieser dabeisein?«
    »Muß ich denn?«
    »Nicht unbedingt.«
    Haydon schlug seine langen Beine übereinander. »Vor drei Wochen haben Ihre Leute eine Autopsie vorgenommen, an einem Callgirl namens Sandy Kielman. Ich weiß nicht, wer es gemacht hat. Aber ich bitte Sie, die Proben zu teilen und sie denselben Tests zu unterwerfen wie bei Sally Steen und bei diesem Mädchen hier.«
    »Dann müssen Sie uns einen Spezialantrag schicken. Sie wissen, der Papierkram.«
    »Ich komme morgen vormittag vorbei. Außerdem beantrage ich Dringlichkeit in allen drei Fällen.«
    Vanstraten fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Ja, ich glaube, Sie haben recht. Die Fälle sind sonderbar genug, daß so etwas gerechtfertigt ist. Allerdings nur rückblickend. Nur wegen der Anzahl von Toten innerhalb einer kurzen Zeitspanne. Medizinisch, und in sechs- oder achtmonatigen Intervallen, wären sie keineswegs als ungewöhnlich aufgefallen.«
    »Erinnern Sie sich an die Kielman?«
    »Ja. So viele Nutten kommen bei uns wieder nicht herein.«
    »Und was geht Ihrer Ansicht nach vor?«
    »Ich weiß es nicht, Stuart. Es kann alles möglich sein. Vielleicht irgendein verrückter, unbekannter Virus, der alle drei Frauen befallen hat. Also eine Sache ohne kriminellen Hintergrund. Wenn kriminell, denkt man natürlich als erstes an Gift. In diesem Fall müßte es freilich ein sehr exotisches Gift sein. Wenn es etwas Gewöhnliches gewesen wäre, hätten wir es längst. Und wenn es sich um Mord handelt, dann wurden die Drogen im Fall Kielman und in diesem nur dazu benützt, die Sache zu verschleiern. Sie komplizieren die chemischen Reaktionen der Körpergewebe und der Körperflüssigkeiten, mit denen wir arbeiten müssen. Wenn es wirklich Morde sind, dürfte Sally Steen das beste Untersuchungsobjekt sein.«
    »Es sind Morde«, bekräftigte Haydon. »Und irgend etwas daran ist merkwürdig.«
    »Merkwürdig…« sagte Vanstraten und schien über den Klang des Wortes nachzudenken.
    »Wenn jemand Streit hat mit einer Prostituierten, ist es meistens ein

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