Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)
Equipage, vor die zwei feurige Rappen gespannt waren.
»Gefällt es Ihnen?«, fragte Ronald. Seine Kleidung war ausgesprochen ländlich. In meinem weißen Kleid kam ich mir neben ihm direkt etwas exotisch vor. Ihn schien es nicht zu stören.
»Dass Sie Ideen haben, muss ich Ihnen durchaus zugestehen«, sagte ich fast bewundernd. Er half mir beim Einsteigen und gab dann dem Kutscher, einem hageren Menschen mit verkniffenem Gesicht, das Zeichen zum Losfahren. Der Wagen rollte über die Allee hinaus. Ich war mir sicher, dass man uns beobachtete. Besonders Miriam.
Der Tag war prächtig. Das Land erschien mir bei Weitem nicht mehr so grau und düster wie am Tag meiner Ankunft. Gewiss, es war ein karges Land. Doch dessen Tristesse reizte mich irgendwie.
Die Fahrt führte uns durch mooriges Gebiet. Um uns herum leuchteten weiße Birkenstämme und manchmal streifte mich das grüne Blattgeriesel dieser Bäume in meinem Gesicht.
»Wie lange werden Sie noch bleiben, Kate?«, fragte mich Ronald plötzlich in das monotone Räderrollen hinein.
»Es kommt darauf an«, gab ich zurück.
»Worauf?«
Ich biss mir auf die Lippe. All zu-viel wollte ich über meine Pläne nicht verraten. Genau gesagt hatte ich gar keine genauen Pläne. Aber ich musste einen Ansatzpunkt finden, damit er mir etwas erzählte. Falls er überhaupt etwas wusste.
»Bis ich herausgefunden habe, wer auf Highmoral böse Streiche spielt«, sagte ich mutig. »Man hat Sie in Verdacht.«
»Streiche?«, fragte er mit gefurchter Stirn. »Was für Streiche denn? Sehe ich wie ein - Lausbub aus?«
»Das gewiss nicht«, wies ich zurück. »Aber das Kind im Manne soll noch nicht ausgestorben sein.«
»Wir kommen gleich zu einem kleinen Landgasthof«, erklärte er. »Dort werden wir ungestört sein. Sie müssen mir das alles erzählen, Kate. Ich bin von Natur aus ein sehr neugieriger Mensch. Und noch neugieriger werde ich, wenn man mich irgendwelcher Schandtaten verdächtigt.«
Der Gasthof lag zauberhaft am Rande eines Moorsees. Das Haus, aus Natursteinen gemauert und mit tief herabgezogenem Reetdach, stand unter einer Gruppe Birken und fügte sich prächtig in die Landschaft ein. Das musste ein wahrer Geheimtipp sein, denn ich stellte fest, dass keine Gäste anwesend waren.
»Oh, Master Ronald, das ist aber eine Freude!« Mit diesen Worten wurde Ronald von der fast kugelrunden Wirtin begrüßt. Ihre Wangen leuchteten wie v ollreife Äpfel und die Augen blitzten wie schwarze Kirschen aus dem erhitzten Gesicht.
»Hoffentlich haben Sie noch etwas von Ihrem vorzüglichen Lammbraten für uns, Nelly?«, fragte Ronald gutgelaunt.
»Für Sie immer, Master Ronald«, erwiderte diese Nelly strahlend. »Und eine charmante Begleitung haben Sie heute dabei.«
»Ich bin Kate Morrison und in der Gegend zu Besuch«, sagte ich und nahm die fleischige Hand der Wirtin. Dann setzten wir uns in eine Nische. Das Gasthaus hatte Stil. Nichts war gekünstelt oder aufgesetzt. Die alten Sachen, die fast wie zum Gebrauch herumstanden, waren sicherlich mit viel Liebe zusammengesucht worden und vermittelten einen Hauch der sogenannten guten alten Zeit.
»Also«, nahm Ronald das Thema wieder auf. »Was hat es mit diesen Streichen auf sich.«
Ich erzählte es ihm. Die Sache, die ich mit Miriam erlebt hatte, während sie angeblich oder tatsächlich in London weilte. Dann die Geschichte, die ich mit Kendal erlebte und die Miriam dann als Streich darstellte.
»Und weshalb sollte ich auf eine solch dumme Idee kommen?«, fragte er mich ernst.
»Vielleicht um jemanden zu erschrecken?« wagte ich zu vermuten.
»Mit welchem Gewinn?« wollte Ronald wissen. »Das wäre immerhin ein immenser Aufwand. Erst einmal müsste man eine Frau finden, die genauso aussieht wie Miriam. Nein, das ist ausgemachter Blödsinn.«
»Dann steckt etwas anderes dahinter!«, platzte ich heraus.
»Das vermute ich auch«, gab mir Ronald nachdenklich recht. »Aber was?«
Mein Vertrauen wuchs. So entschloss ich mich, nun auch die Geschichte in der Gruft zu erzählen. Er hörte mir interessiert zu und unterbrach mich mit keinem Wort.
»Diese Frau muss aus der Gegend stammen«, vermutete ich. »Sie muss die Verhältnisse kennen. Sonst wüsste sie nichts von der Schlossgruft im Park. Und es muss eine Verbindung zwischen ihr und Peggy bestanden haben. Scheinbar eine innige Beziehung, sonst hätte sie nicht 'mein Liebling' gesagt.«
Ronald schüttelte langsam den Kopf. »Das hätte ich wohl am ehesten wissen müssen«,
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