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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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zehn, in unterschiedlichen Fußballtrikots. Sie wirkten nicht allzu bedrohlich, dennoch machte ich einen Schritt zurück, um einen vernünftigen Abstand zu wahren.
    »Matt Masters«, sagte ich und schaute von einem leeren Gesicht zum anderen. »Kennt ihr den?«
    »Kann sein.« Der größte der drei wischte sich mit einer schmutzigen Hand über die Nase; er hatte rote Flecken auf den Armen, vielleicht ein Ekzem oder so was Ähnliches. »Was gibt’s dafür?«
    Ich hielt dem Blick des Jungen stand und applaudierte ihm in Gedanken, als er nicht wegsah. Ich fischte meine Brieftasche heraus und zog einen Zehner hervor. Alle drei Augenpaare verfolgten den Schein durch die Luft.
    »Kennt ihr Matt?«, fragte ich.
    »Erst die Kohle.«
    Belustigt reichte ich ihm den Schein.
    Der Junge rückte den Fußball zurecht, den er sich unter den Arm geklemmt hatte, um den Schein in die Tasche seiner zerrissenen Jeans zu stopfen.
    »Noch nie gehört«, sagte er. »Leider.«
    Bevor ich mich zusammenreißen konnte, musste ich lachen.
    Er runzelte die Stirn, als hätte er eine wütendere Reaktion von mir erwartet. Die anderen beiden verlagerten das Gewicht, bereit zu flüchten, sollte ich eine unvorhergesehene Bewegung machen. Einer von ihnen trug eine kurze Hose, schon beim Anblick musste ich zittern.
    »Gut, okay, du kennst ihn also nicht«, sagte ich und wies nach oben zu den Wohnungen. »Aber kannst du mich da reinbringen?«
    »Kann sein. Haste noch mehr für uns?«
    Ohne es zu wollen, fand ich Gefallen an dem Kleinen und holte erneut meine Geldbörse hervor. Diesmal zog ich einen Zwanziger heraus. Sie versuchten auch nur, durchs Leben zu kommen, zu überleben, wie alle anderen.
    »Könnt ihr da reinkommen?«
    »Erst die Kohle, dann …«
    »Nein.« Ich hob die Hand. »Jetzt machen wir es so, wie ich es sage. Du bringst mich da rein, dann gebe ich dir das Geld.«
    Der Junge kniff die Augen zusammen.
    »Ich gebe dir mein Wort.«
    Er warf seinen Freunden einen kurzen Blick zu, machte einen Schritt nach vorn und streckte die Hand aus.
    Ich betrachtete sie.
    »Wenn man was verspricht, spuckt man in die Hand, und der andere schlägt ein. Dann kann man’s nicht mehr brechen.«
    Er schien es völlig ernst zu meinen.
    Ich warf einen Blick in die verlassene Siedlung, dann zuckte ich mit den Achseln. »Na gut.«
    Der Junge spuckte in die Hand und hielt sie mir hin.
    Ich tat es ihm nach und griff fest zu.
    »Gut.« Er drängte sich an mir vorbei, drückte mit dem Finger auf die Gegensprechanlage und lauschte kurz. »Mama, wir sind wieder da, machst du auf?«
    Das Türschloss klickte, und der Junge drückte die Tür auf. Er begleitete mich über die Schwelle, dann hielt er wieder die Hand hin.
    »Haste versprochen.«
    Ich gab ihm den Zwanziger und ging zur Treppe.
    »Ach, übrigens«, sagte er. »Das war gelogen, das mit Matt. Er spielt manchmal mit uns Fußball und wohnt im achten Stock. Weiß nicht, in welcher Wohnung, war noch nie oben.«
    Ich nickte ihm zu. »Wie heißt du, Kleiner?«
    »Gary Steele.«
    Ich lächelte. Mit diesem Namen hatte er keine andere Wahl, als Gangster oder Fußballer zu werden.
    »Danke, Gary.«
    Gleichgültig ging Gary wieder nach draußen.
    Ich nahm zwei Stufen auf einmal, versuchte dabei, den Gestank von Feuchtigkeit und beißendem Urin zu ignorieren. In der achten Etage war in Babyblau »Moslem Dreck« auf den Treppenabsatz gesprüht.
    Ich musterte das Graffito, trat in den Gang und klopfte an die erste Tür.
    Eine junge Frau mit gebleichtem Haar und Rauchergesicht öffnete.
    »Bist du der für eins?«
    Ich zögerte. »Ähm, nein. Ich suche Matt Masters.«
    »Der wohnt hier nicht, der ist nebenan.« Sie legte den Kopf schräg und musterte mich schnell und gründlich. Ihre Kleidung war mehrere Nummern zu klein, das nackte Fleisch quoll hervor, weiß und prall. »Willst du echt nicht reinkommen, Blasen kostet nur ’n Zehner.«
    Ich schaute an ihr vorbei in die Wohnung, auf das Spielzeug im Flur, den Staub in den Lichtstrahlen.
    »Nein, danke, schon gut.«
    Sie zuckte mit den Schultern und ging wieder hinein, um auf ihren Ein-Uhr-Termin zu warten.
    Ich versuchte es an der Tür der Nachbarwohnung.
    »Ja?« Ein junger Typ machte auf, er trug lediglich eine weite Baggy-Jeans, hatte zerzaustes Haar und Akne im Gesicht.
    Ich zog meine Automatik und drückte sie ihm zwischen die Augen. »Matt Masters?«
    »Was soll der Scheiß? He, he, Kumpel, lass …« Er hob die Hände über den Kopf und wich zurück. »Ruhig, ja? Ruhig!

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