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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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hart.«
    Mitford schüttelte den Kopf, als könnte er so seine Probleme von sich fernhalten.
    »Aber wie ich inzwischen erfahren habe, wohnt sie dort gar nicht mehr. Madonna, meine ich. Deshalb habe ich ihr auch gar nicht wirklich nachgestellt. So ist es nur Hausfriedensbruch.«
    Jetzt schüttelte Bosch den Kopf.
    »Was zählt, ist die Absicht, Jesse. Sie dachten, sie könnte da sein. Sie hatten einen Stadtplan, in dem stand, dass sie dort ist. Sie haben die Stelle sogar eingekreist. Vor dem Gesetz ist also der Tatbestand gegeben, dass Sie einem Prominenten nachgestellt haben.«
    »Warum verkaufen Sie dann Stadtpläne, in denen die Häuser der Stars eingezeichnet sind?«
    »Und warum haben Bars Parkplätze, obwohl es doch verboten ist, betrunken Auto zu fahren? Aber damit brauchen wir erst gar nicht anzufangen, Jesse. Der Punkt ist doch der: Auf diesem Stadtplan steht nichts davon, dass es in Ordnung ist, über eine Mauer auf ein Privatgrundstück zu klettern, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Mitford senkte den Blick auf seine gefesselten Handgelenke und nickte bedrückt.
    »Aber ich will Ihnen mal was sagen«, fuhr Bosch fort. »Sie können unbesorgt sein. So schlimm, wie es aussieht, ist die Sache gar nicht. Es liegt zwar eine Anzeige wegen Nachstellens und Hausfriedensbruchs gegen Sie vor, aber ich glaube, das kriegen wir alles geregelt, wenn Sie sich bereit erklären, mit mir zu kooperieren.«
    Mitford beugte sich vor.
    »Aber wie ich dem mexi… dem kubanischen Detective bereits gesagt habe: Ich habe nichts gesehen.«
    Bosch ließ sich Zeit, bevor er antwortete.
    »Was Sie ihm erzählt haben, interessiert mich nicht. Jetzt haben Sie es mit mir zu tun, mein Freund. Und ich glaube, Sie verschweigen mir etwas.«
    »Nein, tue ich nicht. Ich schwöre.«
    Er breitete in einer flehentlichen Geste die Hände aus, so weit es die Handschellen zuließen. Aber Bosch nahm es ihm nicht ab. Der Junge war zu jung, um Bosch etwas vormachen zu können. Bosch beschloss, sofort zum Angriff überzugehen.
    »Ich will Ihnen mal was sagen, Jesse. Mein Partner versteht was von seinem Geschäft, und er bringt es sicher mal zu was. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Aber im Moment ist er noch ein Grünschnabel. Er ist ungefähr so lange Detective, wie Sie diesen Flaum da auf Ihrem Kinn wachsen lassen. Ich, ich bin schon eine Weile dabei, und das heißt, ich hatte schon mit einigen Lügnern zu tun. Manchmal denke ich, ich kenne gar nichts anderes als Lügner. Und, Jesse, ich merke es ganz genau, Sie lügen mich an. Aber mich lügt man nicht an.«
    »Nein! Ich …«
    »Sie haben jetzt genau dreißig Sekunden Zeit, um mir reinen Wein einzuschenken, und wenn nicht, bringe ich Sie runter und liefere Sie ins Bezirksgefängnis ein. Ich bin sicher, dort gibt es jemanden, der schon die ganze Zeit auf Sie wartet und der einen Kerl wie Sie noch vor Sonnenaufgang so weit hat, dass er Oh, Canada ins Mikrofon singt. Das ist nämlich, was ich damit gemeint habe, als ich gesagt habe, dass die Strafen für Nachstellen sehr hart sind.«
    Mitford blickte auf seine Hände auf dem Tisch hinab. Bosch wartete, und zwanzig Sekunden vergingen sehr langsam. Schließlich stand Bosch auf.
    »Okay, Jesse, aufstehen. Wir gehen.«
    »Halt, halt, nicht!«
    »Wieso nicht? Ich habe gesagt, aufstehen! Los! Ich ermittle hier in einem Mordfall und habe keine Lust, meine Zeit damit zu vergeuden, Ihnen …«
    »Also gut, also gut, ich werde Ihnen alles erzählen. Ich habe alles mitgekriegt, okay? Ich habe alles gesehen.«
    Bosch sah ihn kurz prüfend an.
    »Meinen Sie, was auf dem Aussichtspunkt passiert ist?«, fragte er. »Haben Sie gesehen, wie der Mann erschossen wurde?«
    »Ich habe alles gesehen, Mann.«
    Bosch zog seinen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich wieder.

8
    Bosch ließ Jesse Mitford erst weitersprechen, nachdem er eine Verzichterklärung unterschrieben hatte. Dabei spielte es keine Rolle, dass er inzwischen als Zeuge in dem Mordfall galt, der sich auf dem Mulholland-Aussichtspunkt zugetragen hatte. Was auch immer er bezeugen würde, hatte er gesehen, weil er seinerseits eine Straftat begangen hatte – Hausfriedensbruch und Nachstellen.
    Bosch musste aufpassen, dass ihm bei dem Fall keine Verfahrensfehler unterliefen. Keine Frucht vom giftigen Baum, der da hieß Berufung. Nicht, dass ihm der ganze Dreck wieder entgegenkam. Es stand viel auf dem Spiel, das FBI war berüchtigt, hinterher an allem herumzukritteln, und er wusste, er durfte sich

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