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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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dass es im unappetitlichen Gestrüpp seines Barts golden aufblitzte.
    »Nächstes Mal, Cardinal, nächstes Mal.«
    »Verlass dich drauf.«
    Während Calhoun verschwand, zuckte Lasalle die Achseln – was will man machen?
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, sagte Delorme. »Wann haben Sie Walter Guthrie das letzte Mal gesehen?«
    »Können Sie mir irgendeinen Grund nennen, weshalb ich Ihnen das verraten sollte?«
    »Mir fallen mehrere ein.« Delorme legte ihren besten frankokanadischen Tiefkühlblick auf. »Erstens mal haben Sie nichts zu verlieren, wenn Sie es tun. Zweitens aus diplomatischen Erwägungen – das wohlwollende Auge Ihrer hiesigen Freunde und Helfer ist nicht mit Gold zu bezahlen. Und drittens gibt es, was dieses Haus betrifft, noch das Problem mit der Baupolizei.«
    »Sehen Sie hier etwa irgendwelche Verstöße gegen die Vorschriften?«
    »Ein Inspektor möglicherweise schon. Genauso, wie das Amt für Umweltschutz vielleicht sieht, dass Sie ein Problem mit Ihrem Müll hinterm Haus haben. Oder das Gesundheitsamt etwas an Ihrem Klärbehälter auszusetzen hat. Oder auch …«
    Lasalle sah Cardinal an.
    »Ist die immer so gereizt?«
    »Sie müssten sie mal sehen, wenn sie es ist.«
    »Hören Sie, Lady«, sagte Lasalle. »Ich hab den Kerl nicht gesehen. Niemand hat ihn gesehen. Ehrlich gesagt möchte ich Sie bitten, ihn herzubringen, falls Wombat Ihre Wege kreuzt und wenn Sie mit ihm fertig sind.«
    »Und ich dachte, ihr seid hier Blutsbrüder«, sagte Cardinal. »Sagen Sie nur nicht, er hat Ihnen Leids angetan.«
    »Sagen wir einfach mal, der alte Wombat schuldet uns eine Erklärung.«
    »Was vielleicht wiederum erklärt, weshalb er nicht da ist. Vielleicht haben Sie ihm ja schon die Meinung gesagt, und er kommt nicht wieder.«
    »Wo haben Sie ihn zuletzt gesehen?«, fragte Delorme. »Das haben Sie mir immer noch nicht beantwortet.«
    »Ob Sie’s glauben oder nicht, ich führe nicht Buch darüber, wann er kommt und geht. Das letzte Mal, an das ich mich erinnere, hatten wir ein paar Leute da, wir haben Videos gesehen, und Wombat ist auf dem Sofa weggetreten. Nichts Besonderes bei ihm. Ich hab am nächsten Morgen damit gerechnet, ihn an derselben Stelle vorzufinden, aber Fehlanzeige. Jetzt geht er nicht ans Handy, und zu Hause ist er auch nicht, ich hab null Ahnung, wo er steckt. Er schreibt nicht, er ruft nicht an, und wir machen uns alle schreckliche Sorgen.«
    »Von wegen, ihr wollt ihn finden«, sagte Delorme. »Ihr habt die Schnauze voll von ihm.«
    »Was sind Sie, meine Therapeutin? Wenn Sie meine Gefühle ergründen wollen, Teuerste, dann machen Sie einen Termin. Donnern Sie nicht einfach an meine Tür.«
    »Wo würde Wombat aller Wahrscheinlichkeit nach hingehen?«
    »Sie lassen das Ungeziefer rein«, sagte Lasalle und schloss die Tür.
    Cardinal und Delorme eilten, in je einem schwarzen Mückenschwarm, zum Wagen zurück.
    Delorme warf den Motor an. »Oh Mann, hast du’s diesem Haystack aber gezeigt.«
    »Typen wie der sind wie Hunde. Die brauchen eine starke Hand.«
    »Wenn du’s sagst. Also, ich für meinen Teil hab das Gefühl, dass die Vikings richtig sauer auf Wombat sind.«
    »Und das könnte heißen, dass sie ihn aus dem Weg geschafft haben.« Cardinal kratzte sich an einem Stich am Hals.
    »Nicht kratzen. Davon wird’s nur schlimmer.«
    Als sie wieder auf dem Highway waren, sagte Delorme: »Weißt du, für einen Biker sieht Lasalle richtig gut aus.«
    »Na ja, für Cops sehen wir auch richtig gut aus.«
    Den Rest der Fahrt schwiegen sie. Außer dem Geräusch des Windes und der Reifen und dem gelegentlichen Kreischen aus dem Funkgerät war es still. Cardinal dachte an die junge Frau ohne Gedächtnis. Diese grünen Augen sahen so unschuldig aus, ihre ganze Art war so gutmütig, dass man sich nicht vorstellen konnte, wieso jemand sie töten wollte. Andererseits – wer konnte schon sagen, was für ein Mensch sie vorher gewesen war? Nach allem, was Cardinal wusste, konnte sie theoretisch ein wahres Biest gewesen sein. Nur in einem war er sich sicher: Ohne ein Zuhause und ohne Gedächtnis musste sie die einsamste Frau auf Erden sein, und er wollte denjenigen finden, der ihr das angetan hatte.

6
     
    C atherine Cardinal hatte in den letzten Tagen ihre Kameras mehrmals verstaut, nur um sie wieder auszupacken, die Objektive und Batterien zu überprüfen und sie wieder einzupacken. Mit ihren persönlichen Sachen dagegen hatte sie bis zum letzten Moment gewartet. Als der gemietete

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