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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Miete.«
    »Irgendeine Idee, wo er stecken könnte?«
    Sie zuckte die Achseln und wies mit der Furcht erregenden Nase Richtung Highway. »Da, wo er immer is. Im Clubhaus. Lässt sich öfters mal ’ne ganze Woche nich blicken, aber zwei Wochen hattemer noch nich.«
    »Bitte seien Sie so nett«, sagte Cardinal und reichte ihr seine Visitenkarte. »Rufen Sie uns sofort an, wenn Sie ihn sehen.«
    »Aber sicher doch«, sagte die Frau. »Und danach können Sie mich gleich ins Leichenschauhaus schaffen.«
    Cardinal wollte noch etwas antworten, doch die Frau schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
    »Das war toll«, sagte Delorme auf dem Weg zum Wagen. »Du verstehst wirklich was von Frauen.«
    Von ein paar schillernden Ausnahmen abgesehen, haben Motorradgangs im nördlichen Ontario gelernt, dass es sich nicht auszahlt, eine Menge Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    Aus diesem Grund sind die Viking Riders vor einigen Jahren mit ihrem Clubhaus von der Trout Lake Road an eine entlegene Stelle bei Powassan nicht weit vom Highway 11 umgezogen. Nichts an dem klotzigen roten Ziegelbau verrät, dass er für ein Pandämonium auf Rädern als Unterkunft dient. Der zufällige Passant könnte sogar wegen des verblichenen Schildes im dritten Stock und des hartnäckigen Jutegeruchs auf den Gedanken kommen, dass hier immer noch die Sackfabrik Bronco untergebracht sein könnte, die schon seit 1987 nicht mehr existiert. Der Bau hatte noch nie viele Fenster, und die meisten verbliebenen sind bis auf schmale Schlitze zugemauert, als hätten die derzeitigen tiefstmittelalterlichen Bewohner die volle Absicht, auf jeden zu feuern, der töricht genug war, die ehemalige Fabrik zu belagern.
    Als Cardinal an die Stahltür donnerte, hielt er seine Marke einer Überwachungskamera entgegen. Delorme auch.
    Die Tür ging auf, und der Mann, der vor ihnen stand, sah nicht im Entferntesten wie ein Biker aus: fünfunddreißig, eins fünfundsiebzig groß, vielleicht sechzig Kilo schwer. Sein kurzes, sauber gescheiteltes Haar und die runden Gläser seiner Designerbrille verliehen ihm eher einen Hauch von Akademiker.
    Vor ihnen stand Steve Lasalle, Vorsitzender der hiesigen Gruppe der Viking Riders; er war etwa zwanzig Jahre jünger als seine Kollegen, doch Cardinal hatte schon geschäftlich mit ihm zu tun gehabt.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte Lasalle. »Ich würde Sie ja gerne reinbitten, aber es ist zu chaotisch.«
    »Wir suchen Walter Guthrie«, sagte Delorme. »Ist er da?«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Er ist auch nicht zu Hause. Seine Wirtin hat ihn seit zwei Wochen nicht gesehen.«
    »Wer hätte das gedacht. Ich auch nicht.«
    »Wann genau haben Sie ihn denn das letzte Mal gesehen?«
    Die Tür flog vollends auf, und Lasalle wirkte neben dem Westgoten, der jetzt bedrohlich an seiner Seite aufragte, entschieden schmächtig: Harlan Calhoun, fünfzig Jahre alt und hundertsiebzig Kilo geballte Zerstörungswut – für seine Freunde »Haystack« oder, frei übersetzt, ein Haufen Stroh. Hätte er einen Hals besessen, dann hätte er Kragenweite 50 gehabt, etwa so groß wie die Schlangenleder-Cowboystiefel, die er an den Füßen trug.
    »Wer zum Teufel seid ihr Arschlöcher?« Sein Ton war einen Hauch unterkühlt.
    »Geht schon klar, Haystack«, sagte Lasalle. »Ich kümmer mich drum.«
    »Ich bin Detective Cardinal, und das hier ist Detective Delorme. Kripo Algonquin Bay.«
    »Kurzmeldung«, sagte Haystack. »Das hier ist nicht Ihr Zuständigkeitsbereich. Und jetzt labert keinen Scheiß und zieht Leine, sonst reiß ich euch den Arm ab und prügel euch damit tot.«
    »Wer ist Ihr fetter Freund da?«
    Calhoun trat aus der Tür, so dass seine Brust bis auf zwei, drei Zentimeter an Cardinals Gesicht herankam.
    »Geh wieder rein, Haystack«, sagte Lasalle.
    »Cardinal«, sagte Calhoun. »Klingt indianisch.«
    »Heute nicht mehr«, sagte Cardinal. »Aber danke für das Kompliment.«
    »Wie wär’s, wenn ich dich in dein Tipi zurückbefördere? Auf meiner Stiefelspitze.«
    »Weißt du was, Shitstack – willst du nicht besser reingehenund diesen Ziegenarsch in deinem Gesicht stutzen? Ach so, bitte um Verzeihung – das soll wohl ein Bart sein?«
    Lasalle fing den Fausthieb ein paar Zentimeter vor Cardinals Wangenknochen ab. Seine Knöchel waren da, wo er Calhouns Handgelenk packte, weiß. »Ich hab gesagt, geh wieder rein.«
    Cardinal hielt ein Paar Handschellen hoch und ließ sie vor Calhouns Nase klirren. »Hier, mein Junge. Gassi gehen?«
    Calhoun grinste, so

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