Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
Vom Netzwerk:
Ärger mit einem Verwandten«, sagte er. »Meinungsverschiedenheiten wegen Geld.«
    Leon sah Kevin an. Sein Cousin hatte den Winter über bei ihm gewohnt und ihm zweihundert Dollar gestohlen, bevor er bei Nacht und Nebel in einem Greyhound verduftete. Am nächsten Tag hatte er sich in der Chinook Tavern voll laufen lassen und anschließend einen Fremden zusammengeschlagen, bis Kevin ihn endlich wegzerren konnte. Noch Wochen später schäumte Leon vor Wut über seinen Cousin.
    »Trifft ziemlich ins Schwarze«, sagte er zu Red Bear. »Machen Sie weiter.«
    »Es gibt Gewalt in deiner Vergangenheit.« Red Bear sah von seinen Karten auf, und es lag ein Hauch Besorgnis in seinem Gesicht. »Du kannst gewalttätig sein.«
    Leon lachte. Vielleicht aus Nervosität.
    »Nicht wirklich. Ich bin schon viel zahmer geworden. Na ja, ich bin schon dafür bekannt, dass ich gelegentlich ausrasten kann.«
    Red Bear wandte sich wieder seinen Karten zu. »Dir stehen wichtige Entwicklungschancen ins Haus. Vielleicht eine Möglichkeit, diese Wut zu kanalisieren.«
    »Okay, schon gut. Können wir bitte das Thema wechseln?«
    »Eine frustrierende Phase in Liebesangelegenheiten geht zu Ende.«
    »Will ich doch hoffen«, sagte Leon. »Frauen, Mann. Da wär wirklich ein bisschen Action angesagt.«
    »Du bist im Moment ganz allein – ich meine, in romantischer Hinsicht –, du bist schon eine ganze Weile allein.« Red Bear schnippte eine Herz-Zwei über den König und nahm seine Sonnenbrille ab, um Leon anzusehen. »Das wird sich sehr bald ändern, mein Freund.«
    In dem Moment fiel Kevin auf, was für ein gut aussehender Typ Red Bear war. Kräftige Knochen in diesem Gesicht, zwei kleine Lachfalten, wenn er lächelte, und diese Augen! Als er die Brille abnahm, kamen die hellsten blauen Augen zum Vorschein, die Kevin je gesehen hatte, heller als bei einem Husky, fast transparent.
     
    Red Bear hatte noch eine Menge andere Sachen aus Leons Karten gelesen, an die sich Kevin nicht erinnerte. Leon war beeindruckt, sogar richtig aufgeregt gewesen, Kevin dagegen nicht, da noch nicht: Glückstreffer, die Sache mit dem Geld, das Übrige war derselbe Scheiß, den man in jeder Astrologiespalte zu lesen bekam.
    »Du bist skeptisch«, hatte Red Bear zu Kevin gesagt. Diese transparenten Augen, diese erstaunlichen Wangenknochen. Cherokee. Das Wort war ihm einfach so in den Sinn gekommen, auch wenn er einen Cherokee nicht von einem Schwarzfußindianer unterscheiden konnte. Der Kerl sah jedenfalls von Kopf bis Fuß nach Red Bear aus, bevor er auch nur einen Ton über seine Herkunft gesagt hatte.
    »Es ist egal, ob du daran glaubst«, sagte Red Bear. »Eine Sache ist auch dann wahr, wenn du nicht daran glaubst.« Er breitete erneut die Karten aus. »Zieh eine, die für dich steht.«
    »Nee, lassen Sie mal stecken.«
    »Nur zu. Zieh eine.«
    »Nein, wirklich. Ich steh nicht auf so was.«
    »Dann zieh ich eine für dich.« Red Bear zog ein Pik-Ass.
    Red Bear mischte das Blatt und schnippte eine Karte nach der anderen vom Haufen.
    »Probleme mit der Familie«, sagte er. »Mit jemandem, der älter ist als du. Ihr beide geratet öfter mal aneinander.«
    Warm, nein, heiß, doch Kevin sagte nichts.
    »Du hast in letzter Zeit eine schlechte Gewohnheit überwunden, eine Sucht vielleicht. Das zeigt sich ganz deutlich an dieser Stelle.« Er zeigte auf zwei Dreien mit einer KaroSieben. Kevin merkte, wie sich ihm die Nackenhaare sträubten.
    Dann deckte er die Herzdame auf, die vom König durch eine weitere Drei getrennt war.
    »Du hast da jemanden, es gibt eine Frau in deinem Leben«, sagte Red Bear.
    »Ich doch nicht, Mann. Hab vor ungefähr einem halben Jahr mit einer Schluss gemacht, und jetzt bin ich so single, wie’s nur geht.«
    »Ich hab nicht gesagt, eine Geliebte. Ich hab nur gesagt, dass es eine Frau in deinem Leben gibt. Eine gute Frau, die dich liebt. Aber diese Gewohnheit oder diese Sucht schafft Probleme zwischen euch.«
    Na schön. Das konnte Terri sein. Hatte man erst mal eine Sucht, gab es automatisch ’ne Menge Probleme. Das lief unter Glückstreffer, gepaart mit gesundem Menschenverstand.
    Schnipp, schnapp, schnipp
. König, Ass, König.
    »Also, du bist leicht zu lesen, mein Freund, das reinste Vergnügen.«
    »Und wieso?«
    Red Bear tippte auf die Karten – kräftiger Finger, manikürter Nagel. »Der König, mein Freund. Die Könige. Du wirst reich.«
    An der Stelle hatte Kevin laut losgeprustet.
    Red Bear beugte sich vor, sah sich angestrengt um.

Weitere Kostenlose Bücher