Kalter Tee und heiße Kuesse
sollte das bringen?“, fragte Magnus. „Dann soll er mich eben enterben. Mir ist mittlerweile alles egal.“
„Blödsinn.“ Johanna strich ihm über den Kopf. „Lass mich nur machen. Und du sammelst dich jetzt mal und machst einfach mit der Dickie-Dick-Kampagne weiter. Irgendjemand muss das schließlich tun. Ich habe nämlich das untrügliche Gefühl, dass der gute Fabrizio heute auch nicht auftauchen wird.“
Magnus blickte auf. „Ob die beiden zusammen weggefahren sind?“, überlegte er. „Gut möglich. Die beiden sind ja privat gut befreundet. Glaube ich“, meinte Johanna und zündete sich eine Zigarette an. Am liebsten hätte sie jetzt ein Glas Wein getrunken. Diese Aufregung! Aber um diese Uhrzeit ging das natürlich nicht. Außerdem musste sie zu Bernhard nach Kiel fahren, und das so schnell wie möglich.
„Ich habe auf ganzer Linie versagt“, stellte Magnus fest und sah Johanna hilfesuchend an, so als wolle er hören: „Nein, nein, hast du nicht.“ Johanna sagte allerdings gar nichts. Aber ihr Blick sprach Bände.
Fabrizio war ratlos. Gut, er war Frau genug, um Lena ein bisschen zu verstehen, aber er war auch ein Mann, und der Mann in ihm konnte nicht begreifen, dass jemand einfach andauernd weinte, sich die Nase putzte, wieder weinte, sich die Nase putzte und zu keinem vernünftigen Gespräch in der Lage war. Fabrizio war sicher, dass Magnus kein schlechter Kerl war. Hier herrschte ein Missverständnis, und zwar ein großes, und das galt es aufzuklären. Doch bevor es soweit war, musste er Lena erst mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Vorher war sie für keine normalen Argumente empfänglich, so gut kannte er sie. Sein eigentlicher Plan, Lena und Magnus zu sich zum Essen einzuladen, ohne dass der eine wusste, dass der andere da war, hatte Lena ja durchkreuzt, indem sie schon vor Ausübung dieses Plans mit Magnus geschlafen hatte. Dabei hatte Fabrizio es sich so schön vorgestellt: Er hätte gekocht, Kerzen angezündet, gute Musik aufgelegt, und dann, nachdem beide eingetroffen wären, einen vereiterten Weisheitszahn vorgetäuscht und die Wohnung verlassen. Alles wäre wunderbar gewesen. Aber nein, es musste ja auf dem Schreibtisch übereinander hergefallen werden, und wenn er an den guten Barolo dachte, wurde er immer noch wütend. Wäre es nach ihm, Fabrizio, gegangen, säßen Lena und Magnus jetzt gemütlich zusammen, würden Zukunftspläne schmieden und über die Namen ihrer Kinder nachdenken. Aber so saß er mit Lena in Rüdesheim und hatte gerade zwei große Eisbecher gegessen, weil sie angeblich nie wieder was essen konnte, Fabrizio hingegen ungern etwas übrig ließ.
Mittlerweile fuhren sie in Richtung St. Goarshausen. „Schau, Lena, da drüben ist Burg Rheinfels. Schön, oder? Die hat 1245 der Graf von Katzenelnbogen erbauen lassen. Lustiger Name, oder?“
Lena weinte.
„Auf Burg Rheinfels finden auch manchmal Veranstaltungen statt. Gerade jetzt im Herbst. Essen kann man da auch sehr gut.“
Lena weinte.
An einer roten Ampel hielt Fabrizio an. Sein Blick fiel auf eine Litfaßsäule, und an dieser Litfaßsäule klebten diverse Plakate. Unter anderem eines mit der Aufschrift: Am 14. September ab 22 Uhr! Großer Maskenball auf Burg Rheinfels! Einlass nur in entsprechender Verkleidung!
Fabrizio nickte glücklich. Ein Maskenball. Abwechslung. Das war genau das, was Lena jetzt brauchte. Und dann hatte er eine Idee.
Magnus bemühte sich entschlossen, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, rief Bonsais Besitzerin Blondie an und führte ein kurzes Interview, bevor er versuchte, Chihuahua-Janina zu erreichen, was ein großer Fehler war. Sie meinte nämlich, sie hätte ihn auch schon die ganze Zeit anrufen wollen, sie würde die Agentur sowie die Dickie-Dick-Hersteller verklagen.
„Aber warum denn?“, fragte Magnus müde. Im Grunde genommen war es ihm völlig egal, ob jemand verklagt wurde und wer und warum.
„Ich bin am Ende mit den Nerven. Ich bin in Trauer. Ich trage Schwarz!“, brüllte Janina herum und wurde zunehmend lauter.
„Wegen Rasmus. Mein Rasmus!“
„Wer ist Rasmus?“, wagte Magnus zu fragen.
„Wer Rasmus ist? Was sind Sie denn für ein herzloser Mensch? Rasmus ist … Rasmus war mein heißgeliebter, kleiner Hund. Und der ist … der ist … der ist … JETZT MAUSETOT!!!“ Janina schluchzte vernehmlich.
„Aber warum denn?“, fragte Magnus wieder und hatte das Gefühl, langsam durchzudrehen. Er hatte sich die ganzen Hundenamen nicht merken
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