Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
Vom Netzwerk:
ein wenig kurzsichtig von dem Wechsel.
    »Ich würde gerne mit dir ein paar Worte verabreden. Einen Code. Einen Satz. Ich weiß nicht, irgendwas. Etwas, das ich zu dir sagen kann, wenn für mich offensichtlich ist, dass du am Rand einer Phase bist. Ich meine nicht, wenn du nur aufgeregt bist. Oder auch, wenn man es noch nicht sagen kann. Ich meine, wenn ich ziemlich sicher bin, dass du dabei bist, die Kontrolle zu verlieren, und es selber noch nicht merkst.«
    Catherines Augen trübten sich, und ihre Züge sackten ein wenig herab. Cardinal konnte seiner Frau jeden Anflug von Kummer vom Gesicht ablesen, genauso wie jeden Anflug von Freude. Nichts tat ihm selber mehr weh, als ihr wehzutun. Er dachte, sie würde sauer auf ihn. Er war soeben dabei, ihnen einen glücklichen Abend zu verderben.
    »Ich denke, das ist ein ganz und gar vernünftiger Vorschlag.« Catherine beugte sich wieder über ihre Kontaktabzüge.
    »Du bist nicht sauer?«
    »Nein. Es tut ein bisschen weh, aber das macht nichts.« Ihr Haar war ihr über das Gesicht gefallen. Ihre Stimme war etwas gedämpft. »Und woran hattest du gedacht?«
    »Ich weiß nicht. Etwas, das normal klingt, Hauptsache, wir einigen uns darauf, was es heißt.«
    Und so hatten sie sich auf etwas verständigt. Cardinal nahm das Telefon in die andere Hand und machte von ihrer Verabredung Gebrauch. »Liebes, ich glaube, es braut sich was zusammen.«
    Es braut sich was zusammen. Das war der Satz. Ein paarmal hatte es funktioniert, ebenso oft nicht.
    »Nein, da braut sich überhaupt nichts zusammen, John. Alles ist in bester Ordnung.«
    »Ich sag dir nur, was ich sehe. Nicht, was du fühlst.«
    »Es ist nicht, wie du denkst, John, verdammt. Wie kannst du das zu mir sagen? Jedes Mal, wenn ich wegfahre oder ein bisschen auf eigenen Beinen stehe.«
    »Bitte, nimm’s nicht so schwer, Liebes. Kannst du dich nicht einfach ein bisschen hinlegen und entspannen, während du dir ehrlich …«
    Sie knallte den Hörer auf.
    Cardinal nahm eine Dusche und ging zu Bett. Das Buch über die Fallgeschichten lag ungeöffnet auf seinem Nachttisch. Er wusste nicht recht, was er wegen Catherine unternehmen sollte. Tauchte er auf einmal in Toronto auf, würde er sie vor ihren Studenten demütigen. Tat er nichts, konnte es dramatisch schlimmer werden.
Bitte lass sie normal bleiben. Lass sie heil nach Hause kommen.

22
     
    I ch verschwinde, Dave. Ehrlich, Mann, ich steh auf Lyrik, nicht auf Gewalt. Ja, ich mag Dope. Ja, kostenloses Dope mag ich noch mehr. Aber Leute umbringen – also, da bin ich strikt dagegen. Entschieden und unwiderruflich dagegen.«
    Letterman brach in dieses Grinsen aus, bei dem seine Zahnlücke zu sehen war. Der Junge von nebenan, sollte das heißen. Ich würde Sie nie was Heikles fragen.
    »Also, Kevin, machen Sie mal ’n Punkt. Wenn Sie gehen wollten, könnten Sie jederzeit da weg. Wieso hängen Sie immer noch mit diesen beiden Psychopathen rum?«
    »Ich brauch Zeit zum Nachdenken, Dave. Die Typen lassen mich nicht einfach davonmarschieren. Ich weiß zu viel. Ich muss mir was einfallen lassen, wie ich mich absetzen kann, ohne dass sie sauer sind. Sie haben gut reden – Sie haben nicht durchgemacht, was ich durchgemacht habe. Sie haben nicht mit angesehen, wie Ihr Freund – na schön, Toof war eigentlich kein richtiger Freund –, wie Ihr Partner zuerst in den Kopf geschossen und dann mit einem Baseballschläger totgeschlagen wird. Glauben Sie mir, wenn Sie gesehen hätten, was ich gesehen habe, bräuchten Sie auch einen Schuss. Danke, dass Sie mich in Ihre Sendung eingeladen haben, Dave, aber ich hab noch was zu erledigen, also
adiós, amigo.«
    Kevin war sich plötzlich nicht sicher, ob er sich die Unterhaltung mit Letterman nur ausgedacht oder ob er laut vor sich hin geredet hatte. Er stand draußen im Gebüsch hinter Leons Hütte, und die Mücken fraßen ihn bei lebendigem Leibe. Reiß dich zusammen, mahnte er sich. Du kannst keine Selbstgespräche führen, wenn du gerade in Leons persönliches Depoteinbrechen willst. Leon ist nicht mehr einfach nur ein Geschäftspartner, Leon ist ein verdammt übler Typ; genau wie Red Bear.
    Wieso also mach ich das hier? Wieso gehe ich dieses wahnwitzige Risiko ein? Nun ja, er kannte die Antwort darauf. Weil ich ein Junkie bin, weil ich high werden muss. Muss mit einem großen M, danke schön. So wie in »Ich geh drauf, wenn ich mir nicht augenblicklich einen Schuss verpasse«.
    In der Hütte war es dunkel; Kevin schlich sich noch ein wenig

Weitere Kostenlose Bücher