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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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wird es sich bemerkbar machen.«
    »Machen Sie sich meinetwegen mal keine Sorgen.«
    »Okay, Harry.«
    Bosch kehrte wieder zu seinen Gedanken über die Zigarettenasche zurück.
    »Wie sieht es mit Fotos aus?«, fragte er Ferras. »Haben Sie Fotos aus dem Kent-Haus mitgenommen?«
    »Ja, sie müssen hier irgendwo sein.«
    Ferras sah die Ordner auf seinem Schreibtisch durch, fand einen, der die Fotos enthielt, und reichte ihn Bosch, der ihn flüchtig durchsah, bis er auf drei Aufnahmen aus dem Gästebad stieß. Eine Totale, eine Vogelperspektive auf die Asche auf der Spülkastenabdeckung und eine Nahaufnahme der grauen Raupe, wie Buzz Yates sie genannt hatte.
    Er breitete die drei Fotos aus und studierte sie noch einmal mit seinem Vergrößerungsglas. Auf der Nahaufnahme hatte der Fotograf ein 15-cm-Lineal neben die Asche auf die Spülkastenabdeckung gelegt, um einen Größenvergleich zu haben. Die Asche war knapp fünf Zentimeter lang, fast eine ganze Zigarette.
    »Schon was entdeckt, Sherlock?«, fragte Ferras.
    Bosch blickte zu ihm auf. Sein Partner grinste. Bosch grinste nicht zurück. Wahrscheinlich könnte er von jetzt an nicht einmal mehr das Vergrößerungsglas in Anwesenheit seines Partners benutzen, ohne von ihm aufgezogen zu werden.
    »Bis jetzt noch nicht, Watson«, sagte er.
    Er hoffte, das würde ihn zum Schweigen bringen. Niemand wollte Watson sein.
    Er betrachtete das Foto von der Toilette und stellte fest, dass der Klodeckel hochgeklappt war. Das deutete darauf hin, dass ein Mann die Toilette zum Urinieren benutzt hatte. Die Zigarettenasche war ein weiterer Hinweis darauf, dass es einer der zwei Täter gewesen war. Bosch sah auf die Wand über dem Spülkasten. Dort hing eine kleine gerahmte Fotografie von einer winterlichen Szene. Die kahlen Bäume und der stahlgraue Himmel ließen Bosch an New York oder sonst eine Stadt im Osten denken.
    Das Foto rief Bosch einen Fall in Erinnerung, den er ein Jahr zuvor, als er noch bei der Abteilung Offen-Ungelöst gewesen war, zum Abschluss gebracht hatte. Er griff nach dem Telefon und rief wieder bei der Spurensicherung an. Als Yates dranging, verlangte Bosch nach dem Techniker, der das Haus der Kents nach Fingerabdrücken abgesucht hatte.
    »Augenblick«, sagte Yates.
    Offensichtlich war er wegen des vorangegangenen Telefonats immer noch sauer auf Bosch, denn er ließ sich Zeit, um den Techniker ans Telefon zu holen. Bosch wartete etwa vier Minuten, in denen er die ganze Zeit die Fotos aus dem Haus der Kents mit dem Vergrößerungsglas studierte.
    »Hier Wittig«, sagte schließlich eine Frauenstimme.
    Bosch kannte sie von früheren Fällen.
    »Hallo Andrea, hier Harry Bosch. Ich hätte ein paar Fragen zum Kent-Haus.«
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Haben Sie das Gästebad gelasert?«
    »Natürlich. Wo sie die Asche gefunden haben und der Klodeckel hochgeklappt war? Klar habe ich das gemacht.«
    »Irgendwas?«
    »Nein, nichts. Alles sauber gewischt.«
    »Und die Wand über dem Klo?«
    »Dort habe ich auch geschaut. Da war aber nichts.«
    »Das ist alles, was ich wissen wollte. Vielen Dank, Andrea.«
    »Viel Erfolg.«
    Bosch legte auf und sah auf das Foto von der Asche. Irgendetwas daran kam ihm eigenartig vor, aber er wusste nicht, was.
    »Harry, wieso haben Sie sich nach der Wand über dem Klo erkundigt?«
    Bosch sah Ferras an. Mit ein Grund, weshalb der junge Detective Bosch zugeteilt worden war, bestand darin, dass er von seinem erfahrenen Partner etwas lernen sollte. Bosch beschloss, auf den Sherlock-Holmes-Witz zu verzichten und ihm die Geschichte zu erzählen.
    »Vor etwa dreißig Jahren gab es so einen Fall in Wilshire. Eine Frau, die mit ihrem Hund in der Badewanne ertränkt wurde. Das ganze Haus war sauber gewischt worden, aber der Klodeckel war hochgeklappt. Das verriet den Ermittlern, dass sie nach einem Mann suchen mussten. Die Kloschüssel war sauber gewischt worden, aber an der Wand darüber fanden sie den Abdruck einer Handfläche. Der Kerl hatte gepinkelt und sich dabei an der Wand abgestützt. Anhand der Höhe, in der sich der Handflächenabdruck befand, konnten sie die Größe des Kerls berechnen. Außerdem wussten sie, dass er Linkshänder war.«
    »Wie das?«
    »Weil der Abdruck an der Wand von der rechten Hand stammte. Sie gingen davon aus, dass ein Mann sein Ding beim Pinkeln mit seiner besseren Hand hält.«
    Ferras nickte.
    »Dann haben sie den Täter also mithilfe der Handfläche ausfindig gemacht?«
    »Ja, aber erst nach dreißig Jahren.

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