Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)
Erkundigungen beim Personal brachten mich nicht weiter. Was ich aber mit Sicherheit zu wissen glaubte, war meine Erkenntnis, dass ich tatsächlich einem Geheimnis auf der Spur war. Und diese Erkenntnis ließ mich von meinen Plänen, alsbald wieder abzureisen, nun doch abrücken. Ich musste wissen, was geschehen war. Darüber, dass ich mich vielleicht selbst in Gefahr brachte, dachte ich gar nicht nach. Mein Forscherdrang beherrschte mich vollständig und schaltete jede Alarmlampe einfach aus.
Die folgenden beiden Tage blieben ruhig. Ich überlegte, wie ich die Sache wohl angehen konnte. Sollte ich mit Miriam über die merkwürdigen und unglaublichen Ereignissprechen? Es gab in mir etwas, das mich instinktiv davon abhalten wollte. Aber vielleicht kam ich doch über Miriam einen Schritt weiter? Oder gar über Kendal? Der Gedanke, dass er in irgendwelche bösen Geschichten verwickelt sein könnte, erschreckte mich natürlich, denn schließlich war er ein Verwandter von mir und nicht Miriam.
Jedenfalls kehrten beide sehr gutgelaunt aus London zurück. Die Geschäfte schienen erfolgreich gelaufen zu sen. Beide strahlten wie die Sonne im Juni, umhalsten mich und dankten mir viele Male.
Den Schrecken, der allem folgen sollte, konnte ich auch später lange Zeit nicht vergessen. Es fragte mich niemand mehr nach meiner Abreise. Ich hatte wenig Pflichten, meine absoluten Freiheiten und unsere Unterhaltungen Hefen auf harmloses Geplänkel hinaus.
Doch dann, eines Abends. Ich ging mit Ken im Garten spazieren. Wir plauderten. Unsere Unterhaltung war allerdings ein wenig gezwungen. Mir schien, er hatte etwas auf dem Herzen, wollte aber nicht richtig damit herausrücken.
»Sieh nur«, sagte er plötzlich. »In Peggys Räumen brennt ja Licht!«
Fast wäre es mir über die Lippen gekommen, dass dies schon einmal geschehen war. Aber ich verbiss es mir.
»Sehen wir doch mal nach«, schlug ich mutig vor.
»Ich war nie wieder dort, seit - ich meine - seit es passiert ist«, gestand er mir.
»Dann ist es ein guter Grund nach dem rechten zu sehen, oder nicht?«, fragte ich beschwingt. Mein Herz hämmerte, und ich sah dem fieberhaft entgegen, was geschehen würde.
»Ich weiß nicht«, antwortete Kendal zögernd. »Vermutlich war eines der Mädchen in den Räumen und hat vergessen, die Lichter zu löschen.«
»Das glaube ich nicht!«, stieß ich hervor.
»Aber es ist doch möglich.«
»Möglich schon, aber nicht...« Ich fühlte, ich hatte mich verfangen. Plötzlich spürte ich Kendals Hand an meinem Arm. Seine Finger pressten ungewöhnlich heftig zu.
»Was ist los, Kate?« fragte er. »Du verschweigst mir etwas. Was verschweigst du mir?«
»Etwas, das du mir nicht glauben würdest«, erwiderte ich lahm und matt. »Weil es einfach unglaublich ist und ich in deinen Augen nicht als verrückt gelten will.«
»Das tust du nicht, Kate«, widersprach Ken heftig. »Sag mir endlich, was los ist!«
»Was los war«, verbesserte ich und fand meine Sicherheit wieder. Darm sagte ich ihm, was mir in diesem Zimmer widerfahren war. Dass ich dort Miriam getroffen hatte. Miriam, die angeblich in London war.
»Wir waren in London«, murmelte er betroffen. »Sie hätte keine Gelegenheit gehabt, hierher zu fahren und so schnell ... Nein, Kate, du musst dich geirrt haben!«
»Ich sagte doch gleich, dass du mich für verrückt hältst«, meinte ich. »Aber ich bin es, weiß Gott, nicht. Ich habe Miriam gesehen. Oder zumindest eine Frau, die ihr aufs Haar gleicht. Auch die Stimme - einfach alles. Ich sagte doch, es ist unglaublich!«
Er blickte zu Boden. Was er dachte, wusste ich nicht.
»Wir glauben doch beide nicht an Gespenster, oder?« fragte er dann. Ich spürte das Bemühen, seine Stimme nüchtern und sachlich klingen zu lassen.
»Natürlich nicht«, bestätigte ich. Ich zögerte. »Glaubst du - ich meine - hältst du es für möglich, dass man die - Rollen getauscht hat? Ich meine, dass Miriam nicht Miriam ist ...«
»Und dass Peggy noch lebt?«, fragte er hastig. Sein Gesicht war verzerrt. »Und wer liegt im Sarg? Wer wurde obduziert? Nicht von einem irgendjemand, sondern von einem anerkannten Professor? Wer? Nein, das ist alles so ausgeschlossen, wie man nur etwas überhaupt ausschließen kann.«
»Dann lass uns in Peggys Räumen nachsehen, was dort los ist«, beharrte ich mit fester Stimme.
»Also gut«, gab er nach. »Gehen wir dorthin. Aber ich sage dir gleich ...«
Ich ging so hastig voran, dass der Wind seine Wortfetzen
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