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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Minivan mit seiner Fuhre studentischer Fotonarren früh an diesem Morgen draußen am Gehsteig hupte, faltete sie immer noch T-Shirts und warf Toilettenartikel in den Kulturbeutel und suchte im Schrank wie auch unter dem Bett nach einem zweiten Paar Schuhe.
    Cardinal öffnete die Tür. Die Frau, die auf den Eingangsstufen stand, war groß, vielleicht vierzig, nicht unbedingt hübsch, aber smart, und das fand Cardinal attraktiv.
    »Ich dachte nur, ich schau mal, ob ich Catherine vielleicht helfen kann«, sagte sie.
    »Ich denke, sie hat alles im Griff. Sie ist gleich so weit.«
    »Christine Nadeau«, sagte die Frau und reichte ihm zur Begrüßung die Hand. »Ich mach bereits den dritten Kurs bei Ihrer Frau. Wissen Sie eigentlich, was für eine tolle Lehrerin sie ist?«
    »Hab ich mir schon sagen lassen. Aber trotzdem, danke.«
    »Alle freuen sich mächtig auf diese Reise.«
    »Gut. Catherine auch.«
    Christine Nadeau kehrte wieder zum Wagen zurück, um dort zu warten, und Cardinal fand Catherine im Schlafzimmer, wo sie gerade die Reißverschlüsse an ihrem Handgepäck zuzog. Sie hatte ein rotes Gesicht und schien außer Atem.
Sollte ich was sagen?
    »Ich bin so desorganisiert«, sagte Catherine. Sie stopfte sich lose Münzen und Scheine in die Taschen ihrer Jeans, während Cardinal den Koffer aus dem Wohnzimmer schleppte. »Allmählich müsste ich es doch gelernt haben.«
    »Du bist nicht desorganisiert. Du hast dich einfach nur darauf konzentriert, deine Kameraausrüstung auf Vordermann zu bringen.«
    »Ich werd sie nicht noch mal überprüfen«, sagte Catherine. »Kostet mich zwar äußerste Selbstbeherrschung, aber ich werde sie nicht noch mal überprüfen.«
    Sie zog eine khakibraune Anglerweste an. Selbst an Catherine war sie ausnehmend hässlich, aber sie besaß tausende Taschen für Filme, Blitzlichtlampen, Batterien, Stifte, Etiketten und Filter – den ganzen Kleinkram, der für einen ernsthaften Fotografen unverzichtbar war.
    »Hast du deine Medikamente eingepackt?«, fragte Cardinal. Es musste sein. Er konnte nicht einfach zusehen, wie sie die Stadt verließ, ohne es auch nur einmal zu erwähnen.
    Catherine kehrte ihm den Rücken und zog einen leichten Mantel über die Weste. Einen schmal geschnittenen schwarzen Mantel. Er hatte eine Kapuze mit rotem Futter, die vage Assoziationen an Rotkäppchen weckte.
    »Hast du gehört, Liebling?«
    »Ja, John. Ich hab’s gehört. Ja, ich hab meine Medikamente eingepackt. Danke für die Erinnerung, dass man mich keinen Schritt unbeaufsichtigt aus dem Haus lassen kann.«
    »Schon gut. Ich hätte nichts sagen sollen.«
    »Ich kann’s nicht abwarten, auf große Abenteuerfahrt zu gehen, und du hast nichts Besseres zu tun, als mir die Petersilie zu verhageln.«
    »Jetzt übertreibst du aber, Schatz. Ich bin froh, dass du diese Exkursion unternimmst. Nach fünfundzwanzig Jahren oder egal wie lang solltest du allmählich wissen, dass ich nichtanders kann, als mir ständig Sorgen zu machen. Viel Spaß, wir sehen uns, wenn du wiederkommst.«
    Catherine nahm ihren Koffer und ging ohne ein weiteres Wort. Cardinal sah ihr schweren Herzens zu, wie sie in den Wagen stieg.
Ich hätte nichts sagen sollen
.
    Er war in der Küche und räumte den Frühstückstisch ab, als Catherine noch einmal hereingerannt kam. Sie blieb in der Küchentür stehen und holte tief Luft.
    »Also gut«, sagte sie. »Es tut mir leid. Ich hab’s nicht so gemeint. Es ist nur – ab und zu, wirklich nur ab und zu bilde ich mir tatsächlich ein, ich wäre normal. Ich stelle mir vor, dass ich alles tun kann, was normale Menschen tun, ohne eine Sekunde nachzudenken, warum auch nicht? Es ist nicht leicht für mich, daran zu denken, dass ich dieses Problem habe. Es tut weh, daran erinnert zu werden.«
    »Tut mir leid, wen ich dich deprimiert habe«, sagte Cardinal. »Reine Gewohnheit …« Catherine kam auf ihn zu und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Wange zu küssen.
    »Du machst dir zu viele Gedanken.«
    Wenig später fuhren Cardinal und Delorme zum Krankenhaus St. Francis raus. Eigentlich hieß es inzwischen anders, doch Cardinal konnte sich nicht daran gewöhnen. Das städtische Krankenhaus von Algonquin Bay bestand aus zwei Ziegelblocks, die einmal zwei getrennte Krankenhäuser beherbergt hatten, bis die Provinzregierung entschied, dass sie sich in gottgefälliger Sparsamkeit vereinigen sollten. Das kleinere, das ursprüngliche St. Francis, liegt auf halber Höhe mit Blick über die Ecole

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