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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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hatte das starke Gefühl, dass ihr jemand folgte, doch jedes Mal, wenn sie nach hinten blickte, sah sie nichts als Bäume.
    Sie kam auf eine Lichtung zu einer weiteren Hütte, ebenfalls weiß, doch mit Flecken übersät – Flecken, die in der Sonne schimmerten und flirrten. Das Fenster war mit Brettern vernagelt. Das Surren war jetzt ungleich lauter, und sie sah, dass es von den Mücken- und Fliegenschwärmen stammte, die wie dunkle Schleier um die Hütte wehten.
    Von innen war ein Geräusch zu hören, und sie wich hinter die Bäume zurück. Sie versteckte sich hinter einem Gebüsch und hoffte, dass ihr rotes Haar nicht zu sehen war. Red Bear kam heraus, ein kleines Beil in der Hand. Er sah sich um, fast als schnupperte er im Wind, dann wandte er sich wieder zur Tür und machte sie zu. Er überquerte die Lichtung und kam genau auf Terri zu. Als er an ihr vorüberging, hielt sie den Atem an, so dass sie die Zweige unter seinen Füßen knacken hörte.
    Als er mit Sicherheit nicht mehr in der Nähe war, lief sie die Treppe zur Hütte hoch und öffnete die Tür. Der Gestank verschlug ihr den Atem, und sie wusste im selben Moment, obwohl sie schlief, dass dies kein Traum war, sondern eine Erinnerung, die sie noch einmal durchlebte. Einen solchen Gestank konnte man nicht träumen.
    Sie ließ die Tür offen, um Luft zu bekommen und um etwas zu sehen. Sie hatte nicht vor, länger als eine halbe Minute zu bleiben, eben lange genug, um herauszufinden, was Red Bear im Schilde führte. Kevin war so hoffnungslos zugedröhnt, dass er an ihm nichts auszusetzen fand oder auch finden wollte, während sie selbst von der ersten Begegnung an das Gefühl gehabt hatte, dass bei Red Bear etwas gewaltig zum Himmelstank. Diese toten Augen. Wenn sie Kevin einen Beweis dafür liefern konnte, was für ein Mensch Red Bear war, dann würde er ihr glauben und mit ihr nach Vancouver kommen. Natürlich wusste sie selber nicht so genau, was für ein Mensch Red Bear war, noch war sie auf das gefasst, was sie entdeckte.
    Der riesige Eisenkessel an der Rückwand der Hütte. Es stachen mehrere lange Äste heraus. Terri zwang sich, die Hütte zu durchqueren und mit angehaltenem Atem über den Rand zu schauen. Die schwarze, trübe Flüssigkeit sah so faulig aus wie eine Kloake, doch unter der Oberfläche war nichts zu erkennen. Sie packte einen der Stöcke und rührte in der Brühe. Ein haariger Gegenstand tauchte auf und drehte sich in einem langsamen Wirbel herum, so dass Mund und Nase sowie leere Augenhöhlen erschienen.
    Sie rannte los. Sie rannte hinter den Hütten quer durch den Wald, in der Hoffnung, dass sie niemand sehen würde.
    Dann war sie in der »Gäste«-Hütte und warf ein paar Sachen in ihren Rucksack. Und betete, dass Kevin zurückkam, damit sie hier beide schleunigst verschwinden konnten.
    Der Reißverschluss ihres Rucksacks klemmte. Sie zerrte mit den Fingernägeln daran, als die Tür aufging, Red Bear vor ihr stand und sie selbst einen lauten Schrei ausstieß. Es war vermutlich das einzige Mal in ihrem Leben gewesen, dass sie tatsächlich schrie – kurz und schrill brach es aus ihr heraus. Von diesem Schrei wachte sie auf und nicht vom Donner. Schweißgebadet saß sie senkrecht im Bett, die Bilder von Red Bear und seinem Leichenhaus greifbar vor Augen.
    Jetzt kamen weitere Erinnerungen.
    »Ich hab nichts gesehen«, hatte Terri herausgebracht. »Ich schwöre.« Noch nie hatte sie so viel Angst in einer Stimme gehört, schon gar nicht in ihrer eigenen.
    »Sie werden niemanden anrufen, Sie werden nicht mit Kevin reden, es gibt keinen Abschiedskuss. Sie packen IhreSachen und lassen sich zum Flughafen oder Bahnhof fahren. Der Fahrer wird warten, bis Sie im Zug oder Flugzeug sind. Sie können von Glück sagen, dass ich Sie nicht töte. Und glauben Sie nicht etwa, ich würde Gnade walten lassen.« Er deutete zum Himmel. »Es liegt nur am Mond.«
    »Von mir erfährt niemand was«, hatte sie gesagt. »Ich schwöre, keine Menschenseele.«
    »Natürlich nicht. Das hätte fatale Folgen für Kevin. Und wir wollen doch beide nicht, dass Ihrem Bruder was passiert?«
    Allmählich setzten ihr Wind und Regen, die über den See herüberpeitschten, ein wenig zu. Sie war zu einer Entscheidung gelangt. Am besten konnte sie Kevin helfen, wenn sie Detective Cardinal alles sagte, was sie wusste. Sie konnte das Lager beschreiben, die weißen Hütten, die Inseln in der Ferne. Er konnte sich dann sicher denken, wo es war.
    Sie verließ den Ziegelpfad und wandte

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