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Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)

Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)

Titel: Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Dean
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einem Sprung schoss ich auf die unheimliche Gestalt zu. Sie wich zurück und hob die Hände. Eine Geste, die mir Einhalt gebot.
    »Ich war bei meinem Liebling«, hörte ich eine krächzende Stimme. Sie klang drohend und wehleidig zugleich. »Es muss doch gebüßt werden für das.«
    Wofür gebüßt werden sollte, brachte ich nicht in Erfahrung, denn die Alte huschte die Treppe hinauf, noch ehe ich ihr folgen konnte. Dann hörte ich oben die Eisentür krachen. Und bei all meinem Mut überkam mich jetzt doch eine ganz entsetzliche Furcht.
    Ich hastete hinauf. Das Schnappschloss war eingerastet. Ich riss verzweifelt am Gitter, rüttelte wie eine Wahnsinnige. Es ließ sich nicht öffnen. Ich überlegte gar nicht, ob mich die geisterhafte Alte absichtlich eingesperrt hatte oder ob es nur ein Versehen gewesen war. Ich wusste nur, dass ich hier raus musste. Es konnte tagelang dauern, bis jemand zu dieser Gruft ging. Wenn überhaupt ...
    Ich überlegte fieberhaft und ging zwischen den Sarkophagen hin und her. Sie interessierten mich nicht. Kisten waren es, in denen Tote aufbewahrt wurden.
    Sie waren tot, und sie würden es bleiben . Das hämmerte ich mir unentwegt ein!
    Dann sah ich das Rosettenfenster. Ich bin nicht gerade klein. Würde ich auf einer dieser abscheulichen Särge klettern, dann konnte ich vielleicht das Fenster erreichen. Die Särge im hinteren Teil waren nicht so luxuriös wie die vorderen. Es handelte sich um hölzerne Kisten, die von eisernen Beschlägen zusammengehalten waren. Vermutlich waren darin die »ärmeren« Verwandten bestattet worden.
    Das war mir augenblicklich egal. Ich musste hier raus. Also blieb mir nichts anderes übrig, als eine dieser Kisten zu besteigen. Von dem umgestürzten Kandelaber war ein Teil abgebrochen. Das konnte mir als Schlagwerkzeug dienen, denn ich musste diese widerlich grüne Glasscheibe zerschmettern.
    Also stieg ich auf einen der hochgestellten Särge. Ich merkte gleich, dass ich mühelos ans Fenster konnte. Mit einem Schlag zertrümmerte ich es. Frische Luft wehte wie eine Köstlichkeit durch das Grabgewölbe.
    Und dann krachte es unter meinen Füssen. Ich schrie wie am Spieß, als ich nach unten bückte. Da stand ich mit meinen Füssen im eingebrochenen Sarg. Ein ausgebleichter Schädel grinste mich hämisch an und bleckte die langen gelben Stockzähne.
    Ich brüllte und brüllte, und es war alles andere als ein wohliges Gruseln.
    »Ist da wer drinnen?«
    Meine Schreie brachen ab. Ich erkannte die Stimme sofort.
    Ronald Hornsbury!
    Der Himmel schickte ihn. Noch immer, mit beiden Beinen im Sarg stehend, rief ich ihm zu, dass ich in der Gruft sei.
    »Ich kann nicht raus!«, rief ich. »Das Eingangstor ist zugefallen. Helfen Sie mir - bitte!«
    »Warten Sie ein paar Minuten«, hörte ich Ronald antworten. »Ich werde Hilfe holen.«
    Ich kletterte aus dem Sarg mit seinen Überresten. Ein gewisser Fennimore Lancester, verstorben 1882, wie ich feststellte. Ich klappte die eingebrochene Kiste zu, so gut es möglich war und ging hinauf zum Gitter. Ich glaubte, hinter mir höhnisches Gelächter zu hören. Aber ich bin sicher, es war eine Täuschung, hervorgerufen durch meine überreizten Nerven.
    Dann sah ich Ronald aus dem grünen Urwald auftauchen. Er hatte einen Schlüssel bei sich, den er, wie er später sagte, aus dem Schloss geholt hatte.
    Er sperrte auf, und ich sank in seine Arme. Nicht, weil ich ihn etwa liebte. Viel mehr, weil ich erleichtert war.
    »Was ist passiert?«, wollte der ungeliebte Nachbar wissen.
    »Eigentlich gar nichts«, antwortete ich ruhig. »Eine Dummheit von mir. Ich kam durch Zufall hierher, betrat die Gruft und die Tür fiel hinter mir zu.«
    »Frauen sind doch zu neugierig«, meinte er fast belustigt und doch irgendwie hintergründig. Er legte seinen starken Arm um meine zitternden Schultern und geleitete mich zum Schloss zurück.
     
    *
     
    Ronald hatte sich rasch verabschiedet, obwohl ich ihm sagte, dass weder Miriam noch Kendal im Hause waren. Ich kämpfte einige Augenblicke mit mir, ihm von der seltsamen Alten zu berichten, die mir in der Gruft begegnet war. Doch ließ ich es bleiben. Er hätte es für ein Hirngespinst halten können.
    Diese Alte ging mir nicht aus dem Sinn. Wer war sie? Woher kam sie? Was hatte sie in der Schlossgruft zu tun gehabt? Und ihr seltsamer Kommentar: Ich war bei meinem Liebling. Und für etwas sollte gebüßt werden? Wofür?
    Fragen über Fragen, auf die ich keine Antworten fand. Auch meine vorsichtigen

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