Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)
anwesend. Es ging sehr lebhaft zu.
»Mir will nicht essen«, mäkelte Ben. »Mir hat kei'n Hunger. Mir will schpielen!«
Ich gab mich mit den Kindern ab so gut ich es konnte, denn von Konzentration konnte keine Rede sein. Später wollten sie mit mir ein bisschen im Park tollen. Dazu hatte ich wenig Lust. Doch was blieb mir schon anderes übrig? Außerdem konnte es mich vielleicht von meinen bohrenden Gedanken ablenken. Offenbar war ich den Kindern keine sonderlich gute Gesellschafterin, denn es verließ sie ziemlich schnell die Lust. Miss Baxter kam und holte sie wieder ab.
Ich war wieder mit meinen Gedanken allein und durchwanderte den Park. Bei Tag wirkte er nicht so düster und unheimlich wie in der vergangenen Sturmnacht, deren Spuren man allerdings hie und da noch sehen konnte.
Dann stand ich plötzlich vor einem grauen Sandsteingebäude. Die Vorderfront war eine Art Säulenhalle, zu der einige Stufen hinaufführten. Im spitzen Giebel konnte ich eine Inschrift erkennen, die sich aber erst aus der Nähe entziffern ließ.
»Der Staub zum Staube - der Geist zu Gott«, las ich halblaut und ein wenig erschauernd. Ich stand also vor der alten Schlossgruft der Lancesters. Zögernd trat ich näher und stieg die Stufen hinauf. An manchen Stellen waren sie etwas ausgebröckelt. Ein Beweis dafür, dass auf Pflege offensichtlich kaum Wert gelegt wurde.
An der Frontseite befand sich ein schmiedeeisernes Portal, auf das ich nun langsam zutrat. Es roch überall nach welken Blumen und irgendwie modrig. Ein Geruch, der sich am besten mit dem Wort Friedhof beschreiben lässt.
Mein Herz pochte. Warum wusste ich nicht. Ich stellte fest, dass dieses zweiflüglige Gitterportal nicht ganz geschlossen war. Der rechte Flügel stand einen Spalt offen. Mir war es, als würde mich jemand geradezu auffordern, das düstere Innere der Gruft zu betreten.
Ich zögerte. War es die mir angeborene Neugier, die mich alle Vorsicht vergessen ließ? Behutsam stieß ich den Flügel auf. Er quietschte ein wenig. Aus dem hohlen Raum hallte dieses Geräusch verstärkt zurück.
Der modrige Geruch war unangenehm stark. Ich hielt mir die Hand vor den Mund und ging langsam weiter. Es dauerte eine Weile, bis sich meine Augen an die fahle Dämmerung gewöhnt hatten. Durch ein Rosettenfenster an der Rückwand sickerte grün schimmerndes Licht herein und ließ eine Anzahl steinerner Sarkophage erkennen.
Neugierig schlich ich näher. Wieder witterte ich deutlich ein Geheimnis. Schon als Kind hatte ich mich aus unerfindlichen Gründen gern auf Friedhöfen herumgetrieben. Vielleicht lag es an der uralten Frage des Menschen, was wohl nach dem Tod sein mochte?
Das Grauen, das ich dabei empfunden hatte, konnte ich, vielleicht im Gegensatz zu anderen Menschen, als wohligen Schauer zwischen meinen Schultern genießen.
Ich las etliche Namen. Meist aus alten Zeiten. Die Schriften waren schon etwas verwittert. Hier legte wohl niemand mehr Blumen nieder. Der Sarkophag zur Linken erregte meine Aufmerksamkeit, denn hier gab es noch eine Anzahl verwelkter Kränze und Sträuße.
Das musste die Ruhestätte von Peggy Lancester sein! Ich trat langsam näher. Ein Schauer rann mir über den Rücken.
War da nicht eben ein Geräusch gewesen? Ich fuhr herum. Mein Atem stockte. Nein, nichts. Nur diese Eisentür knarrte ein wenig. Vermutlich bewegte sie der Wind, der hier nie aufhörte zu wehen. Sogar die welken Blumen zitterten verhalten im Zug, so, als wollten sie mir eine geheime Botschaft vermitteln.
Noch neugieriger geworden, trat ich näher an den Sarkophag. Obenauf gab es eine Platte von Ornamenten umrahmt. Man sah, dass sie neu war. Ich betrachtete sie und stutzte. Nur den Namen Lancester konnte ich lesen. Der Name, der offensichtlich der Vorname, der ihm vorangestellt war, schien mit grauer Farbe übermalt.
Vorsichtig wischte ich mit den Fingern darüber. Die Farbe war ziemlich frisch. Mein Herz raste. Unter meinem wischenden Finger kam tatsächlich der Name Peggy zum Vorschein. Was hatte dieses Manöver zu bedeuten?
Genau in dem Augenblick, als ich noch über die Grabplatte gebeugt stand, stürzte einer der riesigen Kandelaber mit tosendem Krachen gegen die Wand.
Ich schnellte mit einem entsetzten Aufschrei herum und erblickte eine Gestalt. Ein uraltes Frauengesicht unter einem schleierartigen Kopftuch. Die Gestalt stand auf den Stufen, die vom Eingang her herunter in die Gruft führten.
Ich fasste mich blitzschnell.
»Wer sind Sie? Was tun Sie hier?«
Mit
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