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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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erinnern. Das Letzte, was sie behalten hatte, war die leere, offene Tür. Jetzt stand sie vom Boden auf. Das Wasser lief klar und kalt ins Becken. Es gab kein heißes Wasser und keinen Strom, um es heiß zu machen. Trotzdem tat es gut, sich das Gesicht nass zu spritzen, fast als könnte sie sich so die Angst abwaschen, die Red Bear in ihr ausgelöst hatte. Wie konnte sie Kevin da rausholen? Die ersten vagen Ansätze eines Plans formierten sich in ihrem Kopf. Sie blieb eine Weile vor dem Becken stehen und ließ das Wasser laufen, in der Hoffnung, diese ersten Fäden, die sie in der Hand hielt, würden sich bald zu etwas Konkretem verdichten.
    Sie würde diesen Plan zusammenbekommen, und dann hieß es wieder einmal
Run, Run, Run
. Nur dass es diesmal sie beide traf.

30
     
    E rklären Sie mir bitte mal was, Cardinal.« Detective Sergeant Chouinard lud Cardinal nicht ein, sich zu setzen. Selbst wenn er es getan hätte, wäre in seinem Büro nirgends Platz zum Sitzen gewesen. Jeder Stuhl im Raum diente Chouinard zu seinem eigenwilligen Ablagesystem, falls System das richtige Wort dafür war. Doch so planlos seine eigenen Gewohnheiten auch sein mochten, war Chouinard ein Mann, der bei seinen Untergebenen Präzision und Verlässlichkeit schätzte, weshalb sein Gesicht im Moment ein wenig gerötet war. Der Detective Sergeant litt an hohem Blutdruck, und wenn er wütend war, wurde sein Gesicht sehr schnell sehr rot.
    »Erklären Sie mir doch bitte mal, falls Sie können, wie wir es geschafft haben, eine attraktive junge Frau mit rotem Haar und einem Verband am Kopf zu verlieren. Wie ist so etwas möglich, und wer hat sie bewacht, als es passierte?«
    »Larry Burke hatte Dienst, aber es ist meine Schuld. Ich hätte ihm klarere Anweisungen geben müssen.«
    Chouinard schüttelte den Kopf, und sein Gesicht lief noch dunkler an. »Ersparen Sie mir diese Verkehrspolizistensolidarität. Im Klartext, Burke hat Scheiße gebaut.«
    Cardinal erklärte die Sachlage, so gut er konnte. Zu Burkes Glück unterstand er als uniformierter Polizist nicht direkt dem Detective Sergeant.
    »Sie haben die junge Frau zur Fahndung ausgeschrieben, nehm ich mal an?«
    »Ja, das hab ich sofort veranlasst.«
    »Dieser verdammte Burke. Dem verpass ich noch mal einen Tritt in den Hintern.«
    Chouinards Telefon klingelte; er nahm den Hörer ab. »Geb’s weiter«, sagte er und legte auf. »Bob Brackett will zu Ihnen. Bedanken Sie sich bei der Kanone, dass Sie hier verschwinden können.«
     
    Bob Brackett war ein pummeliger kleiner Mann mit einem schlichten Goldring in einem Ohr. Man sah dem Dickerchen nicht an, dass er Algonquin Bays gnadenlosester Verteidiger war. Natürlich brachte ihm das bei der Kripo von Algonquin Bay den Ruf eines Menschen ein, der einem unheimlich auf den Senkel ging – heiß begehrt bei kriminellen Elementen, ein Cowboy im Gerichtssaal, der jeden winzigen Formfehler so liebte, wie er Polizisten hasste. Strafverteidiger Bob Brackett pflegte einen sanften Umgangston gegenüber Polizisten (das galt für beiderlei Geschlecht, denn wenn es darum ging, einen Staatsdiener mit juristischen Spitzfindigkeiten zu zerpflücken, war Brackett ein glühender Verfechter der Emanzipation). So mancher hatte mit ansehen müssen, wie seine Aussage vor Gericht in der Luft zerfetzt, ja ins Lächerliche gezogen wurde, bevor er oder sie wusste, wie ihm oder ihr geschah.
    »Bitte nehmen Sie zu Protokoll, Detective Cardinal: Mein Klient hätte gar nicht kommen müssen.« Brackett, der am Vernehmungstisch saß, verschwand fast hinter seinem aufgeklappten Aktenköfferchen und einem Panamahut. »Erstens haben Sie keinen Haftbefehl, und zweitens hat er seinen Wohnsitz außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereichs.«
    »Das ist mir bewusst, Mr. Brackett. Deshalb habe ich ja Sie angerufen. Ich hätte ebenso gut die OPP einschalten können. Ich bin sicher, die Provinzpolizei hätte sich glücklich geschätzt, für uns ein paar Biker aufzubringen.«
    »Und wieso
haben
Sie sie nicht eingeschaltet?«
    »Ich wollte, dass diese Zusammenkunft so reibungslos wiemöglich verläuft. Im Moment versuchen wir nur, eventuell Verdächtige auszuschließen.«
    »Na schön. Bitte nehmen Sie ebenfalls zu Protokoll, dass Mr. Lasalle nur hergekommen ist, um seine Staatsbürgerpflicht zu erfüllen, und aus Loyalität zu einem gefallenen Kameraden.«
    »Es geht hier um Biker, Mr. Brackett, nicht um Kriegsveteranen.«
    »Ich weise lediglich darauf hin, dass –«
    »Zur Kenntnis genommen,

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