Kalter Schmerz
Gefahr mehr für die Gesellschaft dar. Meine Eltern … also, mein Vater hat mir das niemals verziehen. Ich glaube, der hat immer gedacht, es war meine Schuld.«
Sie setzte sich auf, rutschte im Bett hoch und lehnte sich gegen das Kopfende. »Das ist ja furchtbar.«
»Das ist einfach so passiert, das war ein … Versehen. Ich meine, ich wollte ihn eigentlich nur schubsen, von mir weg, ich hab nicht gemerkt …« Ich griente, konnte nicht verstehen, warum sie so betrübt wirkte. »Komm, ist ja nicht so, als hätte ich Medizin studieren oder irgendwie die Welt verändern können. Sind schon schlimmere Sachen passiert.«
»Nein, ich hab bloß … ich schätze, ich habe noch nie drübernachgedacht … wie man in so was reingerät, was du da machst, weißt du.« Sie zog an den Trägern ihres Kleids, beobachtete die roten Striemen, die sie auf ihrer Haut hinterließen. »Tut mir leid.«
»Jetzt bist du dran.«
Ich wusste, dass sie mir nichts im Gegenzug erzählen würde, aber es war einen Versuch wert.
Sie lächelte mich an, rieb den verschmierten Eyeliner unter ihrem Auge weg und verlagerte ihr Gewicht nach vorn. Ihr Blick war noch immer nicht völlig klar, vor dem nächsten Morgen wäre sie nicht mal annäherungsweise nüchtern.
Trotz all dem ließ ich es geschehen, als sie mich küsste.
In dem Moment wurde mir klar, dass es die ganze Zeit das gewesen war, was ich wirklich gewollt hatte. Vielleicht war es auch das, was sie immer gewollt hatte, dachte ich, als sie jeden Vorwand eines vertraulichen Gesprächs aufgab, näher kam und ihren Körper an meinen drückte. Sie schmeckte nach Minze und etwas nach Alkohol. Nichts an ihr war weich, anders als ich es aus dem Leichenschauhaus in Erinnerung hatte. Sie bestand aus scharfen Kanten und Ecken.
Sie küsste mich heftiger, seufzte an meinen Lippen und umklammerte mit ihren Beinen meine Taille. Ihrem Beispiel folgend, fuhr ich mit der Hand an ihrem Bein hinauf bis zum Saum ihres Kleids. Ich konnte nichts anderes mehr denken, wollte sie nur noch berühren, jeden Zentimeter von ihr, wollte diese Kraft und diesen Wahnsinn besitzen und dafür sorgen, dass ich von ihr so sehr gebraucht wurde, wie ich sie brauchte. Doch sie schob mich von sich weg. Nicht weit, aber weit genug, um mir zu zeigen, wohin ich gehörte.
»Nein«, sagte sie und biss mir in die Lippe.
Die Bilder, die mir durch den Kopf gegangen waren, zersprangen zu Scherben. Ich war dermaßen steif, ich sehnte michschmerzlich danach, sie zu halten und zu ficken und etwas zu tun, das für mich Sinn ergab.
Aber hier ging es nicht um mich. Es ging um sie, es ging immer nur um sie.
Sie krallte die Finger um meine Handgelenke, und ich ließ mich von ihr auf den Rücken zwingen, ließ sie ihre Hüften gegen mich pressen, und sie sah mir so in die Augen, als forderte sie mich heraus, sie zurechtzuweisen.
Jede ihrer Bewegungen brachte das Blut in mir zum Kochen.
»Clare …«, stöhnte ich, eine Hand in ihrem Haar.
Sie küsste meinen Hals, ihr Haar hing lang herunter, streifte meine Unterarme. »Nein.«
»Warum …?«
»Nein.«
Mit halb geschlossenen Augen löste sie sich ein wenig von mir, und ich spürte ihren Atem auf meiner Haut. Auf ihrer Stirn schimmerte schwach der Schweiß, und die Hand, die nicht mein Handgelenk aufs Bett drückte, verschwand zwischen ihren Beinen.
Ich bekam kaum noch Luft. »Verdammt …«
Sie setzte sich auf, ließ mich los und lächelte mich auf eine Weise an, die meinen verzweifelten Wunsch, die Kontrolle zu behalten, verhöhnte. Ohne den Blick von mir abzuwenden, zog sie die Träger über die Schultern und ließ das Kleid bis auf ihre Taille rutschen.
Ich drückte mich ebenfalls hoch, und noch immer streichelte sie sich zwischen den Beinen, ihre Fingerknöchel streiften meine Erektion, als sei ich nicht mehr als ein Spielzeug. Ich würde ihr einfach alles durchgehen lassen, weil sie sich so gut anfühlte, so verfickt gut, aber mir war natürlich klar, dass ich nicht mehr erhoffen konnte als die Krümel, die sie vom Tisch fallen ließ.
Ihre Haut unter meinen Händen war heiß, ihre Brüste unter meiner Zunge fest. Ich konnte kaum noch klar sehen.
Stöhnend zog sie mich heran, drückte ihre Lippen auf meine, fuhr mir mit der Zunge über die Zähne und rieb sich dabei an ihrer eigenen Hand. Der Druck war unerträglich. In meiner Fantasie zwang ich sie, sich vor mich zu legen und alles zu sagen, was ich wollte, meinen Namen auszusprechen, als ob er ihr etwas bedeutete.
Stattdessen
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