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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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hätten im Mündungsblitz der Schusswaffe gesehen, wie das Opfer in die Knie sank, ist das richtig?«
    »Nein, nicht ganz.«
    »Dann erzählen Sie mir, was Sie genau gesehen haben.«
    »Ich glaube, er kniete bereits. Es ging alles so schnell, dass ich ihn gar nicht in die Knie hätte sinken sehen können, wie Sie eben gesagt haben. Ich glaube, er kniete bereits.«
    Bosch nickte. Den ersten Test hatte Mitford bestanden.
    »Okay, gut. Und jetzt zu dem, was Sie gehört haben. Sie haben gesagt, Sie hätten unmittelbar, bevor die Schüsse fielen, jemanden schreien hören, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und was hat die betreffende Person gerufen?«
    Der junge Mann dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf.
    »Ich bin nicht sicher.«
    »Okay, macht nichts. Wir wollen lieber nichts sagen, dessen wir uns nicht sicher sind. Versuchen wir es doch mal mit einer Übung, vielleicht hilft uns das weiter. Schließen Sie die Augen.«
    »Was?«
    »Schließen Sie einfach die Augen«, sagte Bosch. »Denken Sie an das, was Sie gesehen haben. Versuchen Sie die visuelle Erinnerung hervorzuholen, dann wird der Ton dazu von selbst kommen. Sie schauen auf die drei Autos, und dann lenkt eine Stimme Ihre Aufmerksamkeit auf die zwei Männer auf dem Aussichtspunkt. Was hat die Stimme gesagt?«
    Bosch sprach ruhig und einlullend. Mitford befolgte seine Anweisungen und schloss die Augen. Bosch wartete.
    »Ich bin nicht sicher«, sagte der junge Mann schließlich. »Beschwören könnte ich es zwar nicht, aber ich glaube, er sagte irgendwas mit ›Allah‹, und dann erschoss er den Mann.«
    Bosch blieb kurz vollkommen reglos, bevor er antwortete.
    »Allah? Meinen Sie das arabische Wort Allah?«
    »Sicher bin ich nicht, aber ich denke schon.«
    »Was haben Sie sonst noch gehört?«
    »Das war alles. Alles andere haben die Schüsse übertönt, wissen Sie? Er fing an, was von Allah zu brüllen, und den Rest haben die Schüsse übertönt.«
    »Meinen Sie etwas wie Allah Akbar? War es das, was er gebrüllt hat?«
    »Das kann ich nicht sagen. Ich habe nur das Allah gehört.«
    »Konnten Sie hören, ob er einen Akzent hatte?«
    »Einen Akzent? Keine Ahnung. Ich habe nur dieses eine Wort gehört.«
    »Britisch? Arabisch?«
    »Das konnte ich wirklich nicht hören. Ich war zu weit weg, und ich habe nur dieses eine Wort gehört.«
    Darüber dachte Bosch eine Weile nach. Ihm fiel ein, was er über die Tonbandaufzeichnungen aus dem Cockpit von den Anschlägen am 11. September gelesen hatte. Im letzten Moment hatten die Terroristen Allah Akbar – Gott ist groß – gerufen. Hatte einer von Stanley Kents Mördern das Gleiche getan?
    Er wusste, er musste vorsichtig und gründlich sein. Bei den Ermittlungen konnte viel von diesem einen Wort abhängen, das Mitford auf dem Aussichtspunkt gehört zu haben glaubte.
    »Jesse, was hat Ihnen Detective Ferras über diesen Fall erzählt, bevor er Sie in dieses Zimmer gebracht hat?«
    Der Zeuge zuckte mit den Schultern.
    »Eigentlich hat er mir gar nichts gesagt.«
    »Er hat Ihnen nicht erzählt, womit wir es hier möglicherweise zu tun haben oder welche Richtung der Fall nehmen könnte?«
    »Nein, nichts.«
    Bosch sah ihn eine Weile an.
    »Okay, Jesse«, sagte er schließlich. »Was ist als Nächstes passiert?«
    »Nach den Schüssen sah ich jemanden vom Aussichtspunkt zu den Autos laufen. Er stieg in eins der Autos und fuhr damit rückwärts ganz nah an den Porsche heran. Dann löste er die Kofferraumverriegelung und stieg aus. Der Frontkofferraum des Porsche stand schon offen.«
    »Wo war währenddessen der andere Mann?«, fragte Bosch.
    Mitford sah ihn verwirrt an.
    »Der war tot, schätze ich.«
    »Nein, ich meine, der zweite Täter. Es waren zwei Täter und ein Opfer, Jesse. Drei Autos, wissen Sie noch?«
    Bosch hielt zur Verdeutlichung drei Finger hoch.
    »Ich habe aber nur einen Täter gesehen«, sagte Mitford. »Den Schützen. Ein weiterer Mann saß die ganze Zeit in dem Auto, das hinter dem Porsche stand. Er ist aber nie ausgestiegen.«
    »Er saß die ganze Zeit in dem anderen Auto?«
    »Ja. Es war sogar so, dass dieser Wagen unmittelbar nach den Schüssen wendete und wegfuhr.«
    »Und der Fahrer ist die ganze Zeit, die er da oben am Aussichtspunkt war, nicht ausgestiegen.«
    »Nein. Er blieb die ganze Zeit im Auto.«
    Darüber dachte Bosch eine Weile nach. Was Mitford da erzählt hatte, deutete auf eine echte Arbeitsteilung zwischen den zwei Verdächtigen hin. Das passte zu der Schilderung des Tathergangs, die

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