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Kalter Fels

Kalter Fels

Titel: Kalter Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Koenig
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die aber doch … Aber lassen wir das. Nur so viel noch: Wir haben es bei dem Mörder Ihres Bruders mit einem Menschen zu tun, der geistig zurück geblieben ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er kein ›böser Mensch‹. Er hat nur nie gelernt oder nie verstanden, adäquat auf seine Umwelt zu reagieren.«
    Es war nicht zu erkennen, was sie von diesen Ausführungen hielt. Sie ging mit keinem Wort darauf ein. Stattdessen wandte sie sich direkt an Hosp.
    »Sie haben gesagt, Sie vermuten den Mann hier im Gebirge. Können Sie das nicht durchkämmen lassen? Alles von Ihren Leuten so lange durchforsten lassen, bis man ihn hat? Das muss doch möglich sein.«
     
    Als Reuss Frau Gehrig-Mannhardt zur Tür gebracht hatte, wo das herbeigerufene Taxi auf sie wartete, kam er mit Anzeichen von Mattigkeit zurück. Schwer ließ er sich in einen der Stühle fallen. »Ihr habt nichts dagegen, wenn wir einen Schlumberger aufmachen?«
    Er wartete die Antworten nicht ab, sondern bat übers Telefon eine der Kanzleiassistentinnen, eine Flasche aus der Wiener Sektkellerei zu öffnen. »Ich hoffe, das bringt die Ganglien wieder in Schwung. Nichts laugt mich mehr aus als die Treffen mit den Angehörigen von Mordopfern. Dabei müsste ich doch schon von Berufs wegen ein dickes Fell haben. Ist aber nicht so.«
    Reuss zuckte mit den Schultern.
    »Also, gehen wir’s an«, fuhr er fort. »Was kann getan werden?«
    »Gute Frage«, sagte Schwarzenbacher.
    Marielle und Pablo saßen interessiert dabei, doch sie kamen sich beide irgendwie überflüssig vor.
    »Von den Alpenvereinen gibt es noch nichts Neues«, sagte Hosp. »Ich hab mit München telefoniert, mit den Innsbruckern und mit Bozen. Nichts. Es ist allerdings auch noch nicht lange her, dass die es auf ihre Homepages gestellt haben. Sie machen das ja immer, wenn jemand vermisst wird, oder eben auch, wenn es um besondere Ermittlungen geht. Ja, und was die Zeitschriften der Alpenvereine betrifft, so haben bislang nur die Deutschen veröffentlichen können. Die anderen tun in ihren nächsten Ausgaben was rein. Aber was ist mit dem Kaisergebirge? Mit der Geschichte, an der du dran warst, Paul?«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch dort ein Mord war. Aber Ferdinand Senkhofer würde ich als Täter ausschließen. Ich habe das Gefühl, dass seine Schwester alles erzählt hat. Demnach hat er seine heimische Region, Scharnitz, das Karwendel und das Wettersteingebirge, nie verlassen. Die Menschen dort kann ich nur schwer verstehen: Die haben anscheinend fraglos geglaubt, dieser minderbemittelte Mann wäre nach Australien ausgewandert. Was die Sache im Kaiser angeht – da brauchen wir noch mehr als das, was wir bis jetzt haben. Die Geschichte mit dem iPod ist ja ganz nett, aber sie reicht nicht.«
    »Wir haben ihn im Labor untersuchen lassen«, ergänzte Hosp. »Natürlich Fingerabdrücke. Verschiedene, die sich überlagerten. Aber nichts, was bereits bei uns oder bei den deutschen Kollegen erfasst gewesen ist. Schwierig, da jetzt den Faden neu aufzunehmen. Wenngleich mir mein Gefühl ebenfalls sagt, dass es kein Unfall war. Im Moment aber stehen wir noch vor einem Rätsel.«
    Es herrschte Schweigen im Raum. Alle hingen ihren Gedanken nach und fragten sich, wie der nächste Schritt aussehen konnte. Nur warten – das war für niemanden zufriedenstellend. Warten, dass Ferdinand Senkhofer entdeckt wurde. Warten, dass aus dem Bereich der Alpenvereine Hinweise kamen auf die Geschehnisse im Kaisergebirge, im Karwendel, im Rofan und am Pirchkogel. Warten auf Zufälle.
    »Nur rumsitzen ist ein bisschen wenig«, sagte Marielle. »Vielleicht tritt ja nie so ein Zufall ein. Und dann? Bleibt dann ein möglicher Mord ungesühnt?« Sie wandte sich an Paul. »Du hast gesagt, es wäre gut, wenn Pablo und ich uns die Stellen im Kaisergebirge und im Rofan einmal genauer anschauen würden. Fotografieren und uns ein persönliches Bild von diesem Tatort machen. Ich schlage vor, dass wir das als Nächstes tun.«
    Schwarzenbacher nickte. Hosp nickte ebenfalls, hatte aber etwas anzumerken.
    »Ich bin zwar gewiss nicht mehr so flott unterwegs in den Bergen wie ihr«, sagte er. »Aber ich würde gerne mitkommen und mir aus kriminalistischer Perspektive ein Bild vom Tatort machen. Ihn da …«, er deutete mit einem kurzen Vorschieben des Kinns auf Schwarzenbacher, »ihn da werdet ihr ja wohl nicht mit hinnehmen können. Also, gestattet, dass ich mich euch anschließe.«
    Jetzt nickten Marielle und Pablo.
    Und Marielle

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