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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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näher heran. Leon war drüben bei Red Bear. Diese Schweine verbrachten immer mehr Zeit zusammen. Kevins Plan sah vor, sich eine Prise von Leons Vorrat zu stibitzen und augenblicklich zu seinen eigenen Glücksrezeptoren zu transportieren. Nur so konnte er hoffen, diesen Moment irgendwie durchzustehen, der zweifellos der düsterste in seinem Leben war. Das Hauptdepot würde er nicht anrühren.
    Das Hauptdepot, ihr Hauptvorrat an Dope, war in einem winzigen, fensterlosen Zementschuppen Richtung Strand versteckt. Leon war für die Sicherheit verantwortlich und hatte die Schlüssel immer dabei.
    Kevin stand still und lauschte. Aus der Hütte war nichts zu hören. Aus Red Bears Hütte allerdings genauso wenig, wer konnte also sagen, was sie im Schilde führten? Er dachte an das Blut, das Toof den Rücken hinunterlief, und an die grotesken Stolperschritte, als sein Gehirn die Bewegungen nicht mehr koordinieren konnte.
    »Rutsch rüber«, hatte Leon gesagt, als er mit Toof fertig war. »Ich fahre.«
    Er warf den Baseballschläger in den Kofferraum seines TransAm und setzte sich hinters Lenkrad. Kevin wich auf den Beifahrersitz aus. Er fühlte noch Toofs Körperwärme auf dem Sitz.
    Leon ließ sich Zeit damit, von der Baustelle wegzukommen.Der TransAm lag tief, nicht sehr sinnvoll, die Kiste in die Kraterfurchen eines Löffelbaggers zu setzen. Doch seine Augen leuchteten aufgeregt, und ihm glühten die Wangen, als hätte er gerade ein wichtiges Rennen gewonnen.
    »Mann, hast du gesehen, wie der Kerl rumgetorkelt ist? Jetzt weiß ich, wieso es immer heißt, die Leute wissen nicht, wann es Zeit ist, aufzugeben. Zwei Kugeln hab ich ihm in den Kopf verpasst, Mann. Zwei Kugeln! Und der läuft immer noch durch die Gegend. Hast du das gesehen?«
    »Öhm ja, hab ich gesehen.«
    »Hör mal, ich hab doch kein Blut an den Wagen gekriegt, oder? Hast du was am Armaturenbrett gesehen?«
    »Nee, sieht okay aus.«
    »Was ist mit dem Sitz? Beug dich mal ’n Moment vor.« Kevin beugte sich vor.
    »Nee, ich denke, wir sind sauber. Alles im grünen Bereich. Die verfluchte Knarre hat nicht viel getaugt, wie’s aussieht. Aber mit dem Schläger hab ich ihm ordentlich eins übergebraten. Glatten Volltreffer gelandet, Mann, Jahrhunderttreffer.«
    Als Toof um den Wagen herumstolperte, war ihm das Blut in roten Fäden aus den Schusswunden gelaufen wie rotes Haar.
    »Der Scheißkerl musste damit rechnen, Mann. Er wusste, wie der Hase läuft. Man quatscht nicht über unser Geschäft. Mit keinem. Mir war das absolut klar, Kevin. Und wie ist das mit dir? Hast du mit irgendwem gequatscht? Irgendjemandem gesteckt, dass wir die Scheiß-Viking-Riders beklaut haben?«
    »Eh, nein. Ich hab mit keinem gequatscht.«
    »Sag ich doch, Mann. Ich auch nicht. Das ist eben das Problem mit Toof. Bei dem kannste dir den Mund fusselig reden, der kapiert nix, ist einfach zu blöde. Toofie-Doofie.«
    »Ja«, sagte Kevin, »Toofie-Doofie.«
    Leon sah ihn von der Seite an. Seine Augen leuchteten.
    »Hab dir ’n ganz schönen Schrecken eingejagt, wetten?«
    »Du hast mich jedenfalls überrascht, Leon.«
    »Klar, du hast dir vor Angst in die Hosen gemacht. Gib’s zu.«
    »Ich hab mir vor Angst in die Hosen gemacht. Du hast recht.«
Mach ich immer noch, ich mach mir immer noch vor Angst in die Hosen
.
    »Keine Sorge, Kev, du gewöhnst dich dran. Hör einfach nur auf Red Bear, Mann, der hat’s echt drauf. Du gewöhnst dich an vieles. Man tut einfach, was zu tun ist. Toof kannte die Regeln. Er hat alles aufs Spiel gesetzt und verloren.«
    »Haushoch verloren.«
    »Nur gerecht«, sagte Leon. »So ’n Plappermaul kann uns alle Kopf und Kragen kosten.« Er bog auf den Highway 11 ab und startete durch, so dass der Doppelauspuff dröhnte und der TransAm Richtung Süden bretterte.
    »Nur gerecht«, wiederholte Leon. »So muss man die Sache sehen.«
    Süchtige lernen früh, sich alle Möglichkeiten offen zu halten. Deshalb wusste Kevin, dass Leon einen Privatvorrat unter einem Dielenbrett in seiner Hütte versteckt hatte. Das war auch der Grund, weshalb Kevin, als Leon einmal wegen irgendetwas den Raum verließ, sein Fenster von innen entriegelt hatte. Es war nachts immer noch zu kühl, hier draußen am See, um bei offenem Fenster zu schlafen. Und sie hatten keine Fliegengitter. Ein offenes Fenster war eine Einladung an die Mücken, die um Kevins Kopf und Hals herumschwirrten.
    Das unverriegelte Fenster befand sich an der Rückseite; dort war er von Red Bears Hütte aus nicht zu

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