Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)
ihnen zu hegen, das ich nicht zu deuten wusste.
»Und wenn schon!«, stieß sie hervor. »Wenn ich mit meinem Mann streiten würde, ginge es dich kaum etwas an. Dass du dich immer und überall in alles einmischen musst.«
»Aber das tue ich doch gar nicht«, verteidigte ich mich mit Unschuldsmiene. »Du hast ja recht, Miriam, es ging mich tatsächlich überhaupt nichts an.«
»Miriam - bitte!« Kendals Stimme hatte flehend geklungen. Ich glaubte, fast so etwas wie Verzweiflung zu spüren.
»Ich habe absolut nichts gegen Verwandte«, sagte Miriam mit kaltem Lächeln. »Aber sie sind wie Käse und Fisch. Nach drei Tagen fangen sie an zu stinken.«
Daraufhin verließ Miriam den Raum, noch bevor ich etwas erwidern konnte. Ich musste nach Luft schnappen und blickte Kendal an. Er sah zu Boden.
»Ich verstehe Miriam nicht mehr«, murmelte er dann. »Sie hat sich so erschreckend verändert. Manchmal ist sie mir richtig fremd.«
Die Sache mit der Seelenwanderung kam mir wieder in den Sinn. Doch verwarf ich diesen Gedanken sofort wieder. Ich glaubte nicht daran. Für mich war es blanker Humbug.
»Vielleicht sollte ich doch abreisen?«, fragte ich mich laut. »Es gibt ja ohnehin für mich nichts mehr zu tun. Es gab gar nichts für mich zu tun.«
»Ich dachte, du könntest ihr vielleicht helfen«, meinte Ken hilflos. »Ihr helfen, sich wieder zu fangen. Es war immerhin ein Schock für uns alle. Glaubst du, das könnte bei Miriam eine Art psychische Erkrankung ausgelöst haben?«
St. James! Mrs. Colliman! Miriams Besuch dort. Das alles schoss mir jetzt blitzartig durch den Kopf. Hatte Miriam in diesem Sanatorium vielleicht Hilfe gesucht? War es jetzt an der Zeit, mit Ken darüber zu sprechen? Immerhin hatte er mich direkt nach meiner Vermutung gefragt. Also sollte ich vielleicht auch direkt antworten? Ich kämpfte heftig mit mir.
Vorsichtig brachte ich die Sprache darauf, fragte Kendal, ob ihm der Name dieses Sanatoriums etwas sagte.
»Soweit ich weiß, hatte Peggy mal Verbindung mit diesem Sanatorium. Nicht, weil sie etwa verrückt war. Es muss sich um eine Affäre mit einem jungen Arzt gehandelt haben.« Ken zuckte die Schultern.
»Ihre Affären gingen mich nichts an. Aber sie war wohl ein paarmal dort und hat auch häufig telefoniert.«
»Ich - ich sah Miriam dort!«, stieß ich hervor.
Kendal schnellte herum. Auf seinem Gesicht zeichnete sich Erschrecken ab.
»Miriam? Das ist doch wohl unmöglich.«
»Doch, Ken«, sagte ich. »Es ist die Wahrheit. Ich kam mehr oder weniger durch einen Zufall dorthin und sah Miriam. Daran zweifle ich nicht. Sie sprach dort mit einer Frau, die sich mir gegenüber später sehr merkwürdig benommen hat. So, als gäbe es etwas zu verbergen.«
Kendal setzte sich. Er legte die Hände ans Kinn. Mir war klar, dass er das alles erst einmal verarbeiten musste.
Natürlich ging das nicht von einem Augenblick zum anderen.
»Ich werde Miriam ...«
»Nein, frag sie nicht danach!«, stieß ich rasch hervor. »Ich halte das für falsch. Vielleicht hat sie dort Rat und Hilfe gesucht. Vielleicht hast du ja recht mit deiner Annahme, dass sie irgendwie krank ist. Vielleicht wagte sie es nicht, mit dir darüber zu sprechen?«
»Mit diesen vielen Vielleichts kann ich wenig anfangen«, sagte er dumpf. »Ich spüre nur, dass etwas nicht stimmt.«
»Verzeih, wenn ich wieder vielleicht sagen muss«, warf ich rasch ein. »Aber vielleicht gibt sich alles, wenn ich wieder weg bin? Mir kommt es so vor, als ob Miriam in meiner Person eine - Art Bedrohung sieht.«
»Dafür gäbe es keinerlei Gründe«, sagte Kendal. »Du bedrohst sie doch nicht.«
»Natürlich nicht«, bestätigte ich. »Gab es denn innerhalb der Familie schon mal Anzeichen für eine solche Erkrankung?«
Ken zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht«, bekannte er. »Wir haben mit den übrigen Mitgliedern der Familie Lancester fast keinen Kontakt mehr. Miriam und Peggys Eltern sind tot. Weitere Geschwister gibt es nicht. Nur noch ein paar entfernte Verwandte. Sie sind alle aus dem Erbe entschädigt worden. Nur Peggy - ich meine - sie hatte irgendein Geheimnis.«
»Ach?«
Kendal erzählte mir, was ich bereits von Ronald Hornsbury wusste. Nämlich, dass Peggy regelmäßig verreiste, eine Nacht wegblieb und dann ziemlich verstört zurückkehrte. Auch Ken konnte mir nicht sagen, wohin sie gefahren war.
»Vielleicht in dieses Sanatorium?«, vermutete ich.
»Aber weshalb?«
»Vielleicht war sie auch krank? So wie jetzt
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